Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

weise in Sorge um diese Szene, die so sehr das wirkliche Leben
der Hauptdarstellerin widerspiegelte. Sie las den Dialog
und legte die Szene buchstabengenau in einem Zug hin: "Nun,
ich bin sechsundsechzig. Wie lange eigentlich werde ich noch
zu leben haben? Die Frage ist – diese paar Jahre – werden die
noch gut sein?...Wie werde ich geistig dran sein? Ich will keine
Minute länger leben, als so lange mein Geist noch klar
ist....Und falls irgendetwas darüber irgendwem berichtet wird,
entscheide ich wem und wann. Bis dann ist es ein striktes Geheimnis..."
Als die Szene fertig war, verlangte Ingrid nach einer Cigarette
und einem Glas Wasser, dann ging sie weg, um sich
etwas hinzulegen. An diesem Morgen flossen bei der Crew einige
Tränen.
WIEDERHOLT IN DIESER SAISON begegnete Ingrid
Boulevardgeschichten über ihren bevorstehenden eigenen Tod.
'Ingrid Bergman steht mit einem Fuss im Grab', lautete eine
typische Schlagzeile. "Es stimmt, dass ich mit einem Fuss im
Grab stand", entgegenete sie mit intaktem Humor, "aber die
Erde war zu feucht und kalt für mich und da ich an Rheumatismus
leide, stieg ich wieder raus und kam nach Israel, wo es
warm und trocken ist, um weiter zu arbeiten." Als ihr eine alte
Bekannte, die Journalistin Orianna Fallaci einen Besuch abstattete
und ihre Erschütterung nicht verbergen konnte, sagte Ingrid
ruhig: "Nun, meine Liebe, es war ein sehr schönes Leben,
ein sehr interessantes und glückliches dazu. Wir alle müssen
sterben, aber in gewissem Sinne habe ich nicht das Gefühl alt
zu werden, weil ich keine Abstumpfung kenne und die Bitterkeit
ignoriere."
Am Vorabend des letzten Drehtags – in einem Londoner
Studio im November – gab Ingrid für Schauspieler und Crew
eine Dinner-Party. Nach dem Essen liess sie ihr Glas erklingen
und erhob sich unter grossen Schmerzen zu einer Dankesrede.
Ihr Produzent, Regisseur, Kameramann, Makeup-Direktor,
Garderobe-Designer und Coiffeur wandten sich ihr zu, als sie
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