Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman
Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman
war bei Sinfonieorchestern in aller Welt höchst gefragt. Von Mitte Juli bis Mitte August, und gelegentlich auch danach, florierte die Romanze, und so wurde Ingrid – nach so langer Zeit ohne herzliche männliche Zuwendung – innerhalb zweier Monate zum zweiten Mal eine bereitwillige Geliebte. Adler war da, Adler war aufmerksam, Adler war's im Moment. Und so, mehr Kindnatur (wie Tante Mutti sie genannt hatte) als je zuvor, gab sie sich der Lust der Liebe hin. MANCHE, DIE VON DIESEN SIMULTANEN AFFÄREN wussten (und später auch das Vorspiel zu ihrer zweiten Ehe), hielten diese während Jahren für den Lebensstil von Ingrid Bergman – nämlich dass sie eine verantwortungslose Frau sei, die ihre Familie leichtfertig verliess, die jeder fleischlichen Lust frönte und die jeden attraktiven Liebhaber annahm, der sich anbot. Mit der Zeit gingen diese Behauptungen noch weiter: sie sei eine kaltherzige Männerausbeuterin, eine Frau, die anderer Leute Bewunderung und Verehrung dazu missbrauchte, ihre eigenen Unfähigkeiten – speziell die, allein zu sein – zu übertünchen. Dieses Portrait steht in groteskem Widerspruch zur Wirklichkeit ihres Charakters. Im Sommer 1945 wurde Ingrid dreissig, aber in ihrer Persönlichkeit gab es da immer noch diesen mädchenhaften und unreifen Wesenszug; in mancherlei Hinsicht war sie überhaupt nicht die Frau von Welt, für die sie vom Publikum gehalten wurde. Natürlich hat sich ihr frühes Leben auf einem emotionell instabilen Untergrund abgespielt, auf dem sich der Tod nach und nach jene holte, die ihr nahestanden. Danach stützte sie sich für alle praktischen Fragen des Lebens ausschliesslich auf ihren Ehemann, um für die Vervollkommnung ihrer Kunst frei zu sein. Völlig uninteressiert, wie sie ihr Leben lang an allen finanziellen Dingen war, überliess sie deren Management gerne jedwelchem Mann, dem sie vertraute. Allein auf ihr Handwerk ausgerichtet, konnte sie alles übrige leicht diesem unterordnen. Gleichzeitig gehörten einzig die intuitiven Kräfte in ihr und das Talent, das sie befähigte, brillante Leistungen 272
auf Bühne und Leinwand zu erbringen, ihr und nur ihr allein, und so zählte sie in ihrem Leben unbeirrbar auch nur auf diese Qualitäten. Ihre Karriere wurde dann ja erfolgreich gemanaged, ihre Ehe von ihrem Ehemann kontrolliert. Ihr Ruhm wurde ihr zur Last, aber sie ertrug seine Launen mit bemerkenswerter Leichtigkeit und Grazie, und ihre Weigerung, Ausflüchte zu finden oder Allüren zu entwickeln, machte sie bei ihren Kollegen so beliebt wie bei der Presse und beim Publikum. Wenn die Leute sie anbeteten, hatten sie diesen Kult selbst geschaffen – sie tat nichts dazu als durch gute Arbeit eine bewunderungswürdige Leistung zu erbringen, und selbst ihre Schönheit wurde von ihren Bewunderern mehr geschätzt, als von ihr selbst. Von der Zeit von "A Woman's Face" bis zu ihrem Lebensende hatte Ingrid keine Hemmungen, so aufzutreten, wie sie war oder (noch schlimmer) wie sie der Rolle entsprach. Die Ehe brachte ihr zunächst viel Trost. Aber die Ehe kann, wie wundervoll sie von einem Paar auch gestaltet werden mag, nicht jedes menschliche Bedürfnis abdecken; diese Fiktion war, wie sie sehr bald merkte, der Stoff des amerikanischen Films. Im Falle der Lindströms könnte man sagen, dass ihre Verbindung so erfolgreich war, dass sie beide in starkem Masse voranbrachte. Jahre danach hätte man sie dafür bewundern können, dass sie ihre separaten Karrieren durchziehen konnten. Aber nichts in der damaligen Kultur oder im familiären Hintergrund der beiden befreite Petter oder Ingrid vom Glauben an die Oberhoheit des Ehemanns, und gewissermassen wusste sie das – daher auch ihre Flucht aus der erstickenden Langeweile der Inaktivität und dem engen Spielraum der Hausfrauenarbeit. Lebenslang jede Saison war Ingrid Bergman wie eine junge Frau am Start zur Suche nach einer aufregenden neuen Karriere. Jede Rolle war ein neuer Aufbruch in ein unbekanntes Territorium, eine Neuentdeckung ihrer inneren Ressourcen. 273
- Seite 222 und 223: Vielleicht hat er sich zur selbsthe
- Seite 224 und 225: 224 In Alaska
- Seite 226 und 227: 226 1944 - kein einfaches Jahr - ab
- Seite 228 und 229: 228 mer mit mir. Ich muss arbeiten,
- Seite 230 und 231: hast ein intelligentes Gesicht, so
- Seite 232 und 233: Vielleicht sind Ingrids Gefühle ve
- Seite 234 und 235: sende Wohlstand der Mittelschicht.
