Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

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29.01.2013 Aufrufe

sollte mit der begeisterten Zustimmung von Fox im folgenden August ausgestrahlt werden. Doch zuvor wollte Sullivan sein Fernsehpublikum auf nationaler Basis befragen. "Es ist euere Entscheidung", verkündete er am 29. Juli 1956. "Schickt mir eine kurze Notiz, ob ihr sie in der Show sehen wollt – und wenn nicht – gut, dann teilt mir das auch mit. Ich will euer Urteil." Überzeugt davon, wie er sagte, "dass sie für ihre Sünden genug gelitten und Busse getan habe (!)" und dass das Publikum Ingrid willkommen heissen würde, empfing er mit der Post auch den Schock: 5'826 Briefe lauteten zugunsten ihres Interviews in der Show, aber 6'433 dagegen. Als etwas einfallsloser aber wortgetreuer Mann hielt sich Sullivan widerstrebend an das Urteil. Ingrid war in den Augen Amerikas alles andere als nachhause zurückkgekehrt, wenn es sich dabei auch nur um die Augen handelte, die Ed Sullivans Show verfolgten und engstirnig genug waren, schriftlich ihre unverminderte Ablehnung zu bekunden. DIE HAUPTSÄCHLICHEN DREHARBEITEN zu "Anastasia" waren Ende August abgeschlossen, anschliessend wurden Schnitt und Montage durchgepeitscht, damit der Film im Dezember erscheinen konnte. Dann eilte Ingrid zu den Lesungen und Proben für "Tee und Mitgefühl" mit Regisseur Jean Mercure und den Co-Stars Yves Vincent und Jean Loup Philippe nach Paris zurück. Dort fand sie Roberto frostig, in sich gekehrt und übelgelaunt bei den Vorbereitungen zu seiner lange aufgeschobenen Reise nach Indien. Alles scheine sich gegen ihn zu wenden, erklärte er, als Ingrid auf einer Erklärung für seine missmutige Verfassung bestand. Andererseits wusste sie natürlich, dass ihre Ehe gefährdet war, wenn sie mit "Tee und Mitgefühl" fortfahren würde. "Dass Roberto und ich so lange zusammenblieben, geschah ausschliesslich der Kinder wegen", sagte sie nicht lange danach. "Er will, dass ich dieses nicht tu, er will, dass ich jenes nicht tu. Aber zur Abwechslung übernehme ich jetzt die Verantwortung einmal für mich selbst." 466

Die Proben begannen zögerlich, denn Ingrid stolperte gelegentlich über die französischen Übersetzungen von Roger Ferdinand. Dann, am Samstag, 10. November, fühlte sie sich krank und behauptete, es handle sich um nichts weiter als eine Verdauungsstörung. Drei Tage später konnte sie ihre Leibschmerzen, die sich durch weitere böse Symptome verstärkt hatten, nicht mehr überspielen. Am 14. November unterzog sich Ingrid im American Hospital in Neuilly einer Blinddarmoperation. Sie blieb dort für eine Woche – und lernte ihre Rolle als Laura. Inzwischen neigte sich in Amerika die lange Leidenszeit von Robert Andersons Frau Phyllis dem Ende zu; sie erlag ihrem Krebsleiden am 28. November nach einem bittern, fünfjährigen Kampf, während dem ihr Mann es irgendwie schaffte, seinen beruflichen Pflichten nachzukommen und sich gleichzeitig ihrer Pflege zu widmen. Damals neununddreissigjährig, kämpfte Anderson nicht nur mit den im Zusammenhang mit dem Todesfall anstehenden Aufgaben und Formalitäten, sondern auch mit seinem tiefen Leid, das ihn an den Rand eines Zusammenbruchs führte, wovor ihn einzig die Aufmerksamkeit seiner Freunde und Familie bewahrte. Die Weihnachtsfeiertage standen bevor, weshalb Kay Ingrid anrief und Ingrid Anderson telephonierte: "Ich denke, du gehörst während dieser schwierigen Zeit hierher", sagte sie ihm, "es ist Weihnacht und das Theater wird dir ein familiäres Umfeld bieten." Und so wurde im Raphael-Hotel ein Zimmer für ihn gebucht. "Tee und Mitgefühl" wurde für den Autor wie für die Hauptdarstellerin zu einem gewaltigen Triumph. Das zwölfhundertköpfige Publikum holte Ingrid für 15 Vorhänge zurück, und sie erhielt ausgezeichnete Kritiken. In dieser Nacht verharrten Massen von Menschen noch Stunden nach der Vorstellung vor dem Theater in der Hoffnung auf einen kurzen Blick auf eine Frau, die in der Lichterstadt zu keiner Zeit in Ungnade gefallen war. Die Kritiker beteten sie an, bis hin zur totalen Ignorierung ihres schweren Akzents in der französischen Sprache, was übrigens zu derart heiteren Flops führte, wie dass sie den jungen Tom statt korrekt als "champion" als "champig- 467

