Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman
Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman
sie (ohne Ehemann) für eine Gruppe allerliebster Kinder sorgt und jedermann auffordert, Kinder bis zum Geht-nicht-mehr zu zeugen. Bei seinem Erscheinen im folgenden Jahr fand "Europa 51" bei den Italienern Gefallen und wurde zum grossen Erfolg. Aber überall sonst wurde der Film nur ignoriert, und es fällt nicht schwer, den Grund dafür zu finden. Auf jeden Fall sahen die Rossellinis keine Lira Profit daraus, denn Roberto hatte seine Rechte daran verkauft, um Schulden bezahlen zu können. Darin lag eine traurige Ironie, denn einige von Robertos engsten Teilhabern gingen davon aus, dass er Ingrid in diesem Film im Interesse der Kasseneinnahmen eingesetzt habe. Als er schliesslich unter dem Titel "The Greatest Love" 1954 nach Amerika kam, war es in den vergangenen vier Jahren (seit "Stromboli") der erste Ingrid Bergman-Film, der dort wieder zu sehen war. Wie das Publikum damals und später feststellte, zeigte der Film (aufgenommen, als sie 36 war) eine Stärke und reife Schönheit in Ingrid, die noch während Jahren Bestand haben sollte. Die Produktion von "Europa 51" war ein Albtraum. Von Roberto instruiert, ihren Dialog zu erfinden, während die Szene gedreht wurde, fand sie keine Worte. Sie versuchte es, aber gute Schauspieler brauchen eben gute Autoren und ihr wurde keiner gegeben. Verschlimmert wurde die Sache noch durch den Umstand, dass Rom im Griff einer entsetzlichen Hitzewelle war, weshalb Roberto beschloss, nachts zu drehen und die Schauspieler tagsüber zu Bett zu schicken – obwohl Ingrid während des Tages bei Robertino sein wollte. Ausserdem fiel sie einer schweren Erkältung zum Opfer, die sie während Wochen nicht los wurde. Und schliesslich und endlich mussten die Dreharbeiten diesen Herbst mit aller Eile vorangetrieben werden bevor sich Ingrids Erscheinung dramatisch veränderte: sie war wieder schwanger. Wie sie ihren Freunden erzählte, gehörten die Geburten und die Erziehung von Rossellinis Kindern zu den glücklichsten Erfahrungen ihrer Zeit in Italien. Die Filme allerdings nicht. 444
ALS SIE HOLLYWOOD VERLIESS, machte sich Ingrid grosse Hoffnungen auf eine neue Aera ihrer Karriere, aber von Anfang an war klar, dass sie sich hinsichtlich ihrer Tauglichkeit für Rossellinis Arbeitsweise schwer verschätzt hatte. Die Produktion von "Stromboli" ist zu einer schrecklichen Enttäuschung geraten – doch Ingrid war bereits schwanger und auf Rossellini als die einzige Quelle angewiesen, die ihr Kraft und Schutz bot. Die Filme, die sie danach mit ihm drehte, waren gleichermassen enttäuschend, und – noch nicht ganz vierzig – akzeptierte sie gefasst, dass sie die Kontrolle über den weiteren Verlauf ihrer Karriere verloren hatte. Da sass sie also – ihre Karriere blockiert, ihre Talente unterfordert und unbeachtet, die Beziehung zu ihrer Tochter in Gefahr, ihre weltweite Popularität im Schwinden begriffen, ihre einzige Beschäftigung die Haushaltaufgaben einer bürgerlichen Mutter. Am schlimmsten aber der Umstand, dass die Ehe, für die sie so viel aufgegeben hatte, schnell schal wurde und ihr Roberto, wie sehr sie dringend auf einen finanziellen Erfolg angewiesen gewesen wären, nicht erlaubte, mit einem andern Regisseur zu arbeiten – was sie im Interresse ihrer gegenseitigen Beziehung auch nicht erzwingen wollte. Mit andern Worten: ihre derzeitige Lage war nichts anderes als eine Variante zu ihrer Ehe mit Petter. Als Künstlerin war Ingrid immer gierig auf Arbeit – oder dann auf's Reisen, wenn kein Projekt sie beschäftigte. Jene Projekte, die in den frühen Fünfzigerjahren auf sie zukamen, liessen befürchten, dass sie angesichts des plötzlichen Verblassens ihrer Karriere zusehends von ihrem Ehemann wegdriftete. Doch trotz ihres momentanen beruflichen Elends und des Umstands, dass ihr ihre Mutterpflichten keinen genügenden Ersatz dafür boten, hatte sich in ihrem Verhalten etwas geändert. Sie war fast verbissen entschlossen, dieser Ehe nun den Bestand zu sichern und sich ausserdem als gute Mutter zu erweisen. Und so übernahm sie klaglos die wohl ungewöhnlichste Rolle ihres Lebens, die der Signora Rossellini, der sie sich auch mit Brillanz als gewachsen erwies. 445
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sie (ohne Ehemann) für eine Gruppe allerliebster Kinder sorgt<br />
und jedermann auffordert, Kinder bis zum Geht-nicht-mehr zu<br />
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Bei seinem Erscheinen im folgenden Jahr fand "Europa<br />
51" bei den Italienern Gefallen und wurde zum grossen Erfolg.<br />
Aber überall sonst wurde der Film nur ignoriert, und es fällt<br />
nicht schwer, den Grund dafür zu finden. Auf jeden Fall sahen<br />
die Rossellinis keine Lira Profit daraus, denn R<strong>ob</strong>erto hatte<br />
seine Rechte daran verkauft, um Schulden bezahlen zu können.<br />
Darin lag eine traurige Ironie, denn einige von R<strong>ob</strong>ertos<br />
engsten Teilhabern gingen davon aus, dass er <strong>Ingrid</strong> in diesem<br />
Film im Interesse der Kasseneinnahmen eingesetzt habe. Als<br />
er schliesslich unter dem Titel "The Greatest Love" 1954 nach<br />
Amerika kam, war es in den vergangenen vier Jahren (seit<br />
"Stromboli") der erste <strong>Ingrid</strong> <strong>Bergman</strong>-Film, der dort wieder<br />
zu sehen war. Wie das Publikum dam<strong>als</strong> und später feststellte,<br />
zeigte der Film (aufgenommen, <strong>als</strong> sie 36 war) eine Stärke<br />
und reife Schönheit in <strong>Ingrid</strong>, die noch während Jahren Bestand<br />
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Die Produktion von "Europa 51" war ein Albtraum. Von<br />
R<strong>ob</strong>erto instruiert, ihren Dialog zu erfinden, während die Szene<br />
gedreht wurde, fand sie keine Worte. Sie versuchte es,<br />
aber gute Schauspieler brauchen eben gute Autoren und ihr<br />
wurde keiner gegeben. Verschlimmert wurde die Sache noch<br />
durch den Umstand, dass Rom im Griff einer entsetzlichen<br />
Hitzewelle war, weshalb R<strong>ob</strong>erto beschloss, nachts zu drehen<br />
und die Schauspieler tagsüber zu Bett zu schicken – <strong>ob</strong>wohl<br />
<strong>Ingrid</strong> während des Tages bei R<strong>ob</strong>ertino sein wollte. Ausserdem<br />
fiel sie einer schweren Erkäl<strong>tu</strong>ng zum Opfer, die sie während<br />
Wochen nicht los wurde. Und schliesslich und endlich<br />
mussten die Dreharbeiten diesen Herbst mit aller Eile vorangetrieben<br />
werden bevor sich <strong>Ingrid</strong>s Erscheinung dramatisch<br />
veränderte: sie war wieder schwanger. Wie sie ihren Freunden<br />
erzählte, gehörten die Geburten und die Erziehung von Rossellinis<br />
Kindern zu den glücklichsten Erfahrungen ihrer Zeit in<br />
Italien. Die Filme allerdings nicht.<br />
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