29.01.2013 Aufrufe

downloaden! - Vetion.de

downloaden! - Vetion.de

downloaden! - Vetion.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Das Gesäuge <strong>de</strong>r Sau<br />

Ontogenese, Anatomie<br />

und Histologie <strong>de</strong>r<br />

Milchdrüse sowie angeborene<br />

und erworbene<br />

Anomalien <strong>de</strong>r Zitze<br />

Großtierpraxis 4:12, 16-22 (2003)<br />

von B. Iben<br />

Einleitung<br />

D as<br />

Gesäuge <strong>de</strong>r Sau ist ein<br />

Hochleistungsorgan, <strong>de</strong>m eigentümlicherweisetierärztlicherseits<br />

weit weniger Beachtung<br />

geschenkt wird als <strong>de</strong>m Kuheuter.<br />

Der wesentliche Unterschied zwischen<br />

Kuheuter- und Schweinegesäugesekret<br />

besteht darin, dass Kuhmilch<br />

als Lebensmittel zahlreichen<br />

Reglementierungen unterworfen ist,<br />

während Sauenmilch „nur“ <strong>de</strong>r Ernährung<br />

<strong>de</strong>r Ferkel dient. Erkrankungen<br />

<strong>de</strong>s Sauengesäuges haben<br />

somit keine direkten Auswirkungen<br />

auf die Gesundheit <strong>de</strong>s Menschen,<br />

wohl aber auf „Sein“ o<strong>de</strong>r „Nichtsein“<br />

<strong>de</strong>r Ferkel (Iben 1994b).<br />

Abb. 1. Circulus vitiosus inadäquater Milchaufnahme.<br />

16 GROSSTIERPRAXIS 12/2003<br />

Wenn die Funktionsstörungen <strong>de</strong>s<br />

Gesäuges mit Hypogalaktie (vermin<strong>de</strong>rte<br />

Milchbildung) o<strong>de</strong>r Agalaktie<br />

(selteneres (!), völliges Sistieren <strong>de</strong>r<br />

Milchbildung) verbun<strong>de</strong>n sind, kann<br />

das <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>r Ferkel durch Verhungern<br />

be<strong>de</strong>uten (Straub 1990). Wendt<br />

und Hai<strong>de</strong>r (1994) geben die aus<br />

Hypo- und Agalaktie resultieren<strong>de</strong>n<br />

To<strong>de</strong>sfälle bei Ferkeln mit bis zu 80 %<br />

an. Den Verlauf dieses als Circulus vitiosus<br />

anzusehen<strong>de</strong>n Vorganges beschreibt<br />

Bilkei (1996) mit inadäquater<br />

Milchaufnahme, Hunger, Verbrauch<br />

von Energiereserven, Schwäche, Unterkühlung,<br />

Durchfall, Exsikkose,<br />

weiterer Schwächung, Jaucheaufnahme,<br />

Azidose, Tod (Abb. 1). Von<br />

enormer Be<strong>de</strong>utung für die Ein-<br />

schränkung letaler Folgen bezüglich<br />

<strong>de</strong>r Ferkel ist ein frühzeitiges Erkennen<br />

<strong>de</strong>r Krankheit (Bilkei 1990).<br />

Die Inzi<strong>de</strong>nz von Hypo- o<strong>de</strong>r Agalaktien<br />

geben Glawischnig (1964a,<br />

b) mit 28 %, Martin et al. (1969)<br />

mit 2 - 75 %, Böning und Böning<br />

(1977) mit 26,8 %, Middleton-Williams<br />

et al. (1977) mit 20 – 40 %,<br />

Tyrell (1978) mit 51,7 %, und Lutter<br />

et al. (1984) mit 10 – 30 % an.<br />

Bäckström et al. (1984) stellten bei<br />

durchschnittlich 6,9 % von 16.405<br />

untersuchten Sauen Milchmangel<br />

fest, dies ist weltweit gesehen eine<br />

niedrige Inzi<strong>de</strong>nz. Wegmann (1985)<br />

ermittelte 15 – 20 %, Lehmann-<br />

Eschenhorn (1986) 14,8 %, Aass<br />

(1987) und Lampinen (1987) ermittelten<br />

20 %, Persson et al.<br />

(1989) 14,2 – 26,6 %. Bilkei und<br />

Goos (1994) fan<strong>de</strong>n nicht selten<br />

mehr als 30 %. Wendt und Hai<strong>de</strong>r<br />

(1994) nennen zur Häufigkeit von<br />

Gesäugeerkrankungen die folgen<strong>de</strong>n<br />

Zahlen: Mastitis-Metritis-<br />

Agalaktie-Komplex 10 – 15 %,<br />

akute Mastiti<strong>de</strong>n 3 – 5 %, chronische<br />

Mastiti<strong>de</strong>n 5 – 8 %, Aktinomykose<br />

2 – 10 % und Verletzungen<br />

o<strong>de</strong>r Hautschä<strong>de</strong>n 5 – 10 %.<br />

Ontogenese<br />

Die Milchdrüse entwickelt sich beim<br />

Schwein wie bei allen Säugetieren


aus <strong>de</strong>m Ekto<strong>de</strong>rm (Michel 1986).<br />

Für die ungestörte Entwicklung <strong>de</strong>r<br />

Milchdrüsenanlage ist die Abwesenheit<br />

fetaler Ho<strong>de</strong>nhormone erfor<strong>de</strong>rlich<br />

(Raynaud 1971, Schams 1994).<br />

Die erste Anlage <strong>de</strong>s Organs zeigt sich<br />

in Form einer streifenförmigen Epi<strong>de</strong>rmisverdickung<br />

(Schultze 1892)<br />

und zwar nach Michel (1994) am 23.<br />

Trächtigkeitstag. Dieser so genannte<br />

Milchstreifen (Graumann 1950) o<strong>de</strong>r<br />

die Milchlinie (Schams 1994) <strong>de</strong>hnt<br />

sich beim Schweinefetus vom Brustkorb<br />

bis zur Len<strong>de</strong>ngegend aus<br />

(thorakoinguinale Anlage; Sinowatz<br />

1991). Graumann (1950) sieht das Wesen<br />

<strong>de</strong>s Milchstreifens darin, dass dieser<br />

die primäre Differenzierung <strong>de</strong>s<br />

Rumpfwandmesenchyms zeitlich und<br />

räumlich durch sein eigenes Wachstum<br />

steuert. Die in <strong>de</strong>r Embryonalentwicklung<br />

zuerst dorsal liegen<strong>de</strong><br />

Milchleiste „wan<strong>de</strong>rt“ durch das<br />

Wachstum <strong>de</strong>r seitlichen Bauchwand<br />

ventral (Marrable 1971).<br />

Die sich aus <strong>de</strong>m Milchstreifen entwickeln<strong>de</strong><br />