sollte mit der begeisterten Zustimmung von Fox im folgenden<br />

August ausgestrahlt werden. Doch zuvor wollte Sullivan sein<br />

Fernsehpublikum auf nationaler Basis befragen. "Es ist euere<br />

Entscheidung", verkündete er am 29. Juli 1956. "Schickt mir<br />

eine kurze Notiz, <strong>ob</strong> ihr sie in der Show sehen wollt – und<br />

wenn nicht – gut, dann teilt mir das auch mit. Ich will euer<br />

Urteil." Überzeugt davon, wie er sagte, "dass sie für ihre Sünden<br />

genug gelitten und Busse getan habe (!)" und dass das<br />

Publikum <strong>Ingrid</strong> willkommen heissen würde, empfing er mit<br />

der Post auch den Schock: 5'826 Briefe lauteten zugunsten<br />

ihres Interviews in der Show, aber 6'433 dagegen. Als etwas<br />

einfallsloser aber wortgetreuer Mann hielt sich Sullivan widerstrebend<br />

an das Urteil. <strong>Ingrid</strong> war in den Augen Amerikas alles<br />

andere <strong>als</strong> nachhause zurückkgekehrt, wenn es sich dabei<br />

auch nur um die Augen handelte, die Ed Sullivans Show verfolgten<br />

und engstirnig genug waren, schriftlich ihre unverminderte<br />

Ablehnung zu bekunden.<br />

DIE HAUPTSÄCHLICHEN DREHARBEITEN zu "Anastasia"<br />

waren Ende August abgeschlossen, anschliessend wurden<br />

Schnitt und Montage durchgepeitscht, damit der Film im Dezember<br />

erscheinen konnte. Dann eilte <strong>Ingrid</strong> zu den Lesungen<br />

und Pr<strong>ob</strong>en für "Tee und Mitgefühl" mit Regisseur Jean<br />

Mercure und den Co-Stars Yves Vincent und Jean Loup Philippe<br />

nach Paris zurück. Dort fand sie R<strong>ob</strong>erto frostig, in sich<br />

gekehrt und übelgelaunt bei den Vorberei<strong>tu</strong>ngen zu seiner<br />

lange aufgesch<strong>ob</strong>enen Reise nach Indien. Alles scheine sich<br />

gegen ihn zu wenden, erklärte er, <strong>als</strong> <strong>Ingrid</strong> auf einer Erklärung<br />

für seine missmutige Verfassung bestand. Andererseits<br />

wusste sie natürlich, dass ihre Ehe gefährdet war, wenn sie<br />

mit "Tee und Mitgefühl" fortfahren würde. "Dass R<strong>ob</strong>erto und<br />

ich so lange zusammenblieben, geschah ausschliesslich der<br />

Kinder wegen", sagte sie nicht lange danach. "Er will, dass ich<br />

dieses nicht <strong>tu</strong>, er will, dass ich jenes nicht <strong>tu</strong>. Aber zur Abwechslung<br />

übernehme ich jetzt die Verantwor<strong>tu</strong>ng einmal für<br />

mich selbst."<br />

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