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Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

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lungsverlauf fotographiert wird, denn Produzent und Regisseur<br />

müssen auf Gegebenheiten wie den Zeitplan der Schauspieler<br />

eingehen und auch Sequenzen mit einem bestimmten Set oder<br />

an einem bestimmten Aussenaufnahmeort in einer Zeiteinheit<br />

schiessen können, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, wo im<br />

Szenario die einzelnen Szenen liegen. Ausserdem spielen die<br />

Unvorhersehbarkeit der Wetterverhältnisse und die Erfordernisse<br />

des bewilligten Budgets eine wichtige Rolle. Diese Forderung,<br />

Filme ausserhalb des Handlungsverlaufs zu produzieren,<br />

stellt für die Darsteller eine ausserordentliche Herausforderung<br />

dar - die Schaffung einer glaubhaften Persönlichkeit in kleinen,<br />

unzusammenhängenden Sequenzen; die tägliche Arbeit wird<br />

so z.B. oft zu einer unablässigen Folge von abrupten und verwirrenden<br />

Wechseln des benötigten emotionalen Klimas. Der<br />

erste Drehtag kann eine Fin<strong>als</strong>zene enthalten, der zweite eine<br />

der ganz frühen Szenen und so weiter. Mehr <strong>als</strong> ein Schauspieler<br />

ist in diesen felsigen Untiefen schon schwer ausgerutscht.<br />

Solchen Zwängen verdanken wir manchmal künstlerische<br />

Tugenden, und das Publikum, das von einer Figur oder<br />

gar einem ganzen Film nicht zu überzeugen ist, kann den<br />

Grund dafür in diesen Anforderungen finden, oder gar in gelegentlich<br />

damit zusammenhängenden Fehleinschätzungen oder<br />

Fehlleis<strong>tu</strong>ngen der Schauspieler. Die Kontinuität mag durch gut<br />

aufeinander abgestimmte Sequenzen stimmen; die emotionale<br />

Übereinstimmung ist aber wieder etwas ganz anderes.<br />

In dieser Hinsicht machte <strong>Ingrid</strong> in ihrer Karriere sehr<br />

wenig f<strong>als</strong>ch. Ihr subtiler Aufbau der Persönlichkeit der Anna<br />

Holm war ein erstklassiges Beispiel für ein Talent, das einen<br />

Charakter Moment für Moment erfassen konnte und deshalb<br />

die verschiedenen Befindlichkeiten im Leben einer Frau <strong>als</strong><br />

voneinander unabhängige mentale Si<strong>tu</strong>ationen - <strong>als</strong> Microkosmen<br />

- einer komplexen Identität wiedergeben konnte. Als der<br />

geschundene Krüppel, eine Frau, die die Welt hasst, schien sie<br />

ihre Texte auszuspeien, rachebegierig gegen jede Frau, allein<br />

wegen ihrer Unversehrtheit: "Hat sie nicht alles, was eine Frau<br />

will? Wird sie nicht geliebt, verehrt, bewundert? Ist sie nicht<br />

schön? Also gut - gehört sie nicht bestraft dafür?" Später wird<br />

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