Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

über die reine Politik hinausgingen, ihr Leben lang derart indifferent
sein konnte.
Capa, der auf dem Weg zu seinem Auftragsziel in der
Türkei war, sandte Ingrid zur Premiere in Washington eine
einzelne weisse Rose. "Meine weisse Rose habe ich nahe bei
mir", kabelte sie zurück. Aber emotional war er ihr weit weniger
nah. Wie viele Liebhaber, die fürchten, ihr sukzessiver
Rückzug werde nicht durch einen verzweifelten Kampf beantwortet,
begann er sich Gedanken zu machen. "London ist so
ruhig und leer", schrieb er Ingrid eine Woche danach, "aber
Europa ist so viel realer und erfrischender nach den Staaten.
Wann immer ich eine Bar besuche, ein Theater oder einen
Spaziergang durch die vernebelten Strassen mache, will ich
dich neben mir sehen." Aber seine Unfähigkeit, aus ihr etwas
mehr als eine Mätresse zu machen, und ihre Weigerung, ihre
Karriere aufzugeben um mit ihm um die Welt zu tingeln, haben
ihren Tribut verlangt; die Beziehung sollte nicht mehr lange
dauern, doch konnte Ingrid die Umstände noch nicht erahnen,
unter welchen sie zu Ende ginge.
AM 18. NOVEMBER HATTE "JOAN OF LORRAINE" im
Alvin in New York Premiere und fügte sich damit in eine bemerkenswerte
Broadway-Saison ein, die insgesamt neunundsiebzig
neue Programme umfasste (u.a. "State of the Union",
"Born Yesterday" und "The Iceman Cometh"), dreizehn Musicals
(u.a. "Call Me Mister" und "Annie Get Your Gun"), zwei
Revuen, sieben Einmann-Shows oder Bühnen-Lesungen und
elf Klassik-Reprisen.
Die New Yorker Kritiker lagen mit ihren Kritiken buchstäblich
auf den Knien vor Ingrid: "Sie gehört zu den wenigen
ganz Grossen im Reich des 'Make Believe'", war einer der typischen
Tribute, die Ingrid gezollt wurden. "Der Glanz von Miss
Bergmans Spiel ist über jeden Zweifel erhaben" schrieb Brooks
Atkinson. "Ihre Gaben haben sich vervielfältigt und entfaltet
seit 'Liliom' und Miss Bergman hat eine seltene Reinheit des
Geistes und eine unvergleichliche Grösse ins Theater gebracht.
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