Kinder_erleben_den_T.. - Peter Godzik

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29.01.2013 Aufrufe

lebenswerter ist, wenn wir die entritualisierten kleinen und groÑen Welten gewinnen und erobern kànnten und sie mit lebbaren Ritualen erfÄllen wÄrden. Was ist so auÑergewàhnlich an den Ritualen, so dass wir immer wieder auf sie zurÄckgreifen, sie zurÄckgewinnen màchten und leben wollen? Vielleicht liegt der SchlÄssel in der besonderen Struktur unserer Seele. Die inneren Bilder beim Malen bieten sich hierbei als GefÇhrt an. Diese inneren Bilder der Seele, unsere GefÄhle und Empfindungen in das Erleben zu transportieren und damit die seelische Energie erfahrbar zu machen. In und mit dem Ritual schaffen wir Verbindung nach innen und auÑen. Die Koordinatoren des Menschen sind das Kreuz, der Geist, die Seele, die Lebenskreuzung. Das bedeutet, dass wir innere Koordinaten haben und innere Welten. In und mit dem Ritual schaffen wir Verbindung innen und auÑen, indem dem Innerseelischen Ausdruck verliehen wird. Individuell und kollektiv, indem der einzelne Mensch Gemeinschaft erfÇhrt und sich als zugehàrig erlebt. Das gràÑte Geschenk ist, dass wir nicht einsam in die WÄste gestellt worden sind, sondern dass wir hineingeboren wurden in ein Familiensystem, auch wenn es manchmal noch so anstrengend ist. Denn jede Familie hat einen Sinn, mag sie noch so kompliziert und verrÄckt sein. In den kleinen VerrÄcktheiten unseres Lebens besteht etwas Heilsames und Trostreiches. Wenn ich nicht verrÄckte Freunde und Freundinnen hÇtte oder meine verrÄckte GroÑmutter nicht gehabt hÇtte, dann wÄrde ich nicht hier stehen und dann hÇtte ich meinen Lebenshumor schon lÇngst verloren. Dass wir in eine Gemeinschaft hineingestellt wurden, ist etwas Wunderbares, aber auch etwas GefÇhrliches. Wir wissen alle, dass Rituale missbraucht worden sind, ob im ersten Weltkrieg oder im zweiten Weltkrieg. Rituale sind benutzt worden, um Menschen an die Wand zu stellen, um Menschen in die Irre laufen zu lassen, und ganze Stadien haben geschrien und haben dieses Teufelszeug geschluckt. Rituale kànnen Massen entfachen, die gefÇhrlich sind. Rituale kànnen Gewalt erzeugen, Rituale kànnen andere Menschen vernichten. Wir kànnen bàse sein und wir kànnen liebevoll sein. Kommt alle herbei, ihr Beladenen. Das heiÑt, in uns selber schlummert ungeahnte Energie, die bei manchen Menschen nicht geordnet ist, und dann kann es dazu kommen, dass Menschen, die anders aussehen, verprÄgelt werden – ein Ritual, das zurzeit in der rechten Ecke zu suchen und zutiefst zu verurteilen ist und auch nicht damit zu entschuldigen ist, dass diese Menschen, die so etwas tun, zu jung sind. Wir kànnen an Ritualen verzweifeln, wir kànnen aber auch in Ritualen leben und dadurch Balsam fÄr unser Herz, unseren Kàrper und unsere Seele erhalten. Das Ritual ist das GefÇhrt, das uns zu unserer inneren Wahrheit fÄhrt, und es ebnet uns den Weg, damit wir uns als Seiende in einem umfassenden Dasein erfahren. Und das ist ein Teil meiner Lebensaufgabe. Wenn wir uns immer wieder daran erinnern, dass wir mit Ritualen aufgewachsen sind, die uns eine Zeit lang begleitet haben und uns gut taten, so ist es doch ganz wichtig in einer Gesellschaft, die Äber Jahrhunderte Rituale gepflegt hat und dann verloren hat, sie wieder zu entdecken. Wir haben diese Rituale nicht verloren, weil die Generationen der GroÑeltern und Eltern weniger geistvoll waren, weniger spirituell, weniger schàpferisch, sondern wir haben sie verloren durch ein Trauma. Nachdem im ersten und zweiten Weltkrieg Millionen von Menschen umgekommen sind, sozusagen als Kanonenfutter fÄr eine heilige Idee, die eine unheilige Auswirkung hatte und Menschen ganzer Nationen an den Rand des Abgrunds getrieben hatte; nachdem all die Toten nicht mehr zu beklagen waren, weil die Gesellschaft keine TrÇnen mehr hatte, weil die tiefe Verzweiflung dieser Menschen nicht mehr dazu gereicht hatte, sich jedem einzelnen Toten zuzuwenden, haben wir die TÄr zur Schatzkammer der Rituale fÄr eine Zeit lang abgeschlossen. Sie kànnen an dem folgenden Beispiel sehen, dass es wieder millionenfach entfachte Ritualhandlungen gibt: Wenn die „Kànigin der Herzen“ stirbt, heult eine ganze Nation. Die kleinen 110