Milchleiste ist bereits ab<br />

einer Scheitel-Steiß-Länge von 10<br />

bis 14 mm sichtbar (Glawischnig<br />

1963). In <strong>de</strong>r Folgezeit kommt es<br />

abschnittsweise zu Verdickungen,<br />

so dass die Milchleiste ein perlschnurartiges<br />

Aussehen erhält. Die<br />

Verdickungen <strong>de</strong>r Perlschnur wer<strong>de</strong>n<br />

als Milchhügel bezeichnet (Michel<br />

1994) und entwickeln sich mit<br />

42 – 45 Trächtigkeitstagen.<br />

Die zwischen <strong>de</strong>n Verdickungen liegen<strong>de</strong>n<br />

Anteile <strong>de</strong>r Milchleiste bil<strong>de</strong>n<br />

sich in <strong>de</strong>r weiteren fetalen Entwicklung<br />

zurück, gelegentlich bleiben Reste<br />

zurück, die sich zu akzessorischen<br />

Milchhügeln entwickeln können.<br />

Diese wie<strong>de</strong>rum können zu überzähligen<br />

Zitzen mit o<strong>de</strong>r ohne Drüsengewebe<br />

wer<strong>de</strong>n (Michel 1986).<br />

Das Epithel <strong>de</strong>s Milchhügels proliferiert<br />

in <strong>de</strong>r Folge und wächst als zapfenförmiger,<br />

soli<strong>de</strong>r Spross in die Tie-<br />

fe. Aus <strong>de</strong>m Milchhügel wird so die<br />

vom Mesenchym als Areolarzone kalottenförmig<br />

umgebene Mammarknospe<br />

(Schnorr 1985, Schams<br />

1994). An <strong>de</strong>r Oberfläche kommt es<br />

zu einem Verhornungsprozess. Der<br />

entstehen<strong>de</strong> Hornpfropf schrumpft<br />

allerdings später. Dadurch entsteht<br />

die Zitzentasche (Michel 1986). Durch<br />

Umbildung <strong>de</strong>s Areolargewebes<br />

kommt es anschließend zur Ausbildung<br />

<strong>de</strong>r Zitze. Der Kutiswall wird bei<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Schwein eigenen Eversionszitze<br />

nicht mit einbezogen (Habermehl<br />

1984). Gleichzeitig mit <strong>de</strong>r<br />

Umbildung <strong>de</strong>r Mammarknospe zur<br />

Zitze wachsen von <strong>de</strong>ren Basalzellen<br />

Epithelsprosse in die Tiefe. Diese wer<strong>de</strong>n<br />

als Primärsprosse bezeichnet, bil<strong>de</strong>n<br />

sich nach Michel (1994) mit 71 –<br />

75 Trächtigkeitstagen und stellen die<br />

Anlage für <strong>de</strong>n Strichkanal und die<br />

Zisterne dar (Habermehl 1984). Die<br />

Primärsprosse sind zunächst soli<strong>de</strong>,<br />

aus mehreren Zelllagen bestehen<strong>de</strong><br />

Gebil<strong>de</strong>, von <strong>de</strong>nen bald Sekundärsprosse<br />

abgehen. Die zwischen 81.<br />

und 85. Trächtigkeitstag gebil<strong>de</strong>ten<br />

(Michel 1994) Sekundärsprosse bil<strong>de</strong>n<br />

die Grundlage für die Milchgänge<br />

(Ductus lactiferi); Zitzenkanal und<br />

Zisterne bil<strong>de</strong>n sich vom 109. bis 114.<br />

Trächtigkeitstag (Michel 1994). Die<br />

Anzahl <strong>de</strong>r Primärsprosse entspricht<br />

<strong>de</strong>r Menge <strong>de</strong>r Hohlraumsysteme je<br />

Komplex, in <strong>de</strong>r Regel also 2 bis 3<br />

(Schnorr 1985).<br />

Etwa gleichzeitig mit <strong>de</strong>r Aufzweigung<br />

<strong>de</strong>r Sprosse bil<strong>de</strong>t sich im Primärspross<br />

durch Dehiszenz <strong>de</strong>r Zellen<br />

ein Lumen aus (Sekundärspross<br />

= Grundlage <strong>de</strong>r Ductus lactiferi).<br />

Das Lumen hat zunächst keinen direkten<br />

Anschluss zur Oberfläche, da<br />

die Spitze <strong>de</strong>r Zitze durch <strong>de</strong>n<br />

Hornpfropf verschlossen ist. Erst<br />

mit <strong>de</strong>ssen Auflösung öffnet sich<br />

das Lumen nach außen. Dies erfolgt<br />

beim Schwein recht spät, <strong>de</strong>r<br />

Strichkanal scheint erst nach <strong>de</strong>r 3.<br />

o<strong>de</strong>r 4. Lebenswoche geöffnet zu<br />

sein (Günther 1984).<br />

Weitere Differenzierungen <strong>de</strong>r Drüsensprosse<br />

erfolgen ebenfalls relativ<br />

spät, z.B. entwickelt sich die Zitzenmuskulatur<br />

erst nach <strong>de</strong>r Geburt.<br />

(Michel 1986). Tertiärsprosse bil<strong>de</strong>n<br />

sich erst während <strong>de</strong>r ersten Gravidität<br />

(Sinowatz 1991). Aus <strong>de</strong>ren<br />

Endabschnitten entstehen in <strong>de</strong>r ersten<br />

Trächtigkeit die milchbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Alveolen, das eigentliche Drüsengewebe<br />

