Unvergessliches Konzert in der Villa am Wall - die schelle
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10 Die Post <strong>in</strong> Neuenrade Teil 2<br />
von Wolfgang L<strong>am</strong>pe<br />
Die Postkutsche im Hönnetal<br />
Mit freundlicher Genehmigung von<br />
Herrn Dr. Theo Bönemann<br />
Sauerlandstraße 15, 58706 Menden<br />
Tel. 02373-61365<br />
wurden Auszüge aus obenstehendem<br />
Buch entnommen.<br />
Da Neuenrade e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Hanse<br />
angehörige Stadt war und etliche<br />
Kaufleute, Händler und Gewerbetreibende<br />
<strong>in</strong> ihren Mauern hatte,<br />
war <strong>der</strong> Beg<strong>in</strong>n des organisierten<br />
Postwesens von großem Vorteil für<br />
sie. Um 1790 fanden 22 Kaufleute<br />
und 23 Handelsleute ihren Ver<strong>die</strong>nst<br />
im Fernhandel mit Textilien.<br />
Am 22.11.1709 wird <strong>der</strong> Iserlohner<br />
Postbote Gönner mit e<strong>in</strong>er Klage<br />
vor Bürgermeister Johannes Scheve<br />
(1661-1743 / Bgmstr. 1709-1711<br />
und 1721-1741, S084) vorstellig<br />
und führt aus:<br />
„Gegen Abend des 17.November<br />
1709 wollte ich e<strong>in</strong>e Kanne Bier<br />
tr<strong>in</strong>ken. Die Frau des Altbürgemeisters<br />
Gerhard Haape (1655-<br />
1733 / Bgmstr.1698, H003) hatte<br />
sich jedoch geweigert, mir <strong>in</strong> ihrer<br />
Gaststätte das Getränk zu zapfen.<br />
Ich sollte schließlich me<strong>in</strong>en<br />
Durst behalten und <strong>die</strong> alten Zechschulden<br />
bezahlen, hatte sie mir<br />
vorgeworfen. Ich habe ihr jedoch<br />
zu verstehen gegeben, dass ich<br />
me<strong>in</strong>e Schulden ehrlich bezahlen<br />
wollte. Das mitgeführte Geld gehörte<br />
allerd<strong>in</strong>gs nicht mir; es war<br />
noch e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Postboten zu<br />
übergeben. Hierüber hatten <strong>die</strong><br />
Gäste gelacht und sich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en<br />
Streit mit <strong>der</strong> Wirt<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gemischt.<br />
Schließlich haben Johann Hendrich<br />
[Hans-He<strong>in</strong>rich]Kuche (1687-1727,<br />
K596) und Hermann Kühne (1687-<br />
1727, K562) sowie e<strong>in</strong> verme<strong>in</strong>tlicher<br />
Zimmermann von Erlhagen<br />
und e<strong>in</strong>ige an<strong>der</strong>e Personen mir den<br />
Hut entrissen, um mich zur Zahlung<br />
des geschuldeten Blaumüsers<br />
[Münze<strong>in</strong>heit im Märkischen, entsprach<br />
e<strong>in</strong>em Zehntel Reichsthaler]<br />
zu nötigen. Me<strong>in</strong>en Hut haben sie<br />
<strong>in</strong>s Feuer geworfen und größtenteils<br />
verbrannt, weil ich mich über<br />
ihre Untaten beklagt habe. Später<br />
schlugen sie mit me<strong>in</strong>em Stock<br />
sogar e<strong>in</strong> Loch <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en Fuß, allerd<strong>in</strong>gs<br />
gaben sie den Hut zurück.<br />
Nach me<strong>in</strong>em Aufbruch nach Iserlohn<br />
verfolgten mich drei Personen,<br />
um mich vor dem Stadttor <strong>in</strong> den<br />
Stadtgraben zu stoßen. Hierüber<br />
will ich nun Protokoll ablegen mit<br />
<strong>der</strong> Bitte um Verhör durch den achtbaren<br />
Magistrat“.<br />
Dagegen behauptete <strong>die</strong> Bürgermeistersfrau<br />
<strong>in</strong> dem Brüchtenprotokoll,<br />
<strong>der</strong> Bote sei bereits betrunken<br />
<strong>in</strong> ihr Gasthaus gekommen und dort<br />
<strong>in</strong> das Feuer gefallen. Er habe zwar<br />
ke<strong>in</strong>en Schaden genommen, sie<br />
habe ihm aber das verlangte Bier<br />
verweigert. Außerdem entsprächen<br />
alle weiteren Behauptungen nicht<br />
im entferntesten <strong>der</strong> Wahrheit.<br />
Der Bote aus Iserlohn nahm den<br />
