Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

ingrid.bergman.ch
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29.01.2013 Aufrufe

jetzt möchte ich erwachsen werden, und Petter will nicht den Weg gehen, den ich gehe. 388 Du siehst, ich bin ein Wandervogel", fuhr sie fort. Seit meiner Kleinmädchenzeit habe ich immer nach Neuem gesucht – ich sehnte mich nach grossen Abenteuern. Was immer ich hatte, sah und erlebte, war mir nicht genug. Ich habe immer versucht, die Trivialität der Suche nach dem Glück zu ignorieren, aber ich wusste nie, was mir Glück und Frieden geben würde. Ich suchte und suchte, wechselte und veränderte. Und so lief es auch mit meiner Arbeit. Ich wechselte die Rollen, wechselte meinen Typ und ging von Studio zu Studio, um neue Menschen zu finden, mit welchen ich arbeiten konnte, die mich weiterbringen und mir helfen konnten, mein Reifeziel zu erreichen. Und Petter wusste, wie rastlos ich war. Dann traf ich Rossellini, und in ihm fand ich einen andern Wandervogel. Er wuchs wie eine Wildkatze auf und ist mit nichts je zufrieden. Was man über seine Frauen sagt, ist ebenfalls nicht übertrieben. Aber jetzt hat er eine getroffen, von der er sagt, sie verstehe ihn. Und mit ihm habe ich nun die Welt, die ich sehen wollte. Über Fleming und "Joan" war in der Presse kein Wörtchen zu lesen. Aber Fleming lebte nicht mit ihr zusammen, dinierte nicht täglich mit ihr und verschlang sie inmitten der Hollywooder Gesellschaft mit seinen Blicken. Nun brachte Geschwätz in- und ausserhalb der Printmedien den Gerüchtekessel schon zum Brodeln. Sie sah zu jener Zeit noch nicht mehr als "das grosse Abenteuer" von Italien, Rossellini, "Terra di Dio", die Verbindung von Arbeit und Liebe, neue Erfahrungen neben einem neuen Vater-mit-einer-Kamera. "Sie hatte keine Ahnung, was geschehen würde", sagte ihr dritter Ehemann Lars Schmidt nach Jahrzehnten. "Natürlich wussten sie und Lindström, dass ihre Ehe vorbei war, aber darüber, wie sie damit umgehen wollten, bestand bei beiden

noch überhaupt keine Klarheit. Die Behauptung, sie wollte ihre Tochter für immer verlassen, ist absurd. Schliesslich hatte sie eben einen Film in London gedreht, wo sie von Mann und Tochter besucht wurde – so hatte sie allen Grund zur Annahme, dies werde wieder geschehen." Und dann gab es solche Trennungen ja schon zuvor – vor allem 1939, als sie Petter und Pia verliess, um in Hollywood "Intermezzo" zu drehen, und 1946, als sie am Broadway war. Überdies kam Ingrid mit lächerlich wenig Geld und nur ganz bescheidener Garderobe in Rom an; wegen des unbeständigen Wetters in Italien in jenem Frühjahr hatte sie klugerweise ihren Pelzmantel mitgenommen, den sie in Hollywood praktisch nie brauchte. "Sie kam nach Italien mit was sie gerade zu einem Kleiderwechsel benötigte", sagte der amerikanische Schriftsteller Art Cohn, der Rossellini begleitete, als Ingrid in Rom ankam, und der mit ihm am Drehbuch für diesen Film arbeitete. "Sie mag ja Geld gemacht haben, aber sie sah nicht danach aus, als hätte sie welches – und ich will nicht darüber spekulieren, wer das Geld hatte, das sie hätte haben sollen." Selbst Lindström gab zu, dass Ingrids Abreise auf ihre baldige Rückkehr schliessen liess: "Als Letztes wählte sie vor der Abreise noch die Tapete für das neue Kinderzimmer aus. Wir wünschten uns noch ein zweites Kind (Empfängnis irgendwann später im Jahr)." Mit andern Worten: sie glaubte, sie würde für höchstens drei oder vier Monate weg sein. Ingrids Empfang in Italien war alles andere als feindselig: nach den schweren Entbehrungen der Kriegszeit, der anschliessenden Besetzung durch die Alliierten, dem verbreiteten Zerfall und der Korruption im Nachkriegs-Rom, brachte Rossellini den grössten Weltstar ins Land. Über Nacht war Ingrid Roms grosse Trophäe, romantische Kriegsbeute. "Man hatte das Gefühl", sagte Federico Fellini, " sie sei wie eine Märchen- Patin, die eben nach Rom gekommen war. Man könne von ihr alles erwarten. Sie könne Wunder für uns wirken, wie eine Walt Disney-Figur. Das machte sie so faszinierend." 389

