Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

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29.01.2013 Aufrufe

kämpfte während Jahren gegen bösartigen Lymphdrüsenkrebs, bevor sie ihm erlag) und beide – in Ingrids Worten: "liebten wir unsere Kinder, von welchen wir aber periodisch getrennt wurden, weil wir nicht bereit waren, die Kinder über unseren Beruf zu stellen. Das trug uns ein enormes Schuldgefühl ein ... ich verstehe Goldas Schuldgefühl, weil sie Mann und Kinder verlassen hatte, sehr wohl. Mit dieser Schuld habe ich mein ganzes Leben verbracht". Beide Frauen waren von ihrer Berufung besessen und konnten in der traditionellen Hausfrauen- und Mutter-Rolle keine Befriedigung finden. Beide haben ihr Geburtsland verlassen, sind von da nach dort gezogen und arbeiteten in den unterschiedlichsten Sprachen. Aber da war noch ein wesentlich wichtigerer Grund, warum Ingrid die Rolle übernehmen wollte. "Ich war 1938 in Deutschland sehr dickköpfig", sagte Ingrid während der Produktion von "Golda". "Ich muss ehrlich sagen, dass ich damals keinen Grund sah, gegen Hitler zu sein." Nachdem sie sich nun aber während so langer Zeit so schuldig gefühlt habe, wolle sie sich jetzt für Israel und das jüdische Volk einsetzen und Golda portraitieren – so haben das Verheilen der Wunden der Erinnerung und die Notwendigkeit zur Wiedergutmachung während der ganzen Vorbereitungszeit für diese herausfordernde und schwierige Rolle ihren Geist beflügelt. Schliesslich, im Frühjahr 1981, rief Ingrid Corman und Gibson an und bat um einen Termin für Testaufnahmen. Wenn sie sich in dieser Rolle sehen könne, sagte sie, dann wolle sie sie spielen. Vier Jahre waren vergangen seit sie letztmals vor der Kamera stand, und ihr Aussehen hatte sich in dieser Zeit damatisch verändert. Als sie zum Test ankam, war sie – wie Corman sich erinnerte – "sehr, sehr nervös – tatsächlich zitterte sie – und sie gestand es mir." Er versuchte, sie zu beruhigen: "Ingrid, hier gibt es viel Aufregung, grosse Spannung und viel Energie. Die ganze Mannschaft ist deinetwegen aufgeregt. Die Vorstellung, dass Ingrid Bergman um einen Screen Test gebeten hat, ist ausserordentlich. Sie alle lieben dich, sie wollen dich hier sehen." 604

Und dann, während er sprach, ging ihr Blick an ihm vorbei über die Schulter. Er drehte sich um und sah die Kamera auf einem Schlitten heranrollen, und Ingrid lächelte: "Gene, ich sehe hier einen alten Freund". Sie erhob sich, ging auf die Kamera zu und war für den Test bereit. Drei kurze Szenen wurden perfekt aufgenommen, und als sie tags darauf mit Corman und Gibson die Resultate ansah, sagte sie, falls man sie noch wolle, würde sie die Rolle spielen. Der Vertrag wurde unterzeichnet und am 4. September reisten Ingrid und Margaret von London nach Tel Aviv und Jerusalem ab, zur Produktion von "A Woman Called Golda". "Die Arbeit ist wundervoll, wenn man krank ist", sagte Ingrid zu einem Journalisten, "sie gibt einem Kraft". Und irgendwie fand sie die Kraft, dem Publikum eine letzte grosse Überraschung zu bereiten. Ihr Äusseres und ihre Stimme waren so weit entfernt von Ingrid Bergman, dass sie gewünscht hätte, das Erstaunen der Zuschauer mitzubekommen; es erinnere sie an "A Womans Face", sagte sie zu einigen Freunden, und den Anblick einer schrecklichen Entstellung, die das Publikum stärker schockierte, als vor vierzig Jahren. WÄHREND DER NEUNWÖCHIGEN PRODUKTION in diesem Herbst (in und um Jerusalem, Tel Aviv, Jaffa, Lydda, Natanja und Jericho) machte Ingrids Krankheit rasende Fortschritte; der Krebs breitete sich in ihren ganzen Körper aus, sie verlor schnell Gewicht und Kraft, und ihr rechter Arm war grotesk geschwollen. Dieser unglückliche Zustand war auf die Entfernung von Lymphknoten bei ihrer Brustoperation zurückzuführen (wie auch zusätzlich auf die Auswirkungen ihrer Bestrahlungen), was zur Ansammlung von Flüssigkeit in ihrem Arm führte. "Mein Schosshündchen" nannte sie ihren geschwollenen Arm, ihr Hündchen, das sie nicht loswerden konnte und überall hin mitnehmen musste. Zwei Zeilen an einen Freund zu schreiben, war für sie eine Aufgabe, die eine Viertelstunde in Anspruch nahm, aber sie behielt den Kontakt zu ihren neuen und alten Freunden. Ingrid lebte nun buchstäblich mit ununterbrochenen Schmerzen. 605

