Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

ingrid.bergman.ch
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29.01.2013 Aufrufe

und aberhunderte von Menschen waren am Flughafen, um meine Mutter und mich zu sehen. Ich meine, es war wirklich eine Mischung aus Aufregung und vermutlich auch Verlegenheit und Missbehagen." Einige Tage später begaben sie sich nach Santa Marinella, wo Pia den Sommer mit Robertino, Isabella und Ingrid verbrachte. "Manchmal dachte ich, das sei doch lächerlich", fügte Pia bei. "Was soll ich hier? Was würde mein Vater dazu sagen? Sicher hätte er keine Freude daran – er muss gedacht haben, es sei für mich schrecklich gewesen, nach Italien zu kommen und mit diesen drei Kindern zu leben. Trotzdem, ich tat es und dies manchmal mit einem sehr speziellen Gefühl." Alle gaben sich eine enorme Mühe in diesem Sommer, aber die lockere und herzliche Verbundenheit zwischen Ingrid und Pia, wie sie von der Presse geflissentlich verbreitet wurde, war leider eine weitere Illusion. Pia stellte sich als geschickte und flinke Helferin an, lernte mit erstaunlicher Leichtigkeit Italienisch, akzeptierte, dass sie Mamas Aufmerksamkeit mit ihren Halbgeschwistern teilen musste und bewies eine Reife, die ihre Jahre bei weitem übertraf. "Vermutlich suchte ich eine Familie", sagte Pia später, "und im wahrsten Sinne fand ich erstmals eine in jenem Sommer." Aber die Sensibilität beider, von Mutter und Tochter, gestaltete ihr Wiedersehen so delikat, wie sie beide voll Sehnsucht und unausgereifter Liebe füreinander waren. Am 18. August kehrte Pia in ihr College in Amerika zurück, und wenige Tage nachdem sie ihr am Flughafen zum Abschied zugewinkt hatte, kehrte Ingrid zurück um einen andern Reisenden zu treffen – Regisseur Stanley Donen, der herkam, um sie dafür zu gewinnen, mit Cary Grant in einem Film Namens "Kind Sir" aufzutreten. Aber er hatte keine schwierige Aufgabe. "Ich will es Ihnen leicht machen", sagte Ingrid als sie im Rossellini-Apartment ankamen. "Ich werde den Film machen. Ich habe einen Artikel über Sie gelesen, wonach Sie sehr talentiert seien ...und auch Cary will offenbar mit Ihnen arbeiten. Das genügt mir. Aber, Bitte, würden Sie mir sagen, worum es in diesem Film eigentlich geht?" 484

Das war einfach – es ging um nichts weiter als Ingrid Bergman und Cary Grant, die in Technicolor betörend aussehen. Natürlich äusserte Donen nichts dergleichen. Die Geschichte handelt von einem Mann, der um Junggeselle zu bleiben, jeder Frau – vor dem Beginn einer Affäre – erzählt, er sei verheiratet. Er begegnet dann einer erfolgreichen Schauspielerin (Ingrid), die ihn verblendet und, wie sie die Wahrheit über ihn erfährt, den Spiess umdreht. Am Schluss ist klar, dass sie heiraten werden. Viel Lärm um nichts, und die Zensoren hätten ihren Frieden. Nachdem Donen die Geschichte auf seine charmante Art umrissen hatte, bestätigte Ingrid ihre Bereitschaft, die Rolle der Anna Kalman zu übernehmen. Was sie bei dieser schnellen Zustimmung verschwiegen hatte, war, dass sie dringend Geld brauchte. Steuerplanung war ihr aus ihren Lindström-Rossellini-Jahren überhaupt kein Begriff, doch plötzlich musste sie erkennen, dass die französischen Behörden ihre Theatergagen mit massiven Forderungen belegten und dass sich auch Italien ein Anrecht auf Teile davon sicherte. Roberto war in Indien praktisch so arm wie ein Bettler und lieferte dieses Jahr nichts weiter als Liebesgrüsse an seine Kinder; seiner Frau sandte er einfach mehr Rechnungen, die sie zu begleichen hatte. Ingrid sollte für den Film $ 125'000 erhalten und weil sie als Ausländerin galt, nahm die amerikanische Produktionsgesellschaft auch keinen Steuerrückbehalt vor – aber Frankreich und Italien machten happige Forderungen geltend. Während der nächsten Jahre hatte sich Ingrid selbst auf ein ausgewogenes Budget festgelegt, und bis 1961 gelang es ihr, auf einem Schweizer Bankkonto mehrere hunderttausend Dollar zurückzulegen. Was den Titel von Donens Film anbelangt – nun, "Kind Sir" war am Broadway ein verheerender Misserfolg und wurde daher als Titel aufgegeben, und logischerweise mussten sie (nachdem Ingrid unterzeichnet hatte) auch die Vorschläge 'Mister and Mistress' oder 'As Good as Married' oder 'They're not Married' fallenlassen. Kurz bevor die Dreharbeiten diesen Herbst in London begannen, wurde der Titel dann definitiv auf "Indiskret" festgelegt. 485