noch überhaupt keine Klarheit. Die Behaup<strong>tu</strong>ng, sie wollte ihre<br />

Tochter für immer verlassen, ist absurd. Schliesslich hatte sie<br />

eben einen Film in London gedreht, wo sie von Mann und<br />

Tochter besucht wurde – so hatte sie allen Grund zur Annahme,<br />

dies werde wieder geschehen." Und dann gab es solche<br />

Trennungen ja schon zuvor – vor allem 1939, <strong>als</strong> sie Petter<br />

und Pia verliess, um in Hollywood "Intermezzo" zu drehen,<br />

und 1946, <strong>als</strong> sie am Broadway war.<br />

Überdies kam <strong>Ingrid</strong> mit lächerlich wenig Geld und nur<br />

ganz bescheidener Garder<strong>ob</strong>e in Rom an; wegen des unbeständigen<br />

Wetters in Italien in jenem Frühjahr hatte sie klugerweise<br />

ihren Pelzmantel mitgenommen, den sie in Hollywood<br />

praktisch nie brauchte. "Sie kam nach Italien mit was sie<br />

gerade zu einem Kleiderwechsel benötigte", sagte der amerikanische<br />

Schriftsteller Art Cohn, der Rossellini begleitete, <strong>als</strong><br />

<strong>Ingrid</strong> in Rom ankam, und der mit ihm am Drehbuch für diesen<br />

Film arbeitete. "Sie mag ja Geld gemacht haben, aber sie<br />

sah nicht danach aus, <strong>als</strong> hätte sie welches – und ich will nicht<br />

darüber spekulieren, wer das Geld hatte, das sie hätte haben<br />

sollen." Selbst Lindström gab zu, dass <strong>Ingrid</strong>s Abreise auf ihre<br />

baldige Rückkehr schliessen liess: "Als Letztes wählte sie vor<br />

der Abreise noch die Tapete für das neue Kinderzimmer aus.<br />

Wir wünschten uns noch ein zweites Kind (Empfängnis irgendwann<br />

später im Jahr)." Mit andern Worten: sie glaubte,<br />

sie würde für höchstens drei oder vier Monate weg sein.<br />

<strong>Ingrid</strong>s Empfang in Italien war alles andere <strong>als</strong> feindselig:<br />

nach den schweren Entbehrungen der Kriegszeit, der anschliessenden<br />

Besetzung durch die Alliierten, dem verbreiteten<br />

Zerfall und der Korruption im Nachkriegs-Rom, brachte Rossellini<br />

den grössten Weltstar ins Land. Über Nacht war <strong>Ingrid</strong><br />

Roms grosse Trophäe, romantische Kriegsbeute. "Man hatte<br />

das Gefühl", sagte Federico Fellini, " sie sei wie eine Märchen-<br />

Patin, die eben nach Rom gekommen war. Man könne von ihr<br />

alles erwarten. Sie könne Wunder für uns wirken, wie eine<br />

Walt Disney-Figur. Das machte sie so faszinierend."<br />

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