Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman
Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman
"Seit ich ein kleines Mädchen war, war sie meine grösste Heldin", sagte Ingrid viel später, die damals Jeanne d'Arc sofort ihren geliebten Theaterfiguren zugesellte. "Sie hatte in meinem Herzen einen ganz speziellen Platz, und anstatt Schmetterlinge oder Briefmarken zu sammeln, begann ich mich nach Dingen um Jeanne d'Arc umzusehen und Bücher, Medaillen und Statuetten von ihr zu sammeln." Es fällt in der Tat nicht schwer, diese Beziehung zu verstehen. Jeannes frühe Lebensumstände betonten ihre Einsamkeit, die überzeugte Wahrnehmung einer inneren Stimme und dann die Sicherheit im Auftreten gegenüber andern, der eigenen Schüchternheit zum Trotz. "Sie wurde zur Gestalt, die ich am liebsten spielte. Auch sie war ein schüchternes Kind, aber auch voll Würde und Mut." Der Anfang dieser lebenslangen Verehrung fiel zeitlich zusammen mit Ingrids vorübergehender Gewohnheit, mit Tante Ellen zur Kirche zu gehen. Während ihre Verehrung für Jeanne von Dauer war, traf dies für den Kirchgang nicht zu. UND SO ERGAB ES SICH, dass Ingrids Liebe zur Heiligen vom ersten Schultag an wuchs. Am 1. September 1922 – drei Tage nach ihrem siebenten Geburtstag – trat sie in die erste Klasse des Mädchen-Lyzeums an der Kommendörsgatan 13 ein, das sie in angenehmen 15 Gehminuten erreichte. An diesem Tag traf Ingrid Ebba Högberg, ihre Klassenlehrerin, die sie und ihre 19 Kameradinnen mit den Traditionen der Schule und dem Stundenplan für jeden Tag vertraut machte. Das Lyzeum, das Mädchen von der ersten Klasse bis zur Studienvorbereitung führte, betreute im laufenden Schuljahr 385 Schülerinnen, von welchen 238 die Primarstufe besuchten. Die Hauptaufgabe der Schule – ihrem neuesten Prospekt zufolge – bestehe nicht nur in der Vermittlung theoretischen Wissens an die Studenten, sondern auch in der Charakterschulung. Vielleicht ist es das, was ihr Gründer, Dr. Gustaf Sjöberg vor Augen hatte, als er der Schule den Namen einer griechischen Erziehungs-Institution gab, die den gesunden Geist im gesunden Körper anstrebte und den jungen Menschen 30
die Lehre der grossen Philosophen mit ihren gesunden Lebensansichten nahebringen wollte. In diesem Sinne hatten die Schüler der ersten Klasse schon ein intensives Spektrum an Fächern zu bewältigen. Täglich wurde biblische Geschichte, Schwedische Sprache, Deutsch (worin Ingrid brillierte), Schwedische Geschichte bis 1389 und skandinavische Geografie (wo sie nicht brillierte), Arithmetik, Handschrift, Zeichnen, Singen, Nähen und Gymnastik unterrichtet. Das Lyzeum, ein klassizistischer, fünfstöckiger Baukörper mit vielen kleinen Winkeln für Klassenzimmer, vermittelte deutlich den Anspruch seiner Gründer und Verwalter auf Disziplin und Ordnung. Die Mädchen sassen auf harten, unbequemen Stühlen und ihre Arbeit wurde von spärlich-geizigem Licht aus einigen kränklich-gelben Glaskegeln beleuchtet. In dieser Atmosphäre – so verschieden von Tante Muttis prachtvollem Anwesen in Deutschland und der gemütlichen Geborgenheit in ihres Vaters Wohnung – drückte Ingrid vom Herbst 1922 bis Frühjahr 1933 die Schulbank. Danach wurde ihr Lehrplan nach und nach erweitert um Biologie, Chemie, Französisch und Kochen; das lausigste Resultat von all diesen