Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

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29.01.2013 Aufrufe

te Ingrid Otto, der mit seiner Familie ganz in der Nähe wohnte und sagte, sie seien unterwegs. "Lies mir aus der Bibel vor," japste Ellen, "lies die Bibel!" Ingrid fand einen Psalm während sich ihrer Tante Zustand verschlimmerte. "Ich sterbe," wimmerte sie, "oh warum kommen sie nicht, warum kommen sie nicht?" Dann rief sie plötzlich: "Schlüssel – Schlüssel!" Ingrid begriff sofort, was sie damit meinte. Ellen pflegte Besuchern jeweils die Schlüssel aufs Trottoir hinunterzuwerfen, um ihnen den Zugang durch den geschlossenen Haupteingang zu ermöglichen und den Weg abzukürzen. Ingrid war dies im Moment entfallen. Ingrid kehrte sofort zu Tante Ellens Zimmer zurück und nahm sie in die Arme. Einen Moment später packte sie Ingrids Arm mit einem schmerzerfüllten Blick. Sie tat noch einen tiefen Atemzug, ihr Kopf fiel auf Ingrids Brust und sie war tot. Noch nicht fünfzehnjährig hatte Ingrid eine ganze Serie von Familiendramen erlebt, die sie in einen Nebel von Konfusion und Schmerz stürzten. Ihre Verwandten erinnerten sich, dass sie während Monaten wie abwesend war, ihr Blick leer, die Stimme ausdruckslos und trocken. Sie schaffte es, durch stumpfe Erledigung der Aufgaben durch die letzten Schulwochen zu kommen und durch den Versuch, sich wieder an einem andern Ort neu einzurichten: in Otto und Huldas Zweitstock- Wohnung an der Artillerigatan 43, unweit vom Strandvägen entfernt. Kein Wunder, dass sie eine Zeit lang "distanziert, ja sogar kalt und misstrauisch gegenüber jedermann" wurde, wie sie später sagte, zurückgezogen und verängstigt, dass wem immer sie sich zuneigen könnte, ihr wieder brutal entrissen würde. In Onkel Ottos Wohnung musste Ingrid ihr Schlafzimmer mit niemandem teilen, wie ihre Cousins das tun mussten. Der Anwalt ihres Vaters sorgte durch effiziente Verwaltung sowohl des Erbes als auch des Ertrags des Fotogeschäfts am Strandvägen, das weitergeführt wurde, dafür, dass die Bergmans für Ingrids Aufnahme und Pflege grosszügig entschädigt wurden. Sie hatte einen eigenen, sonnigen Raum zur Verfü- 46

gung, gross genug auch für das Klavier der Eltern und Papas Pult und Bilder. Tante Hulda, eine dunkeläugige Frau, die um zehn Jahre älter als ihre 40 aussah, besorgte nun einen Haushalt für acht Personen und überwachte auch das Fotogeschäft. Otto werkelte an seinen Erfindungen, überzeugt, dass er eines Tages ein Patent für ein geniales Gerät haben würde und sie dann alle in eine Villa auf dem Lande ziehen würden. Im Herbst 1931 war Ingrid sechzehn und am Lyzeum bekannt dafür, dass sie ein anderer Mensch wurde, wenn sie Gedichte vortrug oder Dramen inszenierte. Zu dieser Zeit hatte sie bereits ein festes Ziel vor Augen: ihr Leben "bedingungslos dem Theater zu widmen... die neue Sarah Bernhardt zu sein...ich träumte sogar davon, eines Tages in einem Stück mit Gösta Ekman zu spielen." Fortan war ihre Klasse am Lyzeum nur noch ein Hort von Langeweile: "Ich dachte nur an meine Arbeit, meine Ambitionen für das Schauspiel, ich wollte reisen und Neues erleben." "Ich glaube, das Theater war eine Art Versteck für mich. Einsame Menschen in schwierigen Lebensumständen lieben das Theater, weil man sich dort hinter Masken verschanzen kann. Das hilft gegen alles, was einen ängstigt. Was man auf der Bühne spricht, hat man nicht selbst geschrieben und was man zu sein vorgibt, ist man nicht. Es ist eine Flucht." Sie unternahm den ersten kleinen Schritt in Richtung der Verwirklichung ihres Traums im Januar 1932, eine Woche nach einem Weihnachtstreffen mit Greta Danielsson, die Gewicht verloren, ihr Haar blond gefärbt hatte, in der Stimm- und Schauspielschulung war und gelegentlich eine Statistenrolle in einem Film erhielt. So geschah es, dass Greta Ingrid an einem bitterkalten Wintertag ins Studio der Svenska Filmindustri mitnahm, wo sie sofort in einer Massenszene des Films "Landskamp" eingesetzt wurden, dessen Titel sich auf einen internationalen Sportwettkampf bezieht. Die Mädchen waren natürlich nicht registriert (und im Film selbst nicht sichtbar, als er im März jenes Jahres in die Kinos kam), was für Ingrid aber kei- 47