(Schnorr 1985).<br />

Anatomie<br />

Das Gesäuge <strong>de</strong>s Schweines ist in<br />

zwei Reihen entlang <strong>de</strong>r Bauchwand<br />

von <strong>de</strong>r Thorakal- bis zur Inguinalregion<br />

lokalisiert. Bei<strong>de</strong> Seiten sind<br />

median durch eine breite sagittale<br />

Zwischenzone (Sulcus intermammarius)<br />

geteilt (N.A.V. 1986). Durch<br />

Foto: TiHo Hannover<br />

GESÄUGE<br />

Abb. 2. Gesäugepräparat (die einzelnen Drüsenkompartimente<br />

sind gut erkennbar).<br />

GROSSTIERPRAXIS 12/2003 17


GESÄUGE<br />

eine von <strong>de</strong>n Rumpffaszien abstammen<strong>de</strong><br />

starke Bin<strong>de</strong>gewebsplatte ist<br />

das Gesäuge fe<strong>de</strong>rnd elastisch an <strong>de</strong>r<br />

Bauchwand aufgehängt. Die Bin<strong>de</strong>gewebsplatte<br />

dringt als Interstitialgerüst<br />

in <strong>de</strong>n Drüsenkörper ein (Michel<br />

1994). Die vor<strong>de</strong>ren Mammae<br />

liegen dabei <strong>de</strong>r Bauchwand straff<br />

an, während die hinteren Mammae<br />

lockerer und beweglicher befestigt<br />

sind (Adrich 1970).<br />

Das Bin<strong>de</strong>gewebe <strong>de</strong>r Milchdrüse umhüllt<br />

nicht nur die einzelnen Mammae<br />

son<strong>de</strong>rn zieht auch zwischen das Drüsengewebe<br />

selbst vor (interparenchymatöses<br />

Bin<strong>de</strong>gewebe) und führt dabei<br />

Nerven, Blut- und Lymphgefäße<br />

mit sich (Habermehl 1984).<br />

Zu je<strong>de</strong>r Mamma gehören zwei Anteile:<br />

<strong>de</strong>r halbkugelförmige Drüsenkörper<br />

(Corpus mammae) und sein<br />

papillenförmiger Anhang, die Zitze<br />

(Papilla mammae; Abb. 2). Drüsengewebe<br />

lässt sich bereits 6 Wochen<br />

an partum (a.p.) palpieren. Eine ein<strong>de</strong>utige<br />

adspektorische und palpatorische<br />

Abgrenzung <strong>de</strong>r einzelnen<br />

Mammae kann bei primiparen Tieren<br />

2 Wochen a. p., bei pluriparen<br />

Tieren erst 9 bis 8 Tage a. p. erfolgen<br />

(Giese 1985). Bei chinesischen<br />

Schweinerassen wer<strong>de</strong>n auch Tiere<br />

mit unsegmentierten Gesäugeleisten<br />

gefun<strong>de</strong>n (Cheng 1983).<br />

Das Hohlraumsystem <strong>de</strong>r Milchdrüse<br />

umfasst die Milchgänge (Ductus lacteriferi),<br />

wobei interlobäre und interlobuläre<br />

Anteile unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n<br />

(Bilkei 1996). Die Milchzisterne<br />

(Sinus lacteriferus) besitzt einen Drüsenteil<br />

(Pars glandularis) und einen<br />

Zitzenteil (Pars papillaris). Der Zitzenanteil<br />

<strong>de</strong>r Zisterne ist relativ eng<br />

und weist zahlreiche Faltenbildungen<br />

auf. In seiner Wand liegen akzessorische<br />

Drüsenläppchen. Der Drüsenteil<br />

<strong>de</strong>r Zisterne ist beim Schwein<br />

18 GROSSTIERPRAXIS 12/2003<br />

sehr eng. In ihn mün<strong>de</strong>n die großen<br />

Milchgänge (Michel 1994). Das aus<br />

<strong>de</strong>n drei Teilen (Strichkanal, Zisterne<br />

und Parenchym) zusammengesetzte<br />

Hohlraumsystem ist beim Schwein<br />

zwar in je<strong>de</strong>m Eutersegment mehrfach<br />

vorhan<strong>de</strong>n, jedoch sind die<br />

einzelnen Systeme so miteinan<strong>de</strong>r<br />

verwachsen, dass sie bei <strong>de</strong>r Palpation<br />

und im anatomischen Präparat<br />

als einheitliche Masse erscheinen<br />

(Glawischnig 1963).<br />

Zwischen Haut und Drüsengewebe<br />

befin<strong>de</strong>n sich Fettgewebe und lockeres<br />

Bin<strong>de</strong>gewebe. Der Drüsenkörper<br />

einer je<strong>de</strong>n Mamma ist von einer<br />

zarten bin<strong>de</strong>gewebigen Kapsel umgeben,<br />

die schmale Septen in das Innere<br />

sen<strong>de</strong>t und das Parenchym in<br />

Lappen (Lobi gldd. mammariae) und<br />

Läppchen (Lobuli gldd. mammariae)<br />

unterteilt (Giese 1985).<br />

Die Zitze geht beim Schwein unmittelbar<br />

aus <strong>de</strong>m Drüsenkörper hervor.<br />

Je nach Alter, Rasse und Laktationszustand<br />

kann sie 1 bis 5 cm lang<br />

sein. Die etwas gerunzelten Papillae<br />

mammae sind haarlos und haben<br />