Tode unserer Obdachlosen oder unserer ungeborenen Babys sind keine Pressemitteilung wert. Der Tod als Freund oder als Feind. Der Tod, das Sterben im tÇglichen Schàpfungsprozess jedes einzelnen Menschen, die BerÄhrbarkeit, ist der Seismograph unserer gesellschaftlichen WÇrme und Zuneigung. Und die Definition dafÄr, was der Mensch eigentlich ist. Ist er nur noch Material, um in die Arbeitslosigkeit geschickt zu werden, oder ist er ein Wunderwerk der Schàpfung, liebenswert und faszinierend, ein Unikat? Setzen wir uns auseinander mit den Lebensthemen „Sterben, Tod und Trauer“, dann bedeutet es, dass wir ungeheuren Reichtum fÄr das eigene Leben erhalten und in unserer Schatztruhe Besinnlichkeit, Geistlichkeit, SpiritualitÇt und Rituale entdecken kànnen. Campino hat ein Lied geschrieben nach dem Tod seiner Mutter, in dem ganz deutlich wird, was ein wichtiger Weg sein kann. Dieses Lied spiele ich Ihnen jetzt vor … Nur zu Besuch Immer wenn ich dich besuch, fÖhl ich mich grenzenlos. Alles andere ist von hier aus so weit weg. Ich mag die Ruhe hier zwischen all den BÄumen, als ob es den Frieden auf Erden wirklich gibt. Es ist ein schÅner Weg, der unauffÄllig zu dir fÖhrt. Ja, ich habe ihn gern, weil er so hell und freundlich wirkt. Ich habe Blumen mit, weiÑ nicht, ob du sie magst. Damals hÄttest du dich wahrscheinlich sehr gefreut. Wenn sie dir nicht gefallen, stÅr dich nicht weiter dran. Sie werden ganz bestimmt bald wieder weggerÄumt. Wie es mir geht, die Frage stellst du jedes Mal. Ich bin okay, will nicht, dass du dir Sorgen machst. Und so red ich mit dir wie immer, so als ob es wie frÖher wÄr, so als hÄtten wir jede Menge Zeit. Ich spÖr dich ganz nah hier bei mir, kann deine Stimme im Wind hÅren und wenn es regnet, weiÑ ich, dass du manchmal weinst, bis die Sonne scheint; bis sie wieder scheint. Ich soll dich grÖÑen von den andern: sie denken alle noch ganz oft an dich. Und dein Garten, es geht ihm wirklich gut, obwohl man merkt, dass du ihm doch sehr fehlst. Und es kommt immer noch Post, ganz fett adressiert an dich, obwohl doch jeder weiÑ, dass du weggezogen bist. Und so red ich mit dir wie immer und ich verspreche dir, wir haben irgendwann wieder jede Menge Zeit. Dann werden wir uns wiedersehen, du kannst dich ja kÖmmern, wenn du willst, dass die Sonne an diesem Tag auch auf mein Grab scheint – dass die Sonne scheint, dass sie wieder scheint. Viele Jugendliche lieben dieses Lied und es wird auf vielen Trauerfeiern gespielt. 111

