Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

üstung wurden in Presse und Radio vernommen, wann immer
eine Berühmtheit sich scheiden liess, beschwipst in einem Lokal
gesehen wurde oder ihre Meinung zu etwas Ernsterem als
der Mode der Saison äusserte. Der puritanische Geist, der im
amerikanischen Leben nie weit unter der Oberfläche lauert,
war selbstsicher im Angriff, wobei die Reichen und Berühmten
immer eine willkommene Zielscheibe boten. Wäre 1947 etwas
von Ingrid Bergmans Privatleben an die Öffntlichkeit gedrungen,
wäre ihr Stern schnell verblasst und sie wäre womöglich
noch ausser Landes verjagt worden.
Aber auch Puritaner brauchen rechtschaffene Leute als
Vorbilder (eine spätere Generation nannte sie 'role models'),
und vorderhand schien Ingrid Bergman dieser Aufgabe zu genügen.
Unter verschiedenen erstaunlichen Anfragen, die dieses
Jahr an sie herangetragen wurden, ist eine als typisch zu
bezeichnen.
Ein Geistlicher aus Philadelphia erschien in New York,
machte Joe Steele ausfindig und fragte, ob es nicht zu arrangieren
wäre, dass Ingrid Bergman für eine Büste der Heiligen
Jeanne d'Arc posieren würde, die vor seiner Gemeindekirche
aufgestellt werden sollte. Ohne Rücksprache mit seiner Kundin
antwortete Joe respektvoll, sie sei immerhin eine Schauspielerin;
die Anfrage scheine ihm daher - nun, vielleicht nicht hundertprozentig
angemessen. Als Joe Ingrid davon erzählte, war
sie eher entsetzt als belustigt: angenommen, sie würde einmal
öffentlich denunziert oder ein Hauch von einem Skandal bekannt!
Allein der Gedanke daran, dass die Büste der Jeanne
d'Arc in Philadelphia von ihrem Sockel gestürzt und in Stücke
zerschmettert würde, wäre für sie unerträglich.
Die gelegentliche Anwesenheit von Robert Capa im Dezember
und anfangs Januar im Leben von Amerikas
unkanonisierter Heiligen hätte dem Feind genügend Munition
zu Ingrid Bergmans Zerstörung geliefert. Mehrfach begleitete
er Ingrid von der Bühne bis zu ihrer Hotelsuite, aus welcher er
dann Stunden später – knapp vor Morgengrauen – unbehelligt
entkommen konnte. Aber nicht alle ihre Rendez-vous waren
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