zylin<strong>de</strong>rförmige Gestalt mit schief<br />

abgestumpfter Spitze (Kitt 1882,<br />

Kaeppeli 1918, Habermehl 1984).<br />

Steffens (1992) beschreibt ebenfalls<br />

eine nach lateral abfallen<strong>de</strong>, angeschrägte<br />

Kuppe <strong>de</strong>r Zitze. Den<br />

Durchmesser <strong>de</strong>r Zitze an <strong>de</strong>r Zitzenbasis<br />

gibt Günther (1984) mit 9,6<br />

- 12 mm an. Die Zitzen <strong>de</strong>r kranialen<br />

Mammae sind häufig länger und<br />

dünner als die <strong>de</strong>r kaudalen (Englisch<br />

et al. 1982).<br />

An <strong>de</strong>r Zitzenspitze kommuniziert<br />

das Hohlraumsystem <strong>de</strong>r Drüse über<br />

die Ostia papillaria mit <strong>de</strong>r Außenwelt.<br />

Nach Günther et al. (1985)<br />

mün<strong>de</strong>n die Strichkanäle immer<br />

seitlich über <strong>de</strong>m tiefsten Punkt <strong>de</strong>r<br />

Zitze. Durchschnittlich sind zwei,<br />

seltener 3 o<strong>de</strong>r mehr Strichkanäle<br />

vorhan<strong>de</strong>n (Glawischnig 1963).<br />

Ausnahmsweise kommt nur ein Pa-<br />

pillargang vor (Kaeppeli 1918). Beim<br />

Vorhan<strong>de</strong>nsein von drei Ductus papillares<br />

weist einer häufig an <strong>de</strong>r Zitzenbasis<br />

einen Verschluss auf<br />

(Pavaux 1989, Smith et al. 1992).<br />

Der Strichkanal ist beim Schwein 3<br />

bis 4 mm lang (Kaeppeli 1918, Smith<br />

et al. 1992, Michel 1994). Er wird<br />

durch die von <strong>de</strong>r Zisterne herkommen<strong>de</strong>n<br />

Längsfalten und durch zirkulär<br />

angeordnete elastische Fasern<br />

dicht verschlossen (Kaeppeli 1918,<br />

Glawischnig 1963, Habermehl 1984,<br />

Smith et al. 1992). Die Schweinezitze<br />

verfügt nicht wie die Rin<strong>de</strong>rzitze<br />

über einen eigenen Schließmuskel<br />

(Sphincter papillae) mit zirkulär verlaufen<strong>de</strong>n<br />

Muskelfasern (Kaeppeli<br />

1918, Glawischnig 1963, Habermehl<br />

1984, Günther et al. 1985, Smith et<br />

al. 1992, Michel 1994).<br />

Die Zitzenzahl ist beim Schwein genetisch<br />

bedingt unterschiedlich. Insbeson<strong>de</strong>re<br />

die Anlage <strong>de</strong>s 2. und 6.<br />

Paares, welche <strong>de</strong>m Wildschwein<br />

regelmäßig fehlen, ist recht variabel<br />

(Pavaux 1989). Nach Blendl et al.<br />

(1981) wiesen annähernd 50 % <strong>de</strong>r<br />

von ihm untersuchten 1.229 weiblichen<br />

Schweine 7/7 Zitzen auf. Nur<br />

8,2 % <strong>de</strong>r Tiere hatten 13 Zitzen o<strong>de</strong>r<br />

weniger. Meermeier (1987) fand bei<br />

<strong>de</strong>n meisten <strong>de</strong>r 1.000 untersuchten<br />

Sauen 14 Mammae. 82 % <strong>de</strong>r Sauen<br />

hatten 14 bzw. mehr als 14 Komplexe,<br />

während bei 18 % <strong>de</strong>r Sauen weniger<br />

als 14 Mammae zu fin<strong>de</strong>n waren.<br />

Der Zuchtfortschritt wird <strong>de</strong>utlich,<br />

wenn man diese Zahlen mit <strong>de</strong>nen<br />

von Parker und Bullard (1913)<br />

vergleicht, die noch bei 3.933 von<br />

5970 Sauen lediglich 12 Zitzen fan<strong>de</strong>n.<br />

Diese Zitzenzahlen wer<strong>de</strong>n von<br />

einigen chinesischen Schweinerassen<br />

weit übertroffen. Cheng (1983)<br />

ermittelte bei Meishans durchschnittlich<br />

16,78 (± 1,17), bei Fenjungs<br />

17,60 (± 1,23) und bei Jiagxings<br />

16,42 (± 1,22). Bei Erhulians<br />

wur<strong>de</strong>n durchschnittlich 18,1 Zitzen<br />

angetroffen. Ähnliche Zahlen liegen<br />

von Jin et al. (1992) vor.


Gewöhnlich unterschei<strong>de</strong>t man 1<br />

o<strong>de</strong>r 2 Paar thorakale (pektorale), 4<br />

Paar abdominale und 1 Paar inguinale<br />

Mammae (Habermehl<br />

1970a). Das 4. Paar befin<strong>de</strong>t sich im<br />

Allgemeinen in Höhe <strong>de</strong>s Nabels. Bei<br />

<strong>de</strong>n heutigen Schweinerassen sind<br />

die Mammae meist symmetrisch angelegt<br />

(Blendl et al. 1981). Glawischnig<br />

(1963) fand noch zu einem erheblichen<br />

Prozentsatz asymmetrisch<br />

angeordnete Drüsenkomplexe.<br />

An <strong>de</strong>r Blutversorgung <strong>de</strong>s Schweinegesäuges<br />

