Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

verlässt, um in China missionarisch zu arbeiten, wo der Krieg
mit Japan und soziale Missstände ihre humanitäre Arbeit aber
nahezu verunmöglichen. Das Finale, in dem sie Massen von
Kindern auf einer entbehrungsreichen Flucht über einen Gebirgszug
in Sicherheit bringt, gräbt sich dem Betrachter durch
den wiederholten Kinderchor des Liedes "This Old Man" ins
Gedächtnis ein.
Trotz "Anastasia" und der allgemeinen Sympathie zu
Ingrid während des gegenwärtigen Rossellini-Debakels, waren
Adler und seine Kollegen in Sorge darüber, Ingrid einer spezifischen
Konfession zuzuordnen – sodass wir sie nie beim Religionsunterricht
sehen oder gar beim Betreten einer Kapelle.
Trotz den vielen Script-Unstimmigkeiten, auf die sie Adler und
Regisseur Mark Robson (der die meisten ihrer Vorschläge sofort
übernahm) aufmerksam machte, gelang es ihr nicht, Klarheit
darüber zu schaffen, was Miss Aylward eigentlich glaubte.
Sie musste sogar sagen, "sie sei eine unakkreditierte Missionarin"
und damit den Verdacht andeutungsweise in den Raum
stellen, sie sei eine Freiberuflerin ohne Credo, die ohne so etwas
Störendes wie das Mysterium des Glaubens predige.
So kam es, dass dieser etwas lahme Film (über zweieinhalb
Stunden in der Original-Version) erst am Schluss bei
der Rettung der chinesischen Kinder zu etwas Leben erwachte,
einer langen Sequenz, die durch Ingrids Weigerung, Herzlichkeit
durch Gemeinplätze zu ersetzen, viel Ausdruckskraft erhielt.
Im übrigen ist diese Herberge mit einer Besetzung von
über Zweitausend Personen überfüllt und glich, wie ein Witzbold
einmal sagte, nichts so sehr wie Cecil B. DeMilles Version
von "Now I Lay Me Down to Sleep".
Was immer auch seine Mängel waren, der Film "Die
Herberge zur sechsten Glückseligkeit" konnte die Rehabilitation
seiner Hauptdarstellerin nicht behindern, denn er fand Ende
der 50er-Jahre grosse Beachtung als inspirierender Film – vielleicht
teils auch vor dem Hintergrund des eskalierenden Kalten
Krieges und dem internationalen Säbelrasseln, das bald überall
zu hören war. Unter anderem spielte eben Deborah Kerr eine
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