Tode unserer Obdachlosen oder unserer ungeborenen Babys sind keine Pressemitteilung wert.<br />

Der Tod als Freund oder als Feind. Der Tod, das Sterben im tÇglichen Schàpfungsprozess<br />

jedes einzelnen Menschen, die BerÄhrbarkeit, ist der Seismograph unserer gesellschaftlichen<br />

WÇrme und Zuneigung. Und die Definition dafÄr, was der Mensch eigentlich ist. Ist er nur<br />

noch Material, um in die Arbeitslosigkeit geschickt zu wer<strong>den</strong>, oder ist er ein Wunderwerk<br />

der Schàpfung, liebenswert und faszinierend, ein Unikat? Setzen wir uns auseinander mit <strong>den</strong><br />

Lebensthemen „Sterben, Tod und Trauer“, dann bedeutet es, dass wir ungeheuren Reichtum<br />

fÄr das eigene Leben erhalten und in unserer Schatztruhe Besinnlichkeit, Geistlichkeit, SpiritualitÇt<br />

und Rituale entdecken kànnen.<br />

Campino hat ein Lied geschrieben nach dem Tod seiner Mutter, in dem ganz deutlich wird,<br />

was ein wichtiger Weg sein kann. Dieses Lied spiele ich Ihnen jetzt vor …<br />

Nur zu Besuch<br />

Immer wenn ich dich besuch, fÖhl ich mich grenzenlos.<br />

Alles andere ist von hier aus so weit weg.<br />

Ich mag die Ruhe hier zwischen all <strong>den</strong> BÄumen,<br />

als ob es <strong>den</strong> Frie<strong>den</strong> auf Er<strong>den</strong> wirklich gibt.<br />

Es ist ein schÅner Weg, der unauffÄllig zu dir fÖhrt.<br />

Ja, ich habe ihn gern, weil er so hell und freundlich wirkt.<br />

Ich habe Blumen mit, weiÑ nicht, ob du sie magst.<br />

Damals hÄttest du dich wahrscheinlich sehr gefreut.<br />

Wenn sie dir nicht gefallen, stÅr dich nicht weiter dran.<br />

Sie wer<strong>den</strong> ganz bestimmt bald wieder weggerÄumt.<br />

Wie es mir geht, die Frage stellst du jedes Mal.<br />

Ich bin okay, will nicht, dass du dir Sorgen machst.<br />

Und so red ich mit dir wie immer,<br />

so als ob es wie frÖher wÄr,<br />

so als hÄtten wir jede Menge Zeit.<br />

Ich spÖr dich ganz nah hier bei mir,<br />

kann deine Stimme im Wind hÅren<br />

und wenn es regnet, weiÑ ich, dass du manchmal weinst,<br />

bis die Sonne scheint; bis sie wieder scheint.<br />

Ich soll dich grÖÑen von <strong>den</strong> andern:<br />

sie <strong>den</strong>ken alle noch ganz oft an dich.<br />

Und dein Garten, es geht ihm wirklich gut,<br />

obwohl man merkt, dass du ihm doch sehr fehlst.<br />

Und es kommt immer noch Post, ganz fett adressiert an dich,<br />

obwohl doch jeder weiÑ, dass du weggezogen bist.<br />

Und so red ich mit dir wie immer<br />

und ich verspreche dir,<br />

wir haben irgendwann wieder jede Menge Zeit.<br />

Dann wer<strong>den</strong> wir uns wiedersehen,<br />

du kannst dich ja kÖmmern, wenn du willst,<br />

dass die Sonne an diesem Tag auch auf mein Grab scheint –<br />

dass die Sonne scheint, dass sie wieder scheint.<br />

Viele Jugendliche lieben dieses Lied und es wird auf vielen Trauerfeiern gespielt.<br />

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