sind alle Blutgefäße <strong>de</strong>r<br />

Körperwand, welche im Bereich von<br />

Brust-, Bauch- und Inguinalgegend<br />

an die Haut herantreten, beteiligt<br />

(Kaehler 1960, Wolff 1963, Habermehl<br />

1984). Es sind dies die von <strong>de</strong>r<br />

A. und V. subclavia abzweigen<strong>de</strong><br />

Aa. und Vv. thoracica int. und lat.<br />

(Rr. mammarii laterales) für das vor<strong>de</strong>re<br />

Brustpaar (Wolff 1963, Wilkens<br />

und Münster 1984), während die<br />

bei<strong>de</strong>n Brust- und vor<strong>de</strong>ren Bauchpaare<br />

von <strong>de</strong>r A. und V. epigastrica<br />

cran., als zweiter Teilungszweig <strong>de</strong>r<br />

A. und V. thoracica int. und lat. (Michel<br />

1994), versorgt wer<strong>de</strong>n. Zur<br />

Durchblutung <strong>de</strong>r hinteren Bauchpaare<br />

und <strong>de</strong>s inguinalen Milchdrüsenpaares<br />

dienen die A. und V. pu<strong>de</strong>nda<br />

ext. (Michel 1994; Abb. 3), die<br />

aus <strong>de</strong>m Truncus pu<strong>de</strong>ndoepigastricus<br />

hervorgehen, sowie die A. und V.<br />

epigastrica caud. und die A. und V.<br />

epigastrica caud. superficiales (Smith<br />

et al. 1992). Anastomosen <strong>de</strong>r Gefäße<br />

sind möglich. Bickhardt (1961) fand<br />

solche z.B. zwischen V. epigastrica<br />

caud. und V. epigastrica cran.<br />

In <strong>de</strong>r Milchdrüse selbst sind die<br />

Blutgefäße in <strong>de</strong>n Bin<strong>de</strong>gewebssepten<br />

zwischen Lappen und<br />

Läppchen lokalisiert (Smith et al.<br />

1992). Sie bil<strong>de</strong>n so ein dichtes Geflecht<br />

arterieller und venöser Blutkapillaren<br />

(Gandorfer 1991).<br />

Die Lymphdrainage <strong>de</strong>s Gesäuges<br />

wird als bilateralsymmetrisch be-<br />

Abb. 3. Lage <strong>de</strong>r Geschlechtsorgane beim weiblichen Schwein. ( ) A. und V. pu<strong>de</strong>nda<br />

externa. Quelle: P. Popesko: Atlas <strong>de</strong>r topographischen Anatomie <strong>de</strong>r Haustiere. Enke Verlag,<br />

Stuttgart 1993.<br />

schrieben (Vollmerhaus 1984). Innerhalb<br />

<strong>de</strong>s Drüsenparenchyms gibt<br />

es ein ausge<strong>de</strong>hntes intralobuläres<br />

und perilobuläres lymphatisches<br />

Netzwerk. Das lymphatische System<br />

reicht bis in die Zitzen, wo es einen<br />

Papillarplexus bil<strong>de</strong>t (Smith et al.<br />

1992).<br />

Der Zufluss erfolgt von <strong>de</strong>n drei thorakal<br />

gelegenen Mammae zu <strong>de</strong>n<br />

Nodi lymphatici (Nll.) cervicales superficiales<br />

ventrales und <strong>de</strong>n Lnn.<br />

Sternales craniales (Michel 1994).<br />

Diese sind Teil <strong>de</strong>s Lymphocentrum<br />

cervicale superficiale. Der Abfluss<br />

erfolgt zu <strong>de</strong>n Nll. cervicales superficiales<br />

dorsales und zu <strong>de</strong>n Nll. cervicales<br />

superficiales medii. Der weitere<br />

Weg <strong>de</strong>r Lymphe geht in <strong>de</strong>n<br />

Ductus thoracicus, in die Jugularvene,<br />

in <strong>de</strong>n rechten Tracheallymphgang<br />

o<strong>de</strong>r direkt ins venöse System.<br />

Lymphe <strong>de</strong>r vor<strong>de</strong>ren Teile <strong>de</strong>s Gesäuges<br />

fließt auch zu <strong>de</strong>n Nll. sternales<br />

craniales (Lymphocentrum tho-<br />

racicum ventrale). Die Lymphe <strong>de</strong>r<br />

abdominalen und inguinalen Mammae<br />

gelangt zu <strong>de</strong>n Nll. inguinales<br />

superficiales (Nll. mammarii). Der<br />

Abfluss erfolgt über die Nll. iliofemorales<br />

(Vollmerhaus 1984).<br />

Die Innervation <strong>de</strong>s Euters ist noch<br />

in vielen Punkten ungeklärt (Koch<br />

und Berg 1993). Das Schweinegesäuge<br />

wird nach heutigen Erkenntnissen<br />

durch die mammären Äste <strong>de</strong>r Rami<br />

cutanei laterales et ventrales <strong>de</strong>r letzten<br />

acht o<strong>de</strong>r neun thorakalen Rükkenmarknerven<br />

(Nn. thoracii) sowie<br />

<strong>de</strong>r ersten vier lumbalen Rückenmarknerven<br />

innerviert (Seiferle 1975,<br />

Pavaux 1989). Diese gehen aus <strong>de</strong>m<br />

Rückenmark (Medulla spinalis) hervor.<br />

Michel (1994) nennt noch die<br />

Nn. intercostales. Die inguinalen<br />

Mammae wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Weiteren von<br />

Teilen <strong>de</strong>s N. pu<strong>de</strong>ndus innerviert<br />

(Smith et al. 1992). Nach Koch und<br />

Berg (1993) kommen Fasern <strong>de</strong>s N.<br />

iliohypogastricus hinzu.<br />

GROSSTIERPRAXIS 12/2003 19


GESÄUGE<br />

Die Nerven <strong>de</strong>s Schweinegesäuges<br />

verlaufen ebenso wie die Blut- und<br />

Lymphgefäße entlang <strong>de</strong>r Bin<strong>de</strong>gewebssepten<br />

bis zu <strong>de</strong>n Alveolen. Auch<br />

in <strong>de</strong>r Zitze bestehen reichlich Nervenverzweigungen<br />

(Smith et al. 1992).<br />

In allen Schichten <strong>de</strong>r Gesäugehaut<br />

kommen sensible und vegetative<br />

(sympathische) Nerven und nervöse<br />

Endapparate verschie<strong>de</strong>ner Bauweise<br />

vor (Habermehl 1984). Über die sympathische<br />

Innervation <strong>de</strong>s Gesäuges<br />

<strong>de</strong>r Sau ist allerdings wenig bekannt.<br />

Eine parasympathische Innervation<br />

<strong>de</strong>s Gesäuges ist bislang nicht darstellbar<br />

(Smith et al. 1992), und nach<br />

Koch und Berg (1993) wohl auch<br />

nicht vorhan<strong>de</strong>n.<br />

Histologie<br />

Die innere Struktur <strong>de</strong>r Milchdrüse<br />

wur<strong>de</strong> insbeson<strong>de</strong>re von Glawischnig<br />

(1963), Adamiker und Glawischnig<br />

(1967a, b), Barone (1978), Calhoun<br />

und Stinson (1987), Gandorfer<br />

(1991), Liebich (1993) und Iben<br />

(1994a) beschrieben.<br />

Die Milchdrüse <strong>de</strong>s Schweines ist<br />

eine zusammengesetzte tubuloalveoläre<br />

Drüse (Liebich 1993). Funktionell<br />

unterschei<strong>de</strong>t man zwischen<br />

milchbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>m und milchableiten<strong>de</strong>m<br />