gung, gross genug auch für das Klavier der Eltern und Papas<br />

Pult und Bilder. Tante Hulda, eine dunkeläugige Frau, die um<br />

zehn Jahre älter <strong>als</strong> ihre 40 aussah, besorgte nun einen Haushalt<br />

für acht Personen und überwachte auch das Fotogeschäft.<br />

Otto werkelte an seinen Erfindungen, überzeugt, dass er eines<br />

Tages ein Patent für ein geniales Gerät haben würde und sie<br />

dann alle in eine Villa auf dem Lande ziehen würden.<br />

Im Herbst 1931 war <strong>Ingrid</strong> sechzehn und am Lyzeum<br />

bekannt dafür, dass sie ein anderer Mensch wurde, wenn sie<br />

Gedichte vortrug oder Dramen inszenierte. Zu dieser Zeit hatte<br />

sie bereits ein festes Ziel vor Augen: ihr Leben "bedingungslos<br />

dem Theater zu widmen... die neue Sarah Bernhardt zu<br />

sein...ich träumte sogar davon, eines Tages in einem Stück mit<br />

Gösta Ekman zu spielen." Fortan war ihre Klasse am Lyzeum<br />

nur noch ein Hort von Langeweile: "Ich dachte nur an meine<br />

Arbeit, meine Ambitionen für das Schauspiel, ich wollte reisen<br />

und Neues erleben."<br />

"Ich glaube, das Theater war eine Art Versteck für<br />

mich. Einsame Menschen in schwierigen Lebensumständen<br />

lieben das Theater, weil man sich dort hinter<br />

Masken verschanzen kann. Das hilft gegen alles, was<br />

einen ängstigt. Was man auf der Bühne spricht, hat<br />

man nicht selbst geschrieben und was man zu sein<br />

vorgibt, ist man nicht. Es ist eine Flucht."<br />

Sie unternahm den ersten kleinen Schritt in Rich<strong>tu</strong>ng<br />

der Verwirklichung ihres Traums im Januar 1932, eine Woche<br />

nach einem Weihnachtstreffen mit Greta Danielsson, die Gewicht<br />

verloren, ihr Haar blond gefärbt hatte, in der Stimm- und<br />

Schauspielschulung war und gelegentlich eine Statistenrolle in<br />

einem Film erhielt. So geschah es, dass Greta <strong>Ingrid</strong> an einem<br />

bitterkalten Wintertag ins S<strong>tu</strong>dio der Svenska Filmindustri mitnahm,<br />

wo sie sofort in einer Massenszene des Films "Landskamp"<br />

eingesetzt wurden, dessen Titel sich auf einen internationalen<br />

Sportwettkampf bezieht. Die Mädchen waren natürlich<br />

nicht registriert (und im Film selbst nicht sichtbar, <strong>als</strong> er im<br />

März jenes Jahres in die Kinos kam), was für <strong>Ingrid</strong> aber kei-<br />

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