Kinder_erleben_den_T.. - Peter Godzik
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lebenswerter ist, wenn wir die entritualisierten kleinen und groÑen Welten gewinnen und erobern<br />
kànnten und sie mit lebbaren Ritualen erfÄllen wÄr<strong>den</strong>.<br />
Was ist so auÑergewàhnlich an <strong>den</strong> Ritualen, so dass wir immer wieder auf sie zurÄckgreifen,<br />
sie zurÄckgewinnen màchten und leben wollen?<br />
Vielleicht liegt der SchlÄssel in der besonderen Struktur unserer Seele. Die inneren Bilder<br />
beim Malen bieten sich hierbei als GefÇhrt an. Diese inneren Bilder der Seele, unsere GefÄhle<br />
und Empfindungen in das Erleben zu transportieren und damit die seelische Energie erfahrbar<br />
zu machen. In und mit dem Ritual schaffen wir Verbindung nach innen und auÑen. Die Koordinatoren<br />
des Menschen sind das Kreuz, der Geist, die Seele, die Lebenskreuzung. Das bedeutet,<br />
dass wir innere Koordinaten haben und innere Welten. In und mit dem Ritual schaffen wir<br />
Verbindung innen und auÑen, indem dem Innerseelischen Ausdruck verliehen wird. Individuell<br />
und kollektiv, indem der einzelne Mensch Gemeinschaft erfÇhrt und sich als zugehàrig<br />
erlebt. Das gràÑte Geschenk ist, dass wir nicht einsam in die WÄste gestellt wor<strong>den</strong> sind, sondern<br />
dass wir hineingeboren wur<strong>den</strong> in ein Familiensystem, auch wenn es manchmal noch so<br />
anstrengend ist. Denn jede Familie hat einen Sinn, mag sie noch so kompliziert und verrÄckt<br />
sein. In <strong>den</strong> kleinen VerrÄcktheiten unseres Lebens besteht etwas Heilsames und Trostreiches.<br />
Wenn ich nicht verrÄckte Freunde und Freundinnen hÇtte oder meine verrÄckte GroÑmutter<br />
nicht gehabt hÇtte, dann wÄrde ich nicht hier stehen und dann hÇtte ich meinen Lebenshumor<br />
schon lÇngst verloren.<br />
Dass wir in eine Gemeinschaft hineingestellt wur<strong>den</strong>, ist etwas Wunderbares, aber auch etwas<br />
GefÇhrliches. Wir wissen alle, dass Rituale missbraucht wor<strong>den</strong> sind, ob im ersten Weltkrieg<br />
oder im zweiten Weltkrieg. Rituale sind benutzt wor<strong>den</strong>, um Menschen an die Wand zu stellen,<br />
um Menschen in die Irre laufen zu lassen, und ganze Stadien haben geschrien und haben<br />
dieses Teufelszeug geschluckt. Rituale kànnen Massen entfachen, die gefÇhrlich sind. Rituale<br />
kànnen Gewalt erzeugen, Rituale kànnen andere Menschen vernichten. Wir kànnen bàse sein<br />
und wir kànnen liebevoll sein. Kommt alle herbei, ihr Bela<strong>den</strong>en. Das heiÑt, in uns selber<br />
schlummert ungeahnte Energie, die bei manchen Menschen nicht geordnet ist, und dann kann<br />
es dazu kommen, dass Menschen, die anders aussehen, verprÄgelt wer<strong>den</strong> – ein Ritual, das<br />
zurzeit in der rechten Ecke zu suchen und zutiefst zu verurteilen ist und auch nicht damit zu<br />
entschuldigen ist, dass diese Menschen, die so etwas tun, zu jung sind.<br />
Wir kànnen an Ritualen verzweifeln, wir kànnen aber auch in Ritualen leben und dadurch<br />
Balsam fÄr unser Herz, unseren Kàrper und unsere Seele erhalten. Das Ritual ist das GefÇhrt,<br />
das uns zu unserer inneren Wahrheit fÄhrt, und es ebnet uns <strong>den</strong> Weg, damit wir uns als Seiende<br />
in einem umfassen<strong>den</strong> Dasein erfahren. Und das ist ein Teil meiner Lebensaufgabe.<br />
Wenn wir uns immer wieder daran erinnern, dass wir mit Ritualen aufgewachsen sind, die uns<br />
eine Zeit lang begleitet haben und uns gut taten, so ist es doch ganz wichtig in einer Gesellschaft,<br />
die Äber Jahrhunderte Rituale gepflegt hat und dann verloren hat, sie wieder zu entdecken.<br />
Wir haben diese Rituale nicht verloren, weil die Generationen der GroÑeltern und<br />
Eltern weniger geistvoll waren, weniger spirituell, weniger schàpferisch, sondern wir haben<br />
sie verloren durch ein Trauma.<br />
Nachdem im ersten und zweiten Weltkrieg Millionen von Menschen umgekommen sind, sozusagen<br />
als Kanonenfutter fÄr eine heilige Idee, die eine unheilige Auswirkung hatte und<br />
Menschen ganzer Nationen an <strong>den</strong> Rand des Abgrunds getrieben hatte; nachdem all die Toten<br />
nicht mehr zu beklagen waren, weil die Gesellschaft keine TrÇnen mehr hatte, weil die tiefe<br />
Verzweiflung dieser Menschen nicht mehr dazu gereicht hatte, sich jedem einzelnen Toten<br />
zuzuwen<strong>den</strong>, haben wir die TÄr zur Schatzkammer der Rituale fÄr eine Zeit lang abgeschlossen.<br />
Sie kànnen an dem folgen<strong>den</strong> Beispiel sehen, dass es wieder millionenfach entfachte Ritualhandlungen<br />
gibt: Wenn die „Kànigin der Herzen“ stirbt, heult eine ganze Nation. Die kleinen<br />
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