Teil (Gandorfer 1991). Die<br />

milchbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Strukturen im Drüsengewebe<br />

sind die Alveolen (Barone<br />

1978, Liebich 1993).<br />

Das interstitielle Bin<strong>de</strong>gewebe <strong>de</strong>r<br />

Milchdrüse setzt sich aus vorwiegend<br />

kollagenen Faserbün<strong>de</strong>ln zusammen.<br />

Zelluläre Infiltrate sind<br />

physiologischerweise Immunzellen<br />

(Lymphozyten und Plasmazellen)<br />

aber auch Mastzellen (Liebich 1993).<br />

Die Alveolen bestehen aus einer Epithelschicht<br />

(typisches Drüsenepithel)<br />

20 GROSSTIERPRAXIS 12/2003<br />

(Michel 1994), die einer Basalmembran<br />

(Glandilemm) aufsitzt. Zwischen<br />

Basalmembran und Epithelschicht<br />

befin<strong>de</strong>n sich die Myoepithelzellen,<br />

die die Alveolen korbartig<br />

umgeben. Diese bestehen aus glatten<br />

Muskelfibrillen, besitzen oberflächlich<br />

gelegene Oxytocinrezeptoren<br />

und dienen <strong>de</strong>r Entleerung <strong>de</strong>r Alveolen.<br />

Über <strong>de</strong>n submikroskopischen<br />

Bau <strong>de</strong>r Myoepithelzelle berichteten<br />

Langer und Huhn (1958).<br />

Die Myoepithelzellen haben breite<br />

zytoplasmatische Ausläufer, die engen<br />

Kontakt zueinan<strong>de</strong>r unterhalten.<br />

Die dreischichtige Begrenzungslinie<br />

zur Basalmembran verläuft geschlängelt<br />

und in Falten. Die Begrenzungslinie<br />

zum Drüsengewebe<br />

ist ebenfalls dreischichtig.<br />

Die Epithelzellen <strong>de</strong>r Alveolen weisen<br />

je nach ihrem Funktionszustand<br />

eine zylindrische bis kubische Gestalt<br />

auf. Während <strong>de</strong>r Phase <strong>de</strong>r Sekretbildung<br />

ist es isoprismatisch<br />

(Glawischnig 1963). In sekretgefüllten<br />

Alveolen ist das Epithel niedrig<br />

und wächst bei <strong>de</strong>r Sekretabgabe zu<br />

einem hochprismatischen Epithelverband<br />

an (Liebich 1993). Das Lumen<br />

<strong>de</strong>r Alveolen beträgt je nach<br />

Sekretionszustand 20 bis 80 nm, selten<br />

auch 120 nm (Giese 1985).<br />

Nach Delouis et al. (1980) ist die Galaktopoese<br />

auf zellulärer Ebene gekennzeichnet<br />

durch Hypertrophie<br />

von sekretorischen Zellen und Zellorganellen<br />

wie Ribosomen, Golgi-<br />

Apparat, Polysomen und endoplasmatischem<br />

Retikulum.<br />

Die bei<strong>de</strong>n Hauptkomponenten <strong>de</strong>r<br />

sezernieren<strong>de</strong>n Milchdrüsenzelle<br />

sind <strong>de</strong>r paranukleär gelegene Golgi-Apparat<br />

und das mit Ribosomen<br />

besetzte endoplasmatische Retikulum<br />

(Adamiker und Glawischnig<br />

1967, Michel 1994). Die Zellen haben<br />

einen <strong>de</strong>utlichen Kern mit einem<br />

großen Nukleolus, ihr Zytoplasma<br />

erscheint wenig dicht. In <strong>de</strong>r Fettfär-<br />

bung (Sudan III) zeigt sich, dass die<br />

Zellen viel Fett enthalten (Giese<br />

1985).<br />

Die Zellen sind von einer dreischichtigen<br />

Membran (Unit Membran) umgeben.<br />

Die Mitochondrien als wichtigste<br />

Stoffwechselträger <strong>de</strong>r Zelle<br />

zeigen sich in <strong>de</strong>r laktieren<strong>de</strong>n Milchdrüse<br />

