Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

ingrid.bergman.ch
von ingrid.bergman.ch Mehr von diesem Publisher
29.01.2013 Aufrufe

ei der komplexen Aufgabe der Sichtung ihrer Manuskripte und Dossiers an die Hand ging, als sie endlich begann, mit einem Mitarbeiter an ihren Memoiren zu arbeiten. Paavos Diskretion und tiefe Verbundenheit zu ihnen beiden waren Lars und Ingrid in den folgenden zwölf Jahren eine wertvolle Hilfe, und noch lange nach Ingrids Tod blieb er ein enger Vertrauter von Lars' Familie. In jenem Dezember fand ein Familienfest statt, als sich Ingrid nach New York begab, wo sich Pia in zweiter Ehe mit dem Finanz-Broker Joseph Daly vermählte. Mama wurde von Sidney Bernstein zur kirchlichen Trauung begleitet, wo auch ein paar höfliche Floskeln mit Petter gewechselt wurden, der seine Tochter zum Altar führte. Im Jahr danach wurde Ingrid durch die Dalys erstmals Grossmutter. Pia zufolge war Ingrid "wahrscheinlich die vernarrteste, eifrigste und anhänglichste Grossmutter, die die Welt je gesehen hat". ANFANGS 1972 begann sie die kanadische Tournée mit "Captain Brassbounds Conversion" – in mehreren Städten während einiger Wochen bis zum Sommer. Während der Spielzeit im Kennedy Center akzeptierte sie die Einladung zu einem Frage und Antwort-Forum mit der National Press Association. Die üblichen Klichees kamen auf's Tapet – Fand sie die Komödie schwieriger als das Drama? Wie beurteilt sie das Kennedy Center? Wie schafft sie es, so jugendlich zu bleiben? Sollten sich Schauspieler mit der Politik beschäftigen? Und dann wollte ein Reporter wissen, wie Ingrid Bergman eine Rolle einstudierte. Ihre Antwort war geradeheraus und lehrreich zu einer Zeit, als über die Kunst eines Schauspielers noch viel Getue und selbstgefällig-akademische Weitschweifigkeiten abgezogen wurden: 552 "Ich habe nicht viel Literatur über die Schauspielerei gelesen. Instinktiv und schon beim ersten Durchgang eines Scripts weiss ich, wer die betreffende Frau ist. Deshalb lasse ich auch einiges beiseite, was ich nicht verstehe. Ich muss eine Figur genau verstehen; ich

meine, etwas von dieser Person muss in mir sein, und dann fühle ich plötzlich, wer sie ist. Es geht hier mehr um eine Gefühlssache als um Technik." Sie entliess die Journalisten dann im Gelächter über ihre letzte Anwort: nachdem sie so lange in Italien gelebt hatte, was hat sie über die Italiener und das zeitgenössische Theater zu sagen? "Die Italiener kümmern sich nicht sonderlich um das Theater – weil sie schliesslich alles, was sie auf der Bühne sehen, zuhause viel besser bekommen." ABER DEN HÖHEPUNKT erlebte die Tournée nach der gut benoteten Premiere in New York (wo "Captain Brassbounds Conversion" das einzige von sechsundfünfzig Stücken dieser Saison war, das einen Gewinn abwarf). Am 19. April verlas Senator Charles Percy von Illinois eine nationale Entschuldigung an die Adresse von Ingrid Bergman für das Unrecht, das ihr vor zweiundzwanzig Jahren von Senator Johnson angetan worden ist. Seine Erklärung, ergänzt durch verschiedene Kritiken und Artikel über sie, die diese Saison erschienen waren, wurde im Kongressprotokoll dieses Tages festgehalten: "Herr Präsident, Eine der hübschesten, anmutigsten und talentiertesten Frauen der Welt wurde vor zweiundzwanzig Jahren in diesem Haus zum Opfer von bittersten Angriffen. Heute möchte ich Ingrid Bergman, einem echten Star im wahrsten Sinne des Wortes, den längst überfälligen Tribut zollen." Nachdem er die Einzelheiten ihres Besuchs in Washington und die Höhepunkte ihrer Bühnen-, Film- und Fernseh-Karriere zusammengefasst hatte, stellte er weiter fest, dass Ingrid offensichtlich eine überwältigende Bewunderung und Zuneigung durch das amerikanische Volk geniesse – und zwar sowohl für ihr brillantes und einfühlsames Schauspiel, wie auch für ihren Mut, ihre Ausgeglichen- 553

ei der komplexen Aufgabe der Sich<strong>tu</strong>ng ihrer Manuskripte und<br />

Dossiers an die Hand ging, <strong>als</strong> sie endlich begann, mit einem<br />

Mitarbeiter an ihren Memoiren zu arbeiten. Paavos Diskretion<br />

und tiefe Verbundenheit zu ihnen beiden waren Lars und <strong>Ingrid</strong><br />

in den folgenden zwölf Jahren eine wertvolle Hilfe, und noch<br />

lange nach <strong>Ingrid</strong>s Tod blieb er ein enger Vertrauter von Lars'<br />

Familie.<br />

In jenem Dezember fand ein Familienfest statt, <strong>als</strong> sich<br />

<strong>Ingrid</strong> nach New York begab, wo sich Pia in zweiter Ehe mit<br />

dem Finanz-Broker Joseph Daly vermählte. Mama wurde von<br />

Sidney Bernstein zur kirchlichen Trauung begleitet, wo auch<br />

ein paar höfliche Floskeln mit Petter gewechselt wurden, der<br />

seine Tochter zum Altar führte. Im Jahr danach wurde <strong>Ingrid</strong><br />

durch die Dalys erstm<strong>als</strong> Grossmutter. Pia zufolge war <strong>Ingrid</strong><br />

"wahrscheinlich die vernarrteste, eifrigste und anhänglichste<br />

Grossmutter, die die Welt je gesehen hat".<br />

ANFANGS 1972 begann sie die kanadische Tournée mit<br />

"Captain Brassbounds Conversion" – in mehreren Städten<br />

während einiger Wochen bis zum Sommer. Während der Spielzeit<br />

im Kennedy Center akzeptierte sie die Einladung zu einem<br />

Frage und Antwort-Forum mit der National Press Association.<br />

Die üblichen Klichees kamen auf's Tapet – Fand sie die Komödie<br />

schwieriger <strong>als</strong> das Drama? Wie beurteilt sie das Kennedy<br />

Center? Wie schafft sie es, so jugendlich zu bleiben? Sollten<br />

sich Schauspieler mit der Politik beschäftigen? Und dann wollte<br />

ein Reporter wissen, wie <strong>Ingrid</strong> <strong>Bergman</strong> eine Rolle eins<strong>tu</strong>dierte.<br />

Ihre Antwort war geradeheraus und lehrreich zu einer Zeit,<br />

<strong>als</strong> über die Kunst eines Schauspielers noch viel Ge<strong>tu</strong>e und<br />

selbstgefällig-akademische Weitschweifigkeiten abgezogen<br />

wurden:<br />

552<br />

"Ich habe nicht viel Litera<strong>tu</strong>r über die Schauspielerei<br />

gelesen. Instinktiv und schon beim ersten Durchgang<br />

eines Scripts weiss ich, wer die betreffende Frau ist.<br />

Deshalb lasse ich auch einiges beiseite, was ich nicht<br />

verstehe. Ich muss eine Figur genau verstehen; ich

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