- Seite 236 und 237: Mit Petters Einwand bezüglich mitt
- Seite 238 und 239: 238 "Wie ich im Dezember sagte, den
- Seite 240 und 241: Die Hitchcock-Hecht-Kooperation war
- Seite 242 und 243: NACH ZWEISTÜNDIGER DISKUSSION war
- Seite 244 und 245: hen - und noch weniger, sie in Kuns
- Seite 246 und 247: trauensvollste Beziehung zu ihrem e
- Seite 248 und 249: 248 aber jemand ging zu Selznick un
- Seite 250 und 251: "Spellbound" wurde zu einem weit gr
- Seite 252 und 253: Die "Tour durch Amerika" führte si
- Seite 254 und 255: erfüllte das Haus und Petter führ
- Seite 256 und 257: Wieder zuhause, rief sie Selznick s
- Seite 258 und 259: 258 1944 - in „Spellbound“ mit
- Seite 260 und 261: 260 1944 - in "Spellbound" mit Greg
- Seite 262 und 263: wann - für besten Film, Regie, Hau
- Seite 264 und 265: Jahrzehnte später entstand über d
- Seite 266 und 267: ununterdrückbaren, ansteckenden Ge
- Seite 268 und 269: Ein herzlicheres Willkommen, ebenfa
- Seite 270 und 271: unregelmässigen Abständen währen
- Seite 274 und 275: SPEZIELL IN DER LIEBE war Ingrid ei
- Seite 276 und 277: WIE ADLER BALD ERFAHREN MUSSTE, gin
- Seite 278 und 279: gab auch die eine oder andere Schwi
- Seite 280 und 281: fiel der etwas zerstreute Blick in
- Seite 282 und 283: sprach, hatte er tatsächlich ein S
- Seite 284 und 285: schen Sie Miss Bergman in meinem Na
- Seite 286 und 287: winnen, was ihr ermöglicht, ein vo
- Seite 288 und 289: du hast Recht, Ingrid." Es war ja s
- Seite 290 und 291: ALICIA: Nein danke - ich habe genug
- Seite 292 und 293: ALICIA: Ich habe nicht reagiert. DE
- Seite 294 und 295: um den Mann, den sie liebt, nicht g
- Seite 296 und 297: 296 1945 - Hitchcocks Kameraturm im
- Seite 298 und 299: über sich. Ich hörte ihn nie die
- Seite 300 und 301: en. Dann ging’s nordwärts auf de
- Seite 302 und 303: 302 1946 - Robert Capa und Alfred H
- Seite 304 und 305: 1945 - Schwester Benedict in „The
- Seite 306 und 307: 306 Democracy als Nachfolge-Organis
- Seite 308 und 309: 308 gen. Aber wie ein Film im Kaste
- Seite 310 und 311: Jahre später zum Tragen kam. Aber
- Seite 312 und 313: Vier Tage lang verfolgte "Open City
- Seite 314 und 315: 314 1948 - als Joan Madou in "Arch
- Seite 316 und 317: Wie der Roman hat auch der Film ein
- Seite 318 und 319: im Alvin Theater an der West Fifty-
- Seite 320 und 321: Um jeder möglichen kontraproduktiv
auf Bühne und Leinwand zu erbringen, ihr und nur ihr allein,<br />
und so zählte sie in ihrem Leben unbeirrbar auch nur auf diese<br />
Qualitäten.<br />
Ihre Karriere wurde dann ja erfolgreich gemanaged, ihre<br />
Ehe von ihrem Ehemann kontrolliert. Ihr Ruhm wurde ihr<br />
zur Last, aber sie ertrug seine Launen mit bemerkenswerter<br />
Leichtigkeit und Grazie, und ihre Weigerung, Ausflüchte zu<br />
finden oder Allüren zu entwickeln, machte sie bei ihren Kollegen<br />
so beliebt wie bei der Presse und beim Publikum. Wenn die<br />
Leute sie anbeteten, hatten sie diesen Kult selbst geschaffen –<br />
sie tat nichts dazu <strong>als</strong> durch gute Arbeit eine bewunderungswürdige<br />
Leis<strong>tu</strong>ng zu erbringen, und selbst ihre Schönheit wurde<br />
von ihren Bewunderern mehr geschätzt, <strong>als</strong> von ihr selbst.<br />
Von der Zeit von "A Woman's Face" bis zu ihrem Lebensende<br />
hatte <strong>Ingrid</strong> keine Hemmungen, so aufzutreten, wie sie war<br />
oder (noch schlimmer) wie sie der Rolle entsprach.<br />
Die Ehe brachte ihr zunächst viel Trost. Aber die Ehe<br />
kann, wie wundervoll sie von einem Paar auch gestaltet werden<br />
mag, nicht jedes menschliche Bedürfnis abdecken; diese<br />
Fiktion war, wie sie sehr bald merkte, der Stoff des amerikanischen<br />
Films. Im Falle der Lindströms könnte man sagen, dass<br />
ihre Verbindung so erfolgreich war, dass sie beide in starkem<br />
Masse voranbrachte. Jahre danach hätte man sie dafür bewundern<br />
können, dass sie ihre separaten Karrieren durchziehen<br />
konnten. Aber nichts in der damaligen Kul<strong>tu</strong>r oder im familiären<br />
Hintergrund der beiden befreite Petter oder <strong>Ingrid</strong> vom<br />
Glauben an die Oberhoheit des Ehemanns, und gewissermassen<br />
wusste sie das – daher auch ihre Flucht aus der erstickenden<br />
Langeweile der Inaktivität und dem engen Spielraum<br />
der Hausfrauenarbeit. Lebenslang jede Saison war <strong>Ingrid</strong><br />
<strong>Bergman</strong> wie eine junge Frau am Start zur Suche nach einer<br />
aufregenden neuen Karriere. Jede Rolle war ein neuer Aufbruch<br />
in ein unbekanntes Territorium, eine Neuentdeckung<br />
ihrer inneren Ressourcen.<br />
273