<strong>de</strong>s Schweines in Cristaform<br />

(Adamiker und Glawischnig 1967).<br />

Die Mikrovilli tragen<strong>de</strong>n Lumina <strong>de</strong>r<br />

Alveolen gehen in feine Milchkanälchen<br />

über, die immer wie<strong>de</strong>r durch<br />

Muskelringe eingeengt wer<strong>de</strong>n. In<br />

<strong>de</strong>n Anfangsabschnitten <strong>de</strong>r Milchgänge<br />

ist ein einschichtiges Epithel<br />

ausgebil<strong>de</strong>t, welches sekretionsfähig<br />

ist. Auch das anfängliche zweischichtige<br />

Wan<strong>de</strong>pithel <strong>de</strong>r Ductus lactiferi<br />

ist noch zur Sekretion befähigt (Habermehl<br />

1984, Liebich 1993).<br />

Der Anteil <strong>de</strong>s Drüsengewebes macht<br />

kurz nach <strong>de</strong>r Geburt 70 bis 85 % <strong>de</strong>s<br />

Organs aus. Das interlobuläre Bin<strong>de</strong>gewebe<br />

liegt bei 4 bis 15 % (Giese<br />

1985).<br />

Das Epithel <strong>de</strong>r Milchzisternen ist<br />

zweischichtig (Michel 1994). Das<br />

Grundgewebe <strong>de</strong>s Zitzenkörpers besteht<br />

aus lockerem kollagenen Bin<strong>de</strong>gewebe<br />

mit zahlreichen Bün<strong>de</strong>ln<br />

glatter Muskelfasern. Die Bün<strong>de</strong>l<br />

sind bis zu 25 Zellreihen stark und<br />

<strong>de</strong>hnen sich bis zu 60 Zellängen aus<br />

(Günther 1984). Die Zitze zeigt histologisch<br />

einen dreischichtigen<br />

Aufbau. Die innere Schicht wird im<br />

Zisternenbereich und weiter distal<br />

im Strichkanalbereich von <strong>de</strong>r Propria<br />

gebil<strong>de</strong>t. In dieser Schicht befin<strong>de</strong>n<br />

sich auch die häufig vorkommen<strong>de</strong>n<br />

akzessorischen Drüsenläppchen<br />

(Habermehl 1984). Die Mittelschicht<br />

enthält starke Bin<strong>de</strong>gewebszüge<br />

mit einzelnen elastischen Fasern<br />

und glatten Muskelfasern, zwischen<br />

<strong>de</strong>nen Gefäße verlaufen. Die<br />

äußere Schicht bil<strong>de</strong>t das Corium<br />

mit <strong>de</strong>r Epi<strong>de</strong>rmis. Diese recht


schmale Schicht enthält kleine Gefäße,<br />

elastische Fasern und wenige,<br />

meist radiäre Muskelfasern (Güntherr<br />

1984).<br />

Angeborene und erworbene<br />

Anomalien <strong>de</strong>r Zitze<br />

Es gibt eine Vielzahl von Ursachen,<br />

die zu einem Mangel an funktionstüchtigen<br />

Zitzen zur Zeit <strong>de</strong>s Abferkelns<br />

führen. Diese sind unter <strong>de</strong>m<br />

Begriff Zitzenmangel-Syndrom von<br />

Done (1980) zusammengestellt wor<strong>de</strong>n.<br />

Angeborene Angeborene Anomalien<br />

Anomalien<br />

Überzählige Zitzen. Zahl und Anlage<br />

<strong>de</strong>r Zitzen sind nach Nachtsheim<br />

(1925) genetisch <strong>de</strong>terminiert. Überzählige<br />

Zitzen (Abb. 4) liegen in <strong>de</strong>r<br />

Regel zwischen zwei normalen Zitzen<br />

und sind meist kleiner als diese.<br />

Sie befin<strong>de</strong>n sich meist zwischen 3.<br />

und 4. Mammarkomplex (Michel<br />

1994). Pobisch (1957) erwähnt rudimentäre<br />

(blin<strong>de</strong>) Zitzen, die beim<br />

laktieren<strong>de</strong>n Schwein seitlich am<br />

Drüsenkörper „normaler“ Mammarkomplexe<br />

auftreten können (Beizitzen).<br />

Bei Vermehrung <strong>de</strong>r normalen Zitzenzahl<br />

spricht man von Hyperthelie<br />

bzw. bei zusätzlicher Ausbildung<br />

von Drüsengewebe von einer Hypermastie<br />

(Habermehl 1984). Nach Glawischnig<br />

(1963) haben die überzähligen<br />

Zitzen mit eigenem Drüsengewebe<br />

häufig nur einen Ductus papillaris.<br />

Meermeier (1987) fand bei <strong>de</strong>r<br />

Untersuchung von 1000 Gesäugen<br />

von Schlachtsauen 100 verkleinerte<br />

Zitzen zwischen Gesäugekomplexen<br />

mit Zitzen „normaler“ Größe (8,9 %<br />

aller Sauen).<br />

Afterzitzen. Nach Plonait (1997)<br />

treten Afterzitzen paarig am En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Gesäuges auf, bei <strong>de</strong>r Sau an <strong>de</strong>r<br />

Schenkelinnenfläche (Michel 1994),<br />

beim Eber ventral am Ho<strong>de</strong>nsack<br />

Abb. 4. Überzählige (funktionslose) Zitzen.<br />

(Glawischnig 1963). Überzählige<br />

und rudimentäre Zitzen spielen nach<br />

Glawischnig (1963) hinsichtlich <strong>de</strong>r<br />

Zucht keine Rolle. Dem wi<strong>de</strong>rsprechen<br />

Brem (1982) und Höges (1990)<br />

mit Recht: Bei <strong>de</strong>r Selektion von<br />

Zuchttieren sollen Tiere mit überzähligen<br />

Zitzen möglichst ausgeschlossen<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Stülpzitzen. Als Stülpzitzen bezeichnet<br />

man Zitzen, die am Ausführungsgang<br />

anstatt <strong>de</strong>s physiolo-<br />

gischen Zitzenkegels eine Einsenkung<br />

zeigen (Abb. 5). Stülpzitzen<br />

sind die am weitesten verbreiteten<br />

Zitzenmängel <strong>de</strong>s Schweines (Blendl<br />

et al. 1981). Sie kommen durch eine<br />

fehlen<strong>de</strong> und ungenügen<strong>de</strong> Proliferation<br />

<strong>de</strong>s bin<strong>de</strong>gewebigen Zitzenkörpers<br />

und <strong>de</strong>r Zitzenzisterne zustan<strong>de</strong>.<br />

In <strong>de</strong>n aplastischen Zitzen<br />

und -Zisternen sind die an dieser<br />

Stelle üblicherweise lokalisierten<br />

Östrogenrezeptoren qualitativ und<br />

quantitativ nicht entsprechend aus-<br />

Abb. 4. Jungsau mit Stülpzitzen ( ), die wie ersichtlich von <strong>de</strong>n Ferkeln nicht genutzt wer<strong>de</strong>n<br />