Fächern erzielte sie im letzten. Mit der Stricknadel erreichte sie Expertenniveau, aber wie leicht die Aufgabe auch gestellt sein mochte, die Kochkunst lag völlig jenseits ihrer Fähigkeiten. Französisch und Deutsch bestand sie gut, aber die Wissenschaften langweilten sie und so versagte sie auch darin dann und wann. Im übrigen zeigen Ingrid Bergmans Rapporte, dass sie ihre Primarschulzeit gut bestanden hat. Um kontraproduktive Konkurrenz zu vermeiden, wurden Lyzeumsschüler weder benotet noch erhielten sie irgendwelche Anerkennungen oder Preise. Aber während dieser ganzen Primarschulzeit war sie kein glückliches Kind. "Ich erinnere mich so gut daran, wie ich nach Schulschluss draussen zusah, wie die Mütter ihre Kinder abholten. Die Mütter waren für mich sehr hübsch, alle parfümiert und gut angezogen mit ihren aparten Hüten. Ich stand einfach dort und sah zu, wie sie zusammen weggingen. Erst dann begab ich mich selbst nachhause." 31
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"Seit ich ein kleines Mädchen war, war sie meine grösste<br />
Heldin", sagte <strong>Ingrid</strong> viel später, die dam<strong>als</strong> Jeanne d'Arc<br />
sofort ihren geliebten Theaterfiguren zugesellte. "Sie hatte in<br />
meinem Herzen einen ganz speziellen Platz, und anstatt<br />
Schmetterlinge oder Briefmarken zu sammeln, begann ich<br />
mich nach Dingen um Jeanne d'Arc umzusehen und Bücher,<br />
Medaillen und Sta<strong>tu</strong>etten von ihr zu sammeln." Es fällt in der<br />
Tat nicht schwer, diese Beziehung zu verstehen. Jeannes frühe<br />
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im Auftreten gegenüber andern, der eigenen Schüchternheit<br />
zum Trotz. "Sie wurde zur Gestalt, die ich am liebsten spielte.<br />
Auch sie war ein schüchternes Kind, aber auch voll Würde und<br />
Mut." Der Anfang dieser lebenslangen Verehrung fiel zeitlich<br />
zusammen mit <strong>Ingrid</strong>s vorübergehender Gewohnheit, mit Tante<br />
Ellen zur Kirche zu gehen. Während ihre Verehrung für<br />
Jeanne von Dauer war, traf dies für den Kirchgang nicht zu.<br />
UND SO ERGAB ES SICH, dass <strong>Ingrid</strong>s Liebe zur Heiligen<br />
vom ersten Schultag an wuchs. Am 1. September 1922 –<br />
drei Tage nach ihrem siebenten Geburtstag – trat sie in die<br />
erste Klasse des Mädchen-Lyzeums an der Kommendörsgatan<br />
13 ein, das sie in angenehmen 15 Gehminuten erreichte. An<br />
diesem Tag traf <strong>Ingrid</strong> Ebba Högberg, ihre Klassenlehrerin, die<br />
sie und ihre 19 Kameradinnen mit den Traditionen der Schule<br />
und dem S<strong>tu</strong>ndenplan für jeden Tag vertraut machte. Das Lyzeum,<br />
das Mädchen von der ersten Klasse bis zur S<strong>tu</strong>dienvorberei<strong>tu</strong>ng<br />
führte, betreute im laufenden Schuljahr 385 Schülerinnen,<br />
von welchen 238 die Primars<strong>tu</strong>fe besuchten.<br />
Die Hauptaufgabe der Schule – ihrem neuesten Prospekt<br />
zufolge – bestehe nicht nur in der Vermittlung theoretischen<br />
Wissens an die S<strong>tu</strong>denten, sondern auch in der Charakterschulung.<br />
Vielleicht ist es das, was ihr Gründer, Dr. Gustaf<br />
Sjöberg vor Augen hatte, <strong>als</strong> er der Schule den Namen einer<br />
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