Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

ingrid.bergman.ch
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29.01.2013 Aufrufe

wurden. Die schwangere Ingrid, die während der Produktion wochenlang morgendliche Übelkeit durchzustehen hatte, sah in grossen Teilen des Films abwesend und zerstreut aus, als wäre sie von ihrem Text ebenso gequält wie von den normalen Schwangerschaftsbeschwerden. Sie fand auch die sture Gewohnheit ihres Regisseurs, Carl Fröhlich, ärgerlich, sie jeder kleinsten Unsauberkeit der deutschen Aussprache wegen mitten in der Szene zu stoppen. Alle wüssten, dass sie ein schwedischer Import sei, sagte sie - und ausserdem hätte sie die Szene ja gut gespielt. Trotzdem: ihr Deutsch war wichtiger, Fröhlich insistierte, und die Szene musste wiederholt werden. Der Film wurde gegen Ende Mai fertiggestellt, als Ingrid im fünften Monat war. Petter kam nach Berlin, und zusammen fuhren sie zu einem Ferienaufenthalt nach Paris und anschliessand nach Monte Carlo. Anfang Juli waren sie zurück in Stockholm, wo sich Ingrid auf die Geburt vorbereitete und ihre Zukunftspläne überdachte. Wie üblich war Petter mit Helmer Enwall bei der Hand. "Ich fragte ihn, ob in England oder den USA nicht ein Studio finden könnte, das Ingrid einen Job anzubieten hätte," erinnerte sich Petter. "Enwall erhielt aus England ein Angebot und aus Hollywood deren drei, aber deren finanzielle Bedingungen waren allesamt uninteressant, weshalb nichts daraus wurde. So unterzeichnete Ingrid den Vertrag, bei der UFA im folgenden Jahr zwei weitere Filme zu drehen. Am 20. September 1938 wurde den Lindströms ein Mädchen geboren, die sie Friedel Pia nannten: der erste Name zu Ehren von Ingrids Mutter, der zweite als ein Konstrukt aus den Initialen der elterlichen Vornamen (Petter, Ingrid, Aron). Das Kind wurde später durch Pastor Bergman getauft, der bei der örtlichen Gemeinde immer noch im Amt war. Am Tag nach der Geburt hielt Ingrid in der Klinik eine Verabredung ein, die Petter und sie Wochen zuvor getroffen hatten. In ihr Zimmer trat eine kultivierte, intelligente Dame namens Jenia Reissar, die in London und Europa für David O. Selznick arbeitete, und zwar in derselben Funktion, wie Kay 96

Brown in New York. In eine gebildete und einflussreiche Familie in Russland geboren, hatte sie zunächst in London Medizin studiert, doch war das ein Beruf, in welchem Frauen noch unerwünscht waren. So widmete Reissar ihre umfassenden Fähigkeiten eben der Kunst. David Selznick war klug genug, ihre Schnelligkeit und ihre wertvollen gesellschaftlichen Beziehungen in England zu erkennen und zu nutzen. Reissar hatte von Selznick den telegraphischen Auftrag erhalten, sich nach Stockholm zu begeben, die Rechte an "Intermezzo" zu erwerben, Ingrid Bergman einen Vertrag unterzeichnen zu lassen und Gustaf Molander als Regisseur zu verpflichten. "Mit den Lindströms war gut zu verhandeln," sagte Reissar, "sehr vernünftig und ehrlich. Wenn sie etwas sagten, dann galt das, und es gab keine Wenns und Abers. Im Hinblick auf all die Aufregung um das Neugeborene wurden aber noch keine festen Zusagen gemacht und man wollte sich dafür noch ein paar Tage Bedenkzeit lassen. Inzwischen lehnte Molander das Angebot ab. Er spreche zu wenig englisch; auch wolle er Schweden und seine Familie nicht für die Ungewissheit des Filmens in Hollywood verlassen. Ein paar Tage später lud Ingrid Jenia Reissar in ihre Wohnung ein und erklärte ihr, sie würde sich tatsächlich sehr freuen, in Hollywood arbeiten zu können, wo andere Schweden so erfolgreich seien. Nach neun schwedischen Filmen war sie eine der beliebtesten und populärsten Schauspielerinnen, aber wie immer war sie nicht schnell zufrieden mit sich selbst. Ingrid wusste, dass Stücke wie "A Woman s Face" sehr selten waren: wo immer ihr Reiz liegen mochte, "Dollar" und "En enda natt" waren schauspielerisch keine anspruchsvollen Filme. Die Arbeit in Amerika, nahm sie an, werde wenigstens ihren beruflichen Horizont erweitern. Das Angebot wurde inzwischen noch attraktiver, als Reissar erwähnte, dass Selznick als ihren männlichen Hauptdarsteller vermutlich Leslie Howard einsetzen werde, der momentan noch mit "Im Winde verweht" beschäftigt war. "Schon dafür gehe ich nach Hollywood!", sagte Ingrid entschlossen. 97