„Postweg“, e<strong>in</strong>en traditionellen<br />
Weg, <strong>der</strong> <strong>in</strong> Neuenrade begann<br />
und über das „Treppengässchen“,<br />
<strong>die</strong> „breite Grube“, <strong>die</strong> „Giebel“,<br />
„Elfenforen“, „Kesbern“ und das<br />
„Lägertal“ nach Iserlohn führte. Er<br />
g<strong>in</strong>g also den kürzesten Weg über<br />
<strong>die</strong> bewaldeten Höhen und mied <strong>die</strong><br />
gefahrvollen Nie<strong>der</strong>ungen.<br />
Neuenrade, Balve und Menden<br />
hatten über Jahrhun<strong>der</strong>te dank <strong>der</strong><br />
„adeligen Häuser“, <strong>der</strong> Kirchen und<br />
<strong>der</strong> Handel treibenden Bevölkerung<br />
umfangreiche Korrespondenz,<br />
<strong>die</strong> durch private Boten, Fuhrleute<br />
und Händler beför<strong>der</strong>t wurde. Neuenrade<br />
war zu <strong>der</strong> Zeit bereits als<br />
bedeutende Handelsstadt bekannt.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs liegen <strong>die</strong> Tätigkeiten<br />
<strong>der</strong> genannten Transporteure weitgehend<br />
im Dunkeln. Der zunehmende<br />
Briefverkehr verlangte im<br />
17. und 18. Jahrhun<strong>der</strong>t nach e<strong>in</strong>em<br />
geregelten Postverkehr.<br />
Im Frieden von Tilsit (09.07.1807)<br />
musste Preußen alle westlichen<br />
Gebiete an Frankreich abtreten. So<br />
g<strong>in</strong>g auch <strong>die</strong> Grafschaft Mark, zu<br />
<strong>der</strong> Neuenrade und Fröndenberg<br />
gehörten, unter französischer Besatzung<br />
an das Herzogtum Berg<br />
über. In <strong>der</strong> jetzt zum Post<strong>am</strong>t<br />
Iserlohn gehörenden bergischen<br />
Postexpedition Neuenrade, hatte<br />
<strong>der</strong> Postexpediteur Bürgermeister<br />
Carl Streppelmann (1778-1852 /<br />
Bgmstr. 1833-1848, S883) etwa<br />
1835 e<strong>in</strong> Jahrese<strong>in</strong>kommen von 90<br />
Franc. Er lag d<strong>am</strong>it weit unter dem<br />
Durchschnitt se<strong>in</strong>er Kollegen mit<br />
525 Franc. Die französische Zwischenzeit<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> ehemaligen Grafschaft<br />
Mark hatte das Postwesen<br />
nach Ansicht Preußens <strong>in</strong> größte<br />
Unordnung gebracht. Die im Jahr<br />
1816 durch Preußen e<strong>in</strong>geführten<br />
Reformen im Staats- und Postwesen<br />
führten dann zu e<strong>in</strong>er guten,<br />
wirtschaftlichen Entwicklung.<br />
Im Jahre 1811 und 1828 wurden<br />
nachweislich <strong>die</strong> Botengänge<br />
<strong>der</strong> Stadt Neuenrade durch e<strong>in</strong>en<br />
Briefboten besorgt, <strong>der</strong> zweimal<br />
wöchentlich <strong>die</strong> Strecke Iserlohn –<br />
Neuenrade – Plettenberg zurücklegte.<br />
Gleichzeitig erhielt Neuenrade<br />
endlich e<strong>in</strong>e dem Post<strong>am</strong>t Iserlohn<br />
unterstellte Postexpedition, <strong>die</strong> im<br />
Jahre 1820 neben Altena, Lüdenscheid,<br />
Menden und Plettenberg zu<br />
e<strong>in</strong>em Postwärter<strong>am</strong>t aufgewertet<br />
wurde.<br />
Die Post war anfänglich im Amtsbüro<br />
untergebracht. Dann, wie<br />
schon zu lesen war, erst im Hause<br />
des Amtmann Streppelmann, Kletterpot<br />
6, dann im Anbau des Hauses<br />
von Amtmann Peter Theodor Weiss<br />
(821-1890 / Bgmstr.1851-1890,<br />
W064)), <strong>der</strong> 1851 auch Postvorsteher<br />
war, H<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> Stadt (heute<br />
F<strong>am</strong>ilie Worch).<br />
Neuenrade, Erste Straße 2, um 1900<br />
l<strong>in</strong>ks <strong>die</strong> <strong>Villa</strong> Suhr, rechts <strong>die</strong> alte Post<br />
Der Amtsvorsteher Joseph Peter<br />
Grosche (1851-1927 / Amtsvorst.1891-1897,<br />
G214), <strong>der</strong> 1891<br />
auch als Postvorsteher e<strong>in</strong>gesetzt<br />
