Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

jedem Einzelnen ein Lächeln und eine persönliche Dankesadresse
schickte. Wie sie sich alle erinnerten, fand sie für jeden
die richtigen Worte. So war es auch mit Gene Cormans Sohn,
damals ein Jus-Student, der Ingrid eine Notiz zukommen liess,
wonach er während Jahren monumental in sie verknallt gewesen
sei. Ingrid sandte ihm eine unterzeichnete Foto aus "Casablanca",
wie von ihm gewünscht: "Danke für die monumentale
Verknalltheit", schrieb sie mit ihrer hinfälligen Hand, "Here's
looking at you, kid!" Und am Schluss überreichte sie Margaret
Johnstone einen kleinen silbernen Bulldog mit der Notiz: "In
grosser Liebe, meinem lieben Wachhund und Beschützer."
Bei den letzten Aufnahmen am folgenden Tag schien alles
schief zu gehen. Es gab Probleme mit der Kamera, einem
wichtigen Licht, mit einem Teil des Sets und einem fehlenden
Requisit. "Da haben wir's, die Kamera will mir auch nicht adieu
sagen", meinte Ingrid mit einem Lächeln, als sie sich den
Schweiss aus den Augenbrauen wischte und sich niedersetzte,
um eine Welle von durch die Medikamente verursachtem
Brechreiz niederzukämpfen. Nach einer kurzen Pause wurde
die letzte Szene ihrer Karriere beendet. "Es war eine wundervolle
Erfahrung", sagte sie der Crew, "sowohl als Schauspielerin
wie auch als Mensch, der sich nun schneller aus dem Leben
zurückzieht, als ich erwartet hätte." An diesem Abend war Gene
Corman Gastgeber eines Abschiedsessens für Cast und
Crew. Als sie von Tisch zu Tisch ging, um sich bei allen zu bedanken
und dann mit Margaret still wegging, war Ingrid die
Einzige, die nicht weinte.
DIESEM SCHMERZ GAB SIE SICH später an diesem
Abend in ihrer Einsamkeit hin, wie sie einem Freund anvertraute.
"Ich kam zurück in diese ruhige, leere Wohnung und realisierte
plötzlich, dass dies nun meine Wirklichkeit war, dass es
nun so ist – und ich fühlte mich ausgetrocknet und sehr traurig.
Das Ende des Films empfand ich wie einen Tod in der Familie."
Sie ging hinüber zum Fenster und sah, wie die Herbstnebel
vom Fluss heraufkamen und die stille Strasse zudeckten,
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