Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

dieses Motiv neu aufgenommen: "Sie verabscheut einen Knaben
(und denkt sogar kurz daran, ihm etwas anzutun) einfach
weil: "Du hast alles. Du bist verwöhnt! Du bekommst alles,
was du willst!" Aber das tränennasse Gesicht dieses Kindes,
das eine Mutter so dringend nötig hätte, wie Anna (seine neue
Gouvernante), bewirkt den ersten Riss im harten Herzen dieser
Frau, deren Gesicht wiederhergestellt wurde und deren Seele
nun ebenfalls heilen kann.
Ingrid milderte das grobe, männliche Wesen der kriminellen
Anna sukzessive in der Weise, dass diese innere Wandlung
in der Wiederherstellung ihres Gesichts eine plausible Erklärung
findet. So wurde "A Woman s Face" durch ihr fachliches
Können, ihre perfekte Mimik und ihre subtilen Reaktionen
zu einem Kleinod, zu einem Drama in der Tradition von Arthur
Wing Pineros gespenstischem englischem Stück "The Enchanted
Cottage". Der Haupteffekt dieser Werke liegt nicht in der
Kunst der ästhetischen Metamorphose , sondern in der geistigen
Wandlung eines Menschen. *)
INGRIDS SCHWANGERSCHAFT erforderte die Vorverlegung
des Drehbeginns für ihren nachfolgenden deutschen Film,
der ursprünglich gegen Ende Mai vorgesehen war. Sofort nach
Beendigung von "A Woman s Face" am 29. März begab sie
sich zu den UFA-Studios nach Berlin, wo sie in einem gemieteten,
komfortablen Vorstadthaus zusammen mit den drei deut-
*) Wie üblich bemühte sich Joan Crawford zwei Jahre später intensiv,
Anna Holm in einem glänzenden amerikanischen Remake von "A Woman's
Face" zu neuem Leben zu erwecken. Leider schienen aber sie
und Regisseur George Cukor das schwedische Original missgedeutet zu
haben. Im Gegensatz dazu behielt der 1945 hergestellte amerikanische
Film "The Enchanted Cottage" (mit Dotothy McGuire und Robert Young
in den Hauptrollen, Autoren DeWitt Rodeen und Hermann J. Mankiewicz,
Regie John Cromwell) Jahrzehnte danach seine poetische und
emotionale Integrität, weil er sich nicht scheute, klarzustellen, dass
Liebe nicht allein auf physische Anziehungskraft angewiesen ist. Beide
Geschichten behandeln das Problem der physischen Versehrtheit in einer
Welt, die in zunehmendem Masse von ästhetischen Werten besessen
ist.
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