war, stellte se<strong>in</strong> Haus an <strong>der</strong> Dritten<br />
Straße <strong>der</strong> Post zur Verfügung.<br />
Später war <strong>die</strong>s Haus <strong>die</strong> Gastwirtschaft<br />
Stücken und heute das <strong>der</strong><br />
F<strong>am</strong>ilie Hans-Peter Stuff. Im Jahr<br />
1895 errichtete Grosche eigens<br />
für <strong>die</strong> Post das bekannte Post<strong>am</strong>t<br />
an <strong>der</strong> Ecke Erste- und Poststraße.<br />
Die anliegende Straße wurde daher<br />
„Poststraße“ benannt. Fast 70 Jahre<br />
wickelte sich hier <strong>der</strong> Postverkehr<br />
ab.<br />
Anfang des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts begann<br />
man, weitere Poststrecken mit<br />
<strong>der</strong> Personen- und Güterbeför<strong>der</strong>ung<br />
e<strong>in</strong>zurichten. Neuenrade war<br />
jetzt mit den Poststrecken Lüdenscheid<br />
– Werdohl – Neuenrade –<br />
Balve und Neuenrade – Werdohl an<br />
weitere Poststrecken angebunden,<br />
was das Reisen und <strong>die</strong> Kommunikation<br />
besser ermöglichte. Am 08.<br />
Juli 1839 nahm e<strong>in</strong>e „Cariolpost“<br />
(Karriole = leichtes zweirä<strong>der</strong>iges<br />
Fuhrwerk mit Kasten, karriolen<br />
= mit <strong>der</strong> Briefpost fahren) ihren<br />
Dienst für <strong>die</strong> Personenbeför<strong>der</strong>ung<br />
zwischen Balve – Neuenrade und<br />
Altena/Werdohl auf.<br />
Neuenrade war mit Werdohl verkehrsmäßig<br />
durch den steilen<br />
Hakemetweg, durch den nicht so<br />
steilen Postweg und durch e<strong>in</strong>en<br />
teilweisen Hohlweg angebunden.<br />
Hakemet- und Postweg liefen direkt<br />
unter <strong>der</strong> Wilhelmshöhe ca.<br />
300 Meter zus<strong>am</strong>men, dann bog<br />
<strong>der</strong> Postweg nach Werdohl rechts<br />
ab. Der Hohlweg führte etwa 100<br />
Meter unterhalb <strong>der</strong> Wilhelmshöhe<br />
vorbei und k<strong>am</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Herbscheid<br />
auf Werdohler Gebiet. Dieser Weg<br />
wurde wohl mehr von <strong>der</strong> Landwirtschaft<br />
benutzt.<br />
Im Jahre 1842 besaß Neuenrade<br />
e<strong>in</strong>e Posthalterei, hatte also e<strong>in</strong>en<br />
Fuhrunternehmer, <strong>der</strong> <strong>die</strong> Postfuhrgeschäfte<br />
erledigte. 1851 erhielt <strong>die</strong><br />
fünfmal <strong>in</strong> <strong>der</strong> Woche hier verkehrende<br />
Personenpost e<strong>in</strong>en Gang (=<br />
täglich e<strong>in</strong>e Fahrt). E<strong>in</strong> Jahr später<br />
wurde <strong>die</strong> zweisitzige Personen-<br />
post Neuenrade – Balve durch e<strong>in</strong>e<br />
viersitzige ersetzt. Seit 1852 lagen<br />
Neuenrade und Balve an <strong>der</strong> täglichen<br />
Personenpost Altena – Arnsberg<br />
(Altena war Kreisstadt und<br />
Arnsberg Stadt des Regierungsbezirkes).<br />
1861 wird wegen des größer werdenden<br />
Verkehrsaufkommens,<br />
<strong>die</strong> erfor<strong>der</strong>liche Landstraße nach<br />
Werdohl gebaut. Sie ersetzte den<br />
erwähnten Postweg, ist aber länger<br />
und kurvenreicher. Sichert jedoch<br />
e<strong>in</strong>e gute und brauchbare Zufahrt<br />
für den Personen-, Güter- und Postverkehr<br />
zum Bahnhof Werdohl <strong>der</strong><br />
Ruhr-Sieg-Eisenbahn, <strong>die</strong> ebenfalls<br />
1861 fertiggestellt wurde.<br />
Die Landstraße kostete 21 000<br />
Rthlr. 1830/32 hatte man schon <strong>die</strong><br />
Straße bis zur Grenze des Amtes<br />
Balve für 3 500 Rthr. und 1839 <strong>die</strong><br />
Höllmecke-Straße für 10.000 Rthlr.<br />
bauen lassen. Die Kosten waren enorm,<br />
zur Abdeckung <strong>die</strong>ser und <strong>der</strong><br />
weiteren Unterhaltung <strong>der</strong> Straßen<br />
wurde, wie üblich, Wegezoll erhoben.