Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

Jahre später zum Tragen kam. Aber die Freundschaft war auf
immer erneuert, und Ingrid war ein häufiger Gast in Kays Familie.
Eines schönen Tages bot sie sich zur Mithilfe beim traditionellen
Frühjahrs-Reinemachen an, was Kays Ehemann zu
erstaunten Frage veranlasste: "Was geht denn hier vor? Die
hübscheste Frau auf Erden reinigt unsere Treppe?"
Aber während dieser ganzen Saison blieb Capa Ingrids
ständiger Begleiter und Mentor. Sie las die Bücher, die er ihr
empfohlen hatte, sah sich die Stücke an, die er ihr empfohlen
hatte, besuchte mit ihm die Konzerte, die er ausgewählt hatte
und begann erstmals in ihrem Leben, am allgemeinen Weltgeschehen
Interesse zu zeigen. Gewissermassen spielte Capa
ihren Ferien-Ehemann, was sie sehr vage mit einem gewissen
Missbehagen realisierte. Zu dieser Zeit war sie, wie Capa Joe
Steele gegenüber bemerkte, "in tausend Knoten verstrickt. Für
eine erwachsene Frau ist sie so naiv, dass es schmerzt. Sie
kann nicht loslassen. Sie hat nicht die leiseste Ahnung davon,
was in der Welt vor sich geht." Und das Schlimmste von allem
sei, schloss Capa, dass sie nichts von Filmen verstehe, ausser
all dem Zeug, was in den letzten sieben Jahren von Hollywood
kam. Er habe sein ganzes Leben lang europäische Filme gesehen
und werde das auch weiterhin tun, sogar in den sogenannten
"art houses" in Manhattan. Wenn Steele Ingrid einen Gefallen
erweisen wolle, solle er mit ihr den Film "Roma – città
aperta" (Open City) ansehen, einen starken italienischen Film,
den Capa als Meisterwerk bezeichnete.
Am nächsten Nachmittag besorgten sich Joe und Ingrid
Tickets zu diesem Film im World Theater an der West Fortyninth
Street. Beim Verlassen des Kinos war Ingrid zu bewegt
zum Sprechen. Die Handlung des Films war einfach und ihre
Umsetzung liess jeden Glanz und jede Künstlichkeit vermissen,
aber seine Wirkung war enorm. Ein führender Untergrundkämpfer
namens Manfredi (gespielt von Marcello Pagliero) versteckt
sich im Haus von Pina (Anna Magnani). Als sie von den
Deutschen umgebracht wird, findet Manfredi bei seiner Mätresse
(Maria Michi) Unterschlupf. Aber sie verrät ihn, sodass er
zusammen mit einem Priester – ebenfalls ein Untergrundheld –
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