Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

ingrid.bergman.ch
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29.01.2013 Aufrufe

532 "Ich muss jemanden ausserhalb meiner selbst finden, auf den ich mich verlassen und durch den ich mir selbst entfliehen kann – einen Starken, mit gesundem Körper und Geist, der es wagt, das Leben gierig zu leben, anstatt davon zu lesen und zu träumen. Ah – (ihr Sohn) Simon – Simon wär's, dein Simon!" Ingrid wurde zu Deborah indem sie zunächst die kalte Herzlosigkeit der Figur im Umgang mit den Menschen begriff, dann ihr rationales Denken ausschaltete um zu einer Haltung von kalter Verachtung zu finden. IHRER BEKLEMMUNG AN DER PREMIERE zum Trotz tat Ingrid etwas, was Elliot Martin als für sie typisch bezeichnete: sie sandte ihm einen Blumenstrauss mit den Worten: "Ich bin die Frau eines Produzenten und weiss daher, dass die einzige an der Premiere vergessene Person der Produzent ist." Die Presse versammelte sich nach der Vorstellung zur Premieren- Party, und "tout" Hollywood war anwesend; es schien, jedermann wollte sie berühren, als wäre sie die heimgekehrte Majestät. Lars und Pia fanden sich zur Vorstellung und Party ein. Unter all den Verehrern war Alfred Hitchcock wohl der glühendste. "Hals- und Beinbruch!" wünschte er Ingrid. Sie sah ihn ratlos an und er fragte: "Weisst du, was das bedeutet?" Sie schüttelte den Kopf. "Viel Glück und Erfolg!" antwortete Hitch, indem er sie wie ein verknallter Schuljunge seine geliebte Lehrerin anstrahlte. Bald danach fand Ingrid an einem ruhigen Nachtessen bei den Hitchcocks Gelegenheit, Reminiszenzen aufzuwärmen und ihn in ihren momentanen Lebenslauf einzugleisen. Hitch hatte in seiner langen Karriere einen schwierigen Punkt erreicht: sein jüngster Film "Torn Curtain" war von der Kritik zerrissen worden. Und er litt – nach über drei Jahren - noch immer an einer sehr tiefen Wunde – einer selbstzerstörerischen Leidenschaft, die er für die Schauspielerin Tippi Hedren hegte, die er in seinen beiden vorangehenden Filmen "Die Vö-

gel" und "Marnie" präsentierte. Dabei handelte es sich um die beiden ersten Filme der Schauspielerin nach einer erfolgreichen Model-Karriere; sie war die willigste Darstellerin, und in beiden diesen Filmen bot sie eine solide Leistung. Wie Ingrid, hatte es auch Tippi Hedren zunächst erfolgreich geschafft, eine freundschaftliche Nähe zu ihrem Regisseur zu halten. Aber spätestens während der Produktion von "Marnie" Ende 1963 wurde klar, dass Hitchcock viel mehr als eine freundschafliche Kollegialität wollte, doch Tippi Hedren widersetzte sich seinen Erwartungen. Die seit Jahrzehnten anhaltende Entsagung führte schliesslich zu einer Eruption, und Hitchcock beantwortete die höfliche aber bestimmte Zurückweisung mit offenem Ärger und unstillbarer Bitterkeit; letztlich schadete er sich selbst damit mehr als Tippi Hedren. So verschaffte ihm Ingrids Besuch, die ihm in Witz und Intuition ebenbürtig war, eine grosse seelische Erleichterung, denn sie holte ihn zurück in jene Zeit, als er noch wesentlich diskreter war. NACH SECHS WOCHEN in Kalifornien wurde "More Stately Mansions" nach New York verlegt, wo am 31. Oktober im Broadhurst-Theater die Premiere stattfand. "Die Schweden halten alles von der Länge eines O'Neill-Stücks durch", pflegte Ingrid damals zu sagen, "aber die Amerikaner kommen mit einigen Martinis intus ins Theater und wollen einfach unterhalten sein." Im vorliegenden Fall galt das allerdings weder für das Publikum noch für die Kritiker. "Es leistet der Erinnerung an O'Neill einen Bärendienst", schrieb der TIMES-Kritiker, und fügte bei, dass obschon Ingrid "als Frau so hübsch ist, dass sie selbst als Kunstwerk empfunden wird.....sie merkwürdig unbeholfen gewirkt hat. Sie setzt ihren natürlichen Charme kräftig ein und macht aber aus ihrer Rolle weniger, als man gehofft hätte". Seine Kollegen fanden das Stück düster, langweilig und einschläfernd, aber die meisten äusserten sich netter über Ingrid. Sie brauche keine Nettigkeiten, betonte sie, als sie die we- 533

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"Ich muss jemanden ausserhalb meiner selbst finden,<br />

auf den ich mich verlassen und durch den ich mir<br />

selbst entfliehen kann – einen Starken, mit gesundem<br />

Körper und Geist, der es wagt, das Leben gierig zu leben,<br />

anstatt davon zu lesen und zu träumen. Ah – (ihr<br />

Sohn) Simon – Simon wär's, dein Simon!"<br />

<strong>Ingrid</strong> wurde zu Deborah indem sie zunächst die kalte<br />

Herzlosigkeit der Figur im Umgang mit den Menschen begriff,<br />

dann ihr rationales Denken ausschaltete um zu einer Hal<strong>tu</strong>ng<br />

von kalter Verach<strong>tu</strong>ng zu finden.<br />

IHRER BEKLEMMUNG AN DER PREMIERE zum Trotz tat<br />

<strong>Ingrid</strong> etwas, was Elliot Martin <strong>als</strong> für sie typisch bezeichnete:<br />

sie sandte ihm einen Blumenstrauss mit den Worten: "Ich bin<br />

die Frau eines Produzenten und weiss daher, dass die einzige<br />

an der Premiere vergessene Person der Produzent ist." Die<br />

Presse versammelte sich nach der Vorstellung zur Premieren-<br />

Party, und "tout" Hollywood war anwesend; es schien, jedermann<br />

wollte sie berühren, <strong>als</strong> wäre sie die heimgekehrte Majestät.<br />

Lars und Pia fanden sich zur Vorstellung und Party ein.<br />

Unter all den Verehrern war Alfred Hitchcock wohl der<br />

glühendste. "H<strong>als</strong>- und Beinbruch!" wünschte er <strong>Ingrid</strong>. Sie sah<br />

ihn ratlos an und er fragte: "Weisst du, was das bedeutet?" Sie<br />

schüttelte den Kopf. "Viel Glück und Erfolg!" antwortete Hitch,<br />

indem er sie wie ein verknallter Schuljunge seine geliebte Lehrerin<br />

anstrahlte. Bald danach fand <strong>Ingrid</strong> an einem ruhigen<br />

Nachtessen bei den Hitchcocks Gelegenheit, Reminiszenzen<br />

aufzuwärmen und ihn in ihren momentanen Lebenslauf einzugleisen.<br />

Hitch hatte in seiner langen Karriere einen schwierigen<br />

Punkt erreicht: sein jüngster Film "Torn Curtain" war von der<br />

Kritik zerrissen worden. Und er litt – nach über drei Jahren -<br />

noch immer an einer sehr tiefen Wunde – einer selbstzerstörerischen<br />

Leidenschaft, die er für die Schauspielerin Tippi Hedren<br />

hegte, die er in seinen beiden vorangehenden Filmen "Die Vö-

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