können.<br />

GROSSTIERPRAXIS 12/2003 21


Abb. 6. Abgeheilte Verletzung mit Fistelbildung.<br />

gebil<strong>de</strong>t. Der Missbildung liegt eine<br />

erbliche Veranlagung zugrun<strong>de</strong>.<br />

Laut Plonait (1997) wer<strong>de</strong>n die h 2 -<br />

Werte <strong>de</strong>s genetischen Defektes auf<br />

0,2 bis 0,4 geschätzt. Nach Done<br />

(1980) han<strong>de</strong>lt es sich bei Stülpzitzen<br />

um einen rezessiven Erbfehler<br />

(kongenitaler Defekt; Nordby 1934).<br />

Deshalb sollen Tiere, die nach <strong>de</strong>m<br />

ersten Östrus <strong>de</strong>rartige Zitzen aufweisen,<br />

spätestens zu diesem Zeitpunkt<br />

gemerzt wer<strong>de</strong>n, da Stülpzitzen<br />

nicht ordnungsgemäß besaugt<br />

wer<strong>de</strong>n können (Bilkei 1996).<br />

Angaben über die Häufigkeit von<br />

Stülpzitzen bei Sauen schwanken<br />

zwischen 3,6 % (Meermeier 1987)<br />

und 18,6 % (Varadin und Filipovic<br />

1975), nach Michel (1994) treten sie<br />

mit einer Häufigkeit von 9 – 19 %<br />

auf. Meermeier (1987) konnte Stülpzitzen<br />

bei 3,6 % aller untersuchten<br />

1000 Sauen feststellen. Diese niedrige<br />

Rate wird von ihm mit Selektionsmaßnahmen<br />

vor <strong>de</strong>r Benutzung<br />

zur Zucht erklärt. Diese Einschätzung<br />

wird durch die Untersuchungsergebnisse<br />

von Steffens (1992) bestätigt,<br />

wonach 20 % <strong>de</strong>r Mastschweine,<br />

17 % <strong>de</strong>r Schlachteber<br />

(ohne Selektionsmaßnahmen gegen<br />

das Auftreten von Stülpzitzen), aber<br />

nur 6 % <strong>de</strong>r Schlachtsauen Stülpzitzen<br />

aufwiesen.<br />

22 GROSSTIERPRAXIS 12/2003<br />

Foto: TiHo Hannover<br />

Erworbene Erworbene Anomalien<br />

Anomalien<br />

An Euterhaut und Zitze kommen<br />

Verletzungen in Form von<br />

Quetsch-, Riss-, Biss- und Stichwun<strong>de</strong>n<br />

unterschiedlicher Größe<br />

und Aus<strong>de</strong>hnung vor. Häufigste<br />

Ursache von Verletzungen sind<br />

Ferkelbisse, aber auch nicht tiergerechte<br />

Stalleinrichtungen können<br />

verantwortlich sein. Letztlich können<br />

die Sauen sich die Verletzungen<br />

auch durch ihre Klauenschuhe<br />

selbst beibringen (Iben 1999 b).<br />

Die von Meermeier (1987) ermittelte<br />

Verletzungsrate von 3,7 % bei 1000<br />

Schlachtsauen gilt wohl nur für<br />

Schlachtsauen, die Verletzungsrate<br />

säugen<strong>de</strong>r Sauen dürfte um ein Vielfaches<br />

höher liegen (Iben 1994a).<br />

Die traumatischen Alterationen können<br />

bis zum vollständigen Verlust<br />

<strong>de</strong>r Zitze führen (Pobisch 1957).<br />

Meermeier (1987) fand bei 3,1 %<br />

von 1000 Schlachtsauen fehlen<strong>de</strong><br />

Zitzen an einem o<strong>de</strong>r mehreren<br />

Komplexen, die von ihm auf traumatische<br />

Insulte zurückgeführt wur<strong>de</strong>n.<br />

Perforieren<strong>de</strong> Verletzungen können<br />

nach Abheilung zu Milchfisteln führen<br />

(Meermeier 1987; Abb. 6).<br />

Zitzennekrosen entstehen bei zum<br />

Zeitpunkt <strong>de</strong>r Geburt völlig unauffälligen<br />

Ferkeln innerhalb <strong>de</strong>r ersten<br />

Lebensstun<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r -tagen, die sich<br />

zunächst in Rötungen und Braunverfärbungen<br />

zeigen (Michel 1994).<br />

Einer ringförmigen Einschnürung<br />

folgt binnen weniger Stun<strong>de</strong>n eine<br />

Nekrose <strong>de</strong>r distalen Zitzenteile, die<br />

eintrocknen und innerhalb von einer<br />

bis mehreren Wochen abfallen (Michel<br />

1994). Comberg (1978) geht auf<br />

die Folgezustän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zitzennekrose<br />

im Neugeborenenalter ein. Diese Erkrankung<br />

führt zu einer mehr o<strong>de</strong>r<br />

weniger vollständigen Zerstörung<br />

<strong>de</strong>r Zitze mit Verschluss <strong>de</strong>r Zitzenkanäle,<br />

so dass selbst verbleiben<strong>de</strong><br />

Stummelzitzen nicht besogen wer<strong>de</strong>n<br />

können.<br />

Nach Michel (1994) sind auch beim<br />

Schwein Einengungen und Verschlüsse<br />

(Stenosen und Obliterationen)<br />

<strong>de</strong>r milchableiten<strong>de</strong>n Wege zu<br />

beobachten. Verletzungsbedingte,<br />

sekundär infizierte, eigenständige<br />

Entzündungen von Zitze und Zisterne<br />

treten seltener auf. Sie können zu<br />

einer Entzündung mit Fibrose <strong>de</strong>s<br />

Ausführungsganges führen. Auch<br />

korpuskuläre Bestandteile (Blut- und<br />

Eiweißgerinnsel) können, wie beim<br />

Rind, Anlass zu Michabflussstörungen<br />

sein.<br />

Literatur Literatur Literatur bei bei V VVerfasser!<br />

V Verfasser!<br />

erfasser!<br />

Anschrift <strong>de</strong>s Verfassers:<br />

Dr. Dr. Bernd Iben<br />

Mün<strong>de</strong>ner Straße 5<br />

37213 Witzenhausen<br />

Tel.: 05542 / 507 701<br />

Fax: 05542 / 507 690<br />

e-mail: dr.bernd.iben@t-online.<strong>de</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!