Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

ekstatisch. "Er weiss, wir schliessen das Kapitel ab", schrieb
Ingrid an Ruth. "Wir trinken unsere letzten Flaschen Champagner.
Ich reisse ein mir sehr liebes Stück aus meinem Leben,
aber wir lernen beide und machen eine saubere Operation,
damit beide Patienten für alle Zeiten danach glücklich leben
können."
Allerdings, soweit es den echten Chirurgen in ihrem Leben
betraf, war die Prozedur nicht so problemlos. Nicht lange
nach Capas letzter Liebesnacht mit Ingrid rannte er Petter in
die Arme. Die Berichte darüber divergieren je nach Autor etwas;
Ehemann, Frau und Liebhaber bringen es zusammen auf
mindestens acht Versionen über Zeit und Ort, wo sich die beiden
Männer begegneten. Das wahrscheinlichste Szenario war
die zufällige Begegnung später in jenem Winter in Sun Valley,
wo Capa und Lindström ein paar Urlaubstage verbrachten. Eines
Tages erteilte Capa Lindström auf der Piste einen guten
Rat bezüglich seines Fahrstils, den er aber ablehnte, worauf
Capa hinzufügte, dass auch Ingrid Ferien nötig hätte – sie sei
ihm in New York so blass und müde vorgekommen.
Mit diesem Ausrutscher Capas wusste Petter natürlich
Bescheid über alles, und als er Ingrid spät an diesem Abend
noch anrief, gestand sie ihm alles freimütig. Nun war es an
Petter, die Scheidung zu verlangen, was sie aber sofort ablehnte
und ihrem Mann auch das erzählte, worüber Capa geschwiegen
hatte: dass die Affäre Geschichte war. Ingrid war
auch nicht Willens, Mann und Liebhaber zu verlieren und mit
ihnen das letzte Stück emotionaler Sicherheit – ganz zu
schweigen von den Risiken für ihre Karriere (da Petter bestimmt
auf Ehebruch klagen würde).
Wenige Tage nach ihrem Gespräch mit Petter, während
welchem er ihr auch ein Treueversprechen abgerungen hatte,
öffnete Ingrid die Tür zu ihrer Theatergarderobe und stand vor
Victor Fleming. Seit der Beendigung von "Dr. Jekyll und Mr.
Hide" vor sechs Jahren hatte sie ihn nur gelegentlich gesehen,
bei Parties oder Filmanlässen. Ihre Vernarrtheit war inzwischen
natürlich abgekühlt – nicht aber ihre Erinnerung an sein Talent
und seine dominante Art.
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