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Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

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te <strong>Ingrid</strong> Otto, der mit seiner Familie ganz in der Nähe wohnte<br />

und sagte, sie seien unterwegs.<br />

"Lies mir aus der Bibel vor," japste Ellen, "lies die Bibel!"<br />

<strong>Ingrid</strong> fand einen Psalm während sich ihrer Tante Zustand<br />

verschlimmerte. "Ich sterbe," wimmerte sie, "oh warum kommen<br />

sie nicht, warum kommen sie nicht?" Dann rief sie plötzlich:<br />

"Schlüssel – Schlüssel!" <strong>Ingrid</strong> begriff sofort, was sie damit<br />

meinte. Ellen pflegte Besuchern jeweils die Schlüssel aufs<br />

Trottoir hinunterzuwerfen, um ihnen den Zugang durch den<br />

geschlossenen Haupteingang zu ermöglichen und den Weg<br />

abzukürzen. <strong>Ingrid</strong> war dies im Moment entfallen.<br />

<strong>Ingrid</strong> kehrte sofort zu Tante Ellens Zimmer zurück und<br />

nahm sie in die Arme. Einen Moment später packte sie <strong>Ingrid</strong>s<br />

Arm mit einem schmerzerfüllten Blick. Sie tat noch einen tiefen<br />

Atemzug, ihr Kopf fiel auf <strong>Ingrid</strong>s Brust und sie war tot.<br />

Noch nicht fünfzehnjährig hatte <strong>Ingrid</strong> eine ganze Serie<br />

von Familiendramen erlebt, die sie in einen Nebel von Konfusion<br />

und Schmerz stürzten. Ihre Verwandten erinnerten sich,<br />

dass sie während Monaten wie abwesend war, ihr Blick leer,<br />

die Stimme ausdruckslos und trocken. Sie schaffte es, durch<br />

s<strong>tu</strong>mpfe Erledigung der Aufgaben durch die letzten Schulwochen<br />

zu kommen und durch den Versuch, sich wieder an einem<br />

andern Ort neu einzurichten: in Otto und Huldas Zweitstock-<br />

Wohnung an der Artillerigatan 43, unweit vom Strandvägen<br />

entfernt. Kein Wunder, dass sie eine Zeit lang "distanziert, ja<br />

sogar kalt und misstrauisch gegenüber jedermann" wurde, wie<br />

sie später sagte, zurückgezogen und verängstigt, dass wem<br />

immer sie sich zuneigen könnte, ihr wieder brutal entrissen<br />

würde.<br />

In Onkel Ottos Wohnung musste <strong>Ingrid</strong> ihr Schlafzimmer<br />

mit niemandem teilen, wie ihre Cousins das <strong>tu</strong>n mussten.<br />

Der Anwalt ihres Vaters sorgte durch effiziente Verwal<strong>tu</strong>ng<br />

sowohl des Erbes <strong>als</strong> auch des Ertrags des Fotogeschäfts am<br />

Strandvägen, das weitergeführt wurde, dafür, dass die <strong>Bergman</strong>s<br />

für <strong>Ingrid</strong>s Aufnahme und Pflege grosszügig entschädigt<br />

wurden. Sie hatte einen eigenen, sonnigen Raum zur Verfü-<br />

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