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Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

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St. Mary's", wo <strong>Ingrid</strong> Bing Crosby gegenüberstand. Sie hatte<br />

nichts gegen McCarey: seine Story hielt sich an die Vorlage.<br />

Aber Rossellini hatte ihr erfassbare Menschen gezeigt, die mit<br />

gnadenlosen Dilemmen konfrontiert werden, die nicht im<br />

Handumdrehen oder mit einem Klischee zu lösen waren.<br />

Jetzt nach "Paisà" war <strong>Ingrid</strong> mehr denn je überzeugt<br />

davon, dass Rossellini, der seine Schauspieler immer dem<br />

Thema unterordnete und sich nie zum reinen Glanz herabliess,<br />

der Schlüssel zur Überwindung ihres Missbehagens wäre. Sie<br />

hatte mit Erfolg in drei verschiedenen nationalen Filmkul<strong>tu</strong>ren<br />

gearbeitet – warum nicht in einer vierten? Sie hatte Deutsch<br />

und Englisch gelernt – warum nicht auch Italienisch? An diesem<br />

Nachmittag ignorierte <strong>Ingrid</strong> den schlaffen Verlauf des<br />

Films und die laienhaftigkeit seiner hölzernen Darsteller (meist<br />

Leute, die der Regisseur in den Strassen von Rom aufgegabelt<br />

hatte): stattdessen sah sie geradewegs das Ziel, das Rossellini<br />

verfolgte – Ehre vor Nutzen. Die Person der Bäuerin Carmela,<br />

die irrtümlicherweise zur Märtyrerin wird, und von Harriett, der<br />

heroischen Krankenschwester, berührten eine Schauspielerin,<br />

die Jeanne d'Arc verehrt, tief; sie sah erstm<strong>als</strong> was ein Regisseur,<br />

der den Einschränkungen von Hollywoods leichter Unterhal<strong>tu</strong>ng<br />

nicht unterworfen ist, zustandebringen konnte.<br />

"Open City" war fraglos der bedeutendere Film, aber<br />

"Paisà" (der ebenfalls von Fellinis Mitarbeit profitierte) hatte<br />

Momente der Grösse, deren Kraft von der visuellen und emotionalen<br />

Intimität und der Komplexität herrührte, ambitionierte<br />

aber stets ehrliche Portraits von Menschen wie Francesca, ein<br />

unschuldiges Mädchen, das durch bittere Notwendigkeit zur<br />

Prosti<strong>tu</strong>tion gezwungen wurde. Sie trifft zufällig mit ihrem alten<br />

Jugendfreund zusammen, der sie nicht mehr erkennt und<br />

sie verlässt, ohne ihre wahre Identität erfahren zu haben. Eine<br />

Geschichte der verlorenen und später ersehnten Tugend ging<br />

<strong>Ingrid</strong>, der weder Affären noch Ehen wirkliche Sicherheit verschafft<br />

haben, stark unter die Haut. Sicherheit fand sie nur in<br />

ihrer Arbeit. Aber das zu erwartende Schicksal ihres Films über<br />

Jeanne d'Arc liess vermuten, dass sie selbst mit ihrer Arbeit<br />

auf dem f<strong>als</strong>chen Weg war.<br />

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