Kinder_erleben_den_T.. - Peter Godzik
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Uwe Sanneck<br />
Rituale im Abschied und in der Trauer<br />
Mein Name ist Uwe Sanneck und ich komme aus Hamburg. Nachdem ich in der ersten HÇlfte<br />
meines Berufslebens Krankenpfleger und Erzieher war, bin ich Gemeindediakon gewor<strong>den</strong><br />
und habe 18 Jahre lang <strong>Kinder</strong> und Jugendliche in ihren Lebenswelten begleitet und mit ihnen<br />
SpiritualitÇt, Glauben und Lebenslei<strong>den</strong>schaft geschàpft und entfaltet. In dieser Zeit absolvierte<br />
ich auch ein 4jÇhriges Fernstudium in der Erwachsenbildung in der EKD. Danach habe<br />
ich die Ausbildung zum Theater- und SpielpÇdagogen gemacht und schlieÑlich, um <strong>den</strong> Gaukler<br />
und <strong>den</strong> Mànch in einen Lebensdialog treten zu lassen, die Ausbildung zum Trauerbegleiter<br />
bei Canacakis. Mein Herz schlÇgt fÄr das <strong>Kinder</strong>-Hospiz SternenbrÄcke und das Institut<br />
fÄr Trauerarbeit und fÄr die Begleitung der kleinen und groÑen Menschen, die mich einla<strong>den</strong>,<br />
an ihrer Seite zu gehen und zu stehen, um ihren eigenen Weg im Sterben und in der Trauer zu<br />
entdecken und zu leben. Eine wahrhaft sinnerfÄllte Lebensaufgabe, die mich dankbar macht.<br />
Sehr hÇufig werde ich gefragt, wie ich zu dieser Arbeit gekommen bin. Und ich antworte:<br />
weil es in der Arbeit mit trauern<strong>den</strong> <strong>Kinder</strong>n und Jugendlichen so wenig MÇnner gibt und<br />
auch der mÇnnliche Anteil in der Trauer lebensnotwendig ist. Ich habe mir zur Aufgabe gemacht,<br />
im Institut fÄr Trauerarbeit, wo ich GrÄndungs- und Vorstandsmitglied bin, die MÇnner,<br />
VÇter und die mÇnnlichen Jugendlichen zu begleiten. Es ist eine sehr schwere, aber eine<br />
wunderbare Arbeit mit vielen BerÄhrungen und Herzensverbindungen. Diese MÇnner bedÄrfen<br />
so viel, ob sie nun jung oder alt sind. Weil sie es im Gegensatz zu <strong>den</strong> Frauen schwerer<br />
haben, mit ihren GefÄhlen so zu leben, dass sie sich immer wieder begegnen kànnen, sozusagen<br />
einen inneren Dialog herstellen kànnen in ihrer Trauer um einen geliebten Menschen.<br />
Seit der Eràffnung im Mai 2003 arbeite ich im <strong>Kinder</strong>hospiz SternenbrÄcke, bin dort verantwortlich<br />
fÄr die SpiritualitÇt und fÄr die Begleitung der Familien und der haupt- und ehrenamtlichen<br />
Mitarbeiter in seelsorgerlichen Angelegenheiten sowie fÄr die internen Fortbildungen<br />
in <strong>den</strong> Lebensthemen „Sterben – Tod – Abschied – Trauer – Rituale“. Wenn es meine<br />
Zeit erlaubt, bin ich immer mal wieder Theater- und SpielpÇdagoge auch in der Arbeit mit<br />
trauern<strong>den</strong> Menschen. Ich habe jetzt gerade Sternstun<strong>den</strong> auf Usedom erlebt mit Konfirman<strong>den</strong><br />
zu dem Thema „Segen und Fluch“. Wir haben wunderbare Szenen zu dem Vorstellungsgottesdienst<br />
dieser Konfirman<strong>den</strong> entwickelt, und ich hÇtte nicht gedacht, dass so viel Geist,<br />
Geistlichkeit, Humor, Spielfreude und SpiritualitÇt in diesen Jugendlichen innewohnt. Ein<br />
groÑer Reichtum, <strong>den</strong> wir teilen konnten.<br />
„Nicht mehr und noch nicht“, wir hÇngen oft dazwischen. Altes ist leer gewor<strong>den</strong>; es klingt<br />
hohl; es bringt nichts mehr zum Schwingen in uns. Worte, Lieder, Gesten, Bewegungen, GedankengebÇude:<br />
sie betreffen uns nicht mehr und darum sind wir nicht betroffen. Es geschieht<br />
etwas an uns, aber nicht in uns. Wir warten, wir Äberlegen, wir sind unsicher und wir ahnen:<br />
das Neue ist noch nicht da. Vorsichtig hat es sich angedeutet; wir haben es in inneren Bildern<br />
gesehen; wir wissen, dass es kommen wird, weil wir das Alte verloren haben. Es hat noch<br />
keinen Namen; die alten Worte passen nicht; unsere Vorstellungen sind noch zu eng; Wege<br />
sind noch nicht gebahnt; schon die AnsÇtze laufen gegen Blocka<strong>den</strong>. Und der Preis des Wartens<br />
scheint stÇndig zu steigen. MÄdigkeit ist unser gefÇhrlichster Feind und die Mutlosigkeit<br />
begleitet uns wie ein stÇndiger Schatten. Wollen wir einander helfen durchzuhalten? Wir wollen<br />
eine Verschwàrung bil<strong>den</strong>, die in StÇrke und Sanftheit das Neue herbeisehnt! Hier zu stehen,<br />
in diesem „Nicht mehr“ und „Noch nicht“, ist eine Form von Glauben, und sich die Làsungen<br />
der Vergangenheit nicht mehr zu genehmigen, ist Ausdruck des Vertrauens. Dass alles<br />
weitergeht, dass es einen Punkt gibt, auf <strong>den</strong> wir zustràmen. Dass es eine Kraft gibt, die die<br />
Entwicklung steuert. Ich will mich der VerÇnderung nicht entziehen, ich will loslassen, um<br />
wieder Neues umarmen zu kànnen. Und auch das will ich wieder loslassen in einer stÇndigen<br />
Entwicklung zu einer Vollkommenheit, aus der ich komme und zu der ich gehe.<br />
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