Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

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29.01.2013 Aufrufe

erfüllte das Haus und Petter führte die Gäste in einen energiegeladenen Tanzabend. Bei solchen Gelegenheiten war er die Seele der Party und machte eine blendende Figur; keine Dame lehnte eine Runde mit dem unermüdlichen Dr. Lindström ab. Die Gästeliste war am Anfang noch ein Problem. Ingrid glaubte, ein Abend mit Freunden sei nichts anderes, als eben das – und so lud sie Irene und David Selznick, Ruth Roberts, Alma und Alfred Hitchcock, den französischen Regisseur Jean Renoir und seine Frau, Teresa Wright und Ihren Mann, Ben Hecht und eine Anzahl Leute von der "Spellbound"-Crew ein, die sie besonders gut mochte. "Das ist unmöglich – absolut unmöglich", meinte Irene Selznick, als sie die Liste sah; in der hochgradig klassenbewussten Filmwelt-Aristokratie konnte man unmöglich Stars mit Technikern und Sprachtrainern und Produzenten zusammenbringen. (Ingrid wird sich wohl daran erinnert haben, wie Kay Brown, nachdem diese sie 1939 zu Selznicks gebracht hatte, vom Willkommensessen am selben Abend kalt ausgeschlossen wurde.) Soviel also zum Mythos des klassenlosen Amerika. "Das war ein grosser Schock", sagte Ingrid, und als sie die Sache Hitchcock erzählte, lächelte sie dieser nur an und hiess sie in Hollywoods Gesellschaftsleben willkommen. "Gottseidank gab's noch die Hitchcock-Gruppe", sagte Ingrid später. "Hitch und Alma verkehrten oft mit Schauspielern ohne zu fragen, ob sie Stars seien oder nicht." Nachdem sie für diese erste Winterparty Irene Selznicks Wünschen nachgekommen war, ging Ingrid mit kleinen, ungezwungenen Buffet-Parties ihren eigenen Weg und lud dazu Leute wie Charles Boyer, Gary Cooper, Clark Gable, Ernst Lubitsch, Gregory Peck, Josef Cotten und deren Ehefrauen ein. Aber Petters Bestrebungen, Ingrids Leben durchgehend zu managen, bedrohten mit der Zeit auch das gesellschaftliche Leben, wie genial er sich auch immer zu geben versuchte. Nach Joe Steele pflegte er die Gäste überschwänglich zu begrüssen, um sich dann intensiv zu bemühen, sich am herrschenden Geist der entspannten Geselligkeit zu beteiligen. 254

Aber etwas stimmte nicht: er war zu formell, zu managerhaft, zu schulmeisterlich in allem, was Hollywood betraf, wovon er doch so wenig verstand – und in der Tat, warum sollte ein begnadeter Chirurg wie er sich im aktuellen Filmgeschäft und in der Hollywood durchdringenden Kleinkariertheit auskennen müssen? Immer öfter wurde Ingrid (nach Steele) bei solchen Gelegenheiten "plötzlich unterwürfig, die Stimmung gedrückt und die Disharmonie zu offenkundig, seine Interessen zu verschieden von jenen der Gäste. Der Doktor bemühte sich sehr, extrem sogar, aber das Resultat blieb hohl." BEKLEMMUNG LAG IN DER LUFT, und nie schlimmer, als wenn von Ingrids kommenden Rollen oder Publicity-Verpflichtungen die Rede war. "Nein, ich denke das ist nicht gut für dich, das sollst du nicht tun", sagte Petter oft, wenn Steele einen bevorstehenden Anlass oder Auftritt erwähnte. "Ach, ich sehe nichts Negatives dabei, Petter", erwiderte Ingrid gelassen. "Ich sagte, es ist nicht gut", insistierte Petter ruhig. "Und du wirst es bleiben lassen." In dieser Saison musste sich Ingrid auch Selznick gegenüber behaupten. Während sie auf Tour war, wurde er von Regisseur Leo McCarey angesprochen, der dieses Jahr mit der herzerwärmenden religiösen Komödie "Going My Way" einen grossen Schlager in der Hinterhand hatte. McCarey wünschte sich Ingrid für die Rolle der eifrigen, sensibeln, erdverbundenen Nonne aus der Serie "The Bells of St-Mary’s", wobei Bing Crosby wieder den Part des eifrigen, sensibeln, erdverbundenen Vaters O'Malley spielen würde. Unsinn, sagte Selznick, Serien sind nie populär. Der direkteste Weg zum Herzen eines Produzenten, mutmasste McCarey, führt wohl über seinen beharrlichsten Star. So schaltete er während Ingrids Anwesenheit in Minnessota in den dortigen Zeitungen eine Anzeige: "Wartet nur, bis Ingrid Bergman erfährt, welche Idee Leo McCarey für sie hat!" 255

Aber etwas stimmte nicht: er war zu formell, zu managerhaft,<br />

zu schulmeisterlich in allem, was Hollywood betraf, wovon er<br />

doch so wenig verstand – und in der Tat, warum sollte ein begnadeter<br />

Chirurg wie er sich im ak<strong>tu</strong>ellen Filmgeschäft und in<br />

der Hollywood durchdringenden Kleinkariertheit auskennen<br />

müssen? Immer öfter wurde <strong>Ingrid</strong> (nach Steele) bei solchen<br />

Gelegenheiten "plötzlich unterwürfig, die Stimmung gedrückt<br />

und die Disharmonie zu offenkundig, seine Interessen zu verschieden<br />

von jenen der Gäste. Der Doktor bemühte sich sehr,<br />

extrem sogar, aber das Resultat blieb hohl."<br />

BEKLEMMUNG LAG IN DER LUFT, und nie schlimmer, <strong>als</strong><br />

wenn von <strong>Ingrid</strong>s kommenden Rollen oder Publicity-Verpflich<strong>tu</strong>ngen<br />

die Rede war. "Nein, ich denke das ist nicht gut für<br />

dich, das sollst du nicht <strong>tu</strong>n", sagte Petter oft, wenn Steele<br />

einen bevorstehenden Anlass oder Auftritt erwähnte.<br />

"Ach, ich sehe nichts Negatives dabei, Petter", erwiderte<br />

<strong>Ingrid</strong> gelassen.<br />

"Ich sagte, es ist nicht gut", insistierte Petter ruhig.<br />

"Und du wirst es bleiben lassen."<br />

In dieser Saison musste sich <strong>Ingrid</strong> auch Selznick gegenüber<br />

behaupten. