Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

ist – und in Wirklichkeit ein viel ungeheuerlicheres Symptom
für Amerikas verkommene Religiosität darstellte. Die obern
Zehntausend hielten sich in der Regel still, denn im amerikanischen
Leben fand sich keine Zeit, die unkonventionellen Opfer
des moralischen Sumpfs zu verteidigen. *)
Gleichzeitig beantragte der Kirchenrat in Bellingham,
Washington, und in Memphis, Tennessee, den beiden Stadtparlamenten
mit Erfolg, "Stromboli" von diesen Städten zu
verbannen. In Chicago liess Bundesrichter Michael L. Igoe ein
früheres Gesetz wiederaufleben, das die Laufzeit erfolgreicher
Filme im Stadtzentrum auf zwei Wochen beschränkte, wonach
sie in den Vorstädten gezeigt werden konnten. Er tat dies gezielt
im Hinblick auf "Stromboli" , wobei er gleichzeitig Walt
Disneys "Aschenputtel" von dieser Verordnung ausklammerte,
welcher Film, wie er sagte, so lange laufen dürfe, als er Publikum
finde. Alles in allem 5,5 Millionen amerikanische Clubfrauen
verlangten den Boykott von Ingrid Bergmans Filmen.
Und im eiligen Bestreben, sich Amerika gefällig zu zeigen,
wurde der Frauenclub von Manila durch die Regierung genötigt,
die Ächtung aller Filme Ingrids auf den Philippinen zu
verkünden.
Bemerkenswert aber ist, dass in Rom Il Popolo – die
Zeitung der katholischen Partei – die Amerikanischen Verurteilungen
als "einen von langer Hand vorbereiteten, kannibalischen
Angriff gegen Miss Bergman" betrachtete, und sich die
Vatikan-Zeitung jeder kritischen Bemerkung gegen "Stromboli"
enthielt. Dennoch, ein alter, zäher Kirchenmann namens
Monsignore Dino Staffa fuhr fort, auf Robertos und Ingrids
unmoralischen Lebenswandel einzuhämmern, wobei seine
Meinung fälschlicherweise als die offizielle Stellungnahme der
kirchlichen Institutionen weltweit aufgefasst wurde. Tatsache
ist, dass in Europa – aber nicht in Amerika – der Klerus sich
um seine eigenen Angelegenheiten kümmerte. Und sogar in
*) Marion Davies, selbst Opfer von Moralzensur als sie die Geliebte von
William Randolph Hearst war, sandte Ingrid als Erste ein Zeichen der
Sympathie und Solidarität.
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