wurden. Die schwangere <strong>Ingrid</strong>, die während der Produktion<br />

wochenlang morgendliche Übelkeit durchzustehen hatte, sah in<br />

grossen Teilen des Films abwesend und zerstreut aus, <strong>als</strong> wäre<br />

sie von ihrem Text ebenso gequält wie von den normalen<br />

Schwangerschaftsbeschwerden.<br />

Sie fand auch die s<strong>tu</strong>re Gewohnheit ihres Regisseurs,<br />

Carl Fröhlich, ärgerlich, sie jeder kleinsten Unsauberkeit der<br />

deutschen Aussprache wegen mitten in der Szene zu stoppen.<br />

Alle wüssten, dass sie ein schwedischer Import sei, sagte sie -<br />

und ausserdem hätte sie die Szene ja gut gespielt. Trotzdem:<br />

ihr Deutsch war wichtiger, Fröhlich insistierte, und die Szene<br />

musste wiederholt werden.<br />

Der Film wurde gegen Ende Mai fertiggestellt, <strong>als</strong> <strong>Ingrid</strong><br />

im fünften Monat war. Petter kam nach Berlin, und zusammen<br />

fuhren sie zu einem Ferienaufenthalt nach Paris und anschliessand<br />

nach Monte Carlo. Anfang Juli waren sie zurück in Stockholm,<br />

wo sich <strong>Ingrid</strong> auf die Geburt vorbereitete und ihre Zukunftspläne<br />

überdachte. Wie üblich war Petter mit Helmer Enwall<br />

bei der Hand. "Ich fragte ihn, <strong>ob</strong> in England oder den USA<br />

nicht ein S<strong>tu</strong>dio finden könnte, das <strong>Ingrid</strong> einen J<strong>ob</strong> anzubieten<br />

hätte," erinnerte sich Petter. "Enwall erhielt aus England ein<br />

Angebot und aus Hollywood deren drei, aber deren finanzielle<br />

Bedingungen waren allesamt uninteressant, weshalb nichts<br />

daraus wurde. So unterzeichnete <strong>Ingrid</strong> den Vertrag, bei der<br />

UFA im folgenden Jahr zwei weitere Filme zu drehen.<br />

Am 20. September 1938 wurde den Lindströms ein<br />

Mädchen geboren, die sie Friedel Pia nannten: der erste Name<br />

zu Ehren von <strong>Ingrid</strong>s Mutter, der zweite <strong>als</strong> ein Konstrukt aus<br />

den Initialen der elterlichen Vornamen (Petter, <strong>Ingrid</strong>, Aron).<br />

Das Kind wurde später durch Pastor <strong>Bergman</strong> getauft, der bei<br />

der örtlichen Gemeinde immer noch im Amt war.<br />

Am Tag nach der Geburt hielt <strong>Ingrid</strong> in der Klinik eine<br />

Verabredung ein, die Petter und sie Wochen zuvor getroffen<br />

hatten. In ihr Zimmer trat eine kultivierte, intelligente Dame<br />

namens Jenia Reissar, die in London und Europa für David O.<br />

Selznick arbeitete, und zwar in derselben Funktion, wie Kay<br />

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