und aberhunderte von Menschen waren am Flughafen, um<br />

meine Mutter und mich zu sehen. Ich meine, es war wirklich<br />

eine Mischung aus Aufregung und vermutlich auch Verlegenheit<br />

und Missbehagen." Einige Tage später begaben sie sich<br />

nach Santa Marinella, wo Pia den Sommer mit R<strong>ob</strong>ertino, Isabella<br />

und <strong>Ingrid</strong> verbrachte. "Manchmal dachte ich, das sei<br />

doch lächerlich", fügte Pia bei. "Was soll ich hier? Was würde<br />

mein Vater dazu sagen? Sicher hätte er keine Freude daran –<br />

er muss gedacht haben, es sei für mich schrecklich gewesen,<br />

nach Italien zu kommen und mit diesen drei Kindern zu leben.<br />

Trotzdem, ich tat es und dies manchmal mit einem sehr speziellen<br />

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Alle gaben sich eine enorme Mühe in diesem Sommer,<br />

aber die lockere und herzliche Verbundenheit zwischen <strong>Ingrid</strong><br />

und Pia, wie sie von der Presse geflissentlich verbreitet wurde,<br />

war leider eine weitere Illusion. Pia stellte sich <strong>als</strong> geschickte<br />

und flinke Helferin an, lernte mit erstaunlicher Leichtigkeit Italienisch,<br />

akzeptierte, dass sie Mamas Aufmerksamkeit mit ihren<br />

Halbgeschwistern teilen musste und bewies eine Reife, die<br />

ihre Jahre bei weitem übertraf. "Vermutlich suchte ich eine<br />

Familie", sagte Pia später, "und im wahrsten Sinne fand ich<br />

erstm<strong>als</strong> eine in jenem Sommer." Aber die Sensibilität beider,<br />

von Mutter und Tochter, gestaltete ihr Wiedersehen so delikat,<br />

wie sie beide voll Sehnsucht und unausgereifter Liebe füreinander<br />

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Am 18. August kehrte Pia in ihr College in Amerika zurück,<br />

und wenige Tage nachdem sie ihr am Flughafen zum Abschied<br />

zugewinkt hatte, kehrte <strong>Ingrid</strong> zurück um einen andern<br />

Reisenden zu treffen – Regisseur Stanley Donen, der herkam,<br />

um sie dafür zu gewinnen, mit Cary Grant in einem Film Namens<br />

"Kind Sir" aufzutreten. Aber er hatte keine schwierige<br />

Aufgabe. "Ich will es Ihnen leicht machen", sagte <strong>Ingrid</strong> <strong>als</strong> sie<br />

im Rossellini-Apartment ankamen. "Ich werde den Film machen.<br />

Ich habe einen Artikel über Sie gelesen, wonach Sie sehr<br />

talentiert seien ...und auch Cary will offenbar mit Ihnen arbeiten.<br />

Das genügt mir. Aber, Bitte, würden Sie mir sagen, worum<br />

es in diesem Film eigentlich geht?"<br />

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