kämpfte während Jahren gegen bösartigen Lymphdrüsenkrebs,<br />

bevor sie ihm erlag) und beide – in <strong>Ingrid</strong>s Worten: "liebten<br />

wir unsere Kinder, von welchen wir aber periodisch getrennt<br />

wurden, weil wir nicht bereit waren, die Kinder über unseren<br />

Beruf zu stellen. Das trug uns ein enormes Schuldgefühl ein ...<br />

ich verstehe Goldas Schuldgefühl, weil sie Mann und Kinder<br />

verlassen hatte, sehr wohl. Mit dieser Schuld habe ich mein<br />

ganzes Leben verbracht". Beide Frauen waren von ihrer Berufung<br />

besessen und konnten in der traditionellen Hausfrauen-<br />

und Mutter-Rolle keine Befriedigung finden. Beide haben ihr<br />

Geburtsland verlassen, sind von da nach dort gezogen und<br />

arbeiteten in den unterschiedlichsten Sprachen.<br />

Aber da war noch ein wesentlich wichtigerer Grund, warum<br />

<strong>Ingrid</strong> die Rolle übernehmen wollte. "Ich war 1938 in<br />

Deutschland sehr dickköpfig", sagte <strong>Ingrid</strong> während der Produktion<br />

von "Golda". "Ich muss ehrlich sagen, dass ich dam<strong>als</strong><br />

keinen Grund sah, gegen Hitler zu sein." Nachdem sie sich nun<br />

aber während so langer Zeit so schuldig gefühlt habe, wolle sie<br />

sich jetzt für Israel und das jüdische Volk einsetzen und Golda<br />

portraitieren – so haben das Verheilen der Wunden der Erinnerung<br />

und die Notwendigkeit zur Wiedergutmachung während<br />

der ganzen Vorberei<strong>tu</strong>ngszeit für diese herausfordernde und<br />

schwierige Rolle ihren Geist beflügelt.<br />

Schliesslich, im Frühjahr 1981, rief <strong>Ingrid</strong> Corman und<br />

Gibson an und bat um einen Termin für Testaufnahmen. Wenn<br />

sie sich in dieser Rolle sehen könne, sagte sie, dann wolle sie<br />

sie spielen. Vier Jahre waren vergangen seit sie letztm<strong>als</strong> vor<br />

der Kamera stand, und ihr Aussehen hatte sich in dieser Zeit<br />

damatisch verändert. Als sie zum Test ankam, war sie – wie<br />

Corman sich erinnerte – "sehr, sehr nervös – tatsächlich zitterte<br />

sie – und sie gestand es mir." Er versuchte, sie zu beruhigen:<br />

"<strong>Ingrid</strong>, hier gibt es viel Aufregung, grosse Spannung und<br />

viel Energie. Die ganze Mannschaft ist deinetwegen aufgeregt.<br />

Die Vorstellung, dass <strong>Ingrid</strong> <strong>Bergman</strong> um einen Screen Test<br />

gebeten hat, ist ausserordentlich. Sie alle lieben dich, sie wollen<br />

dich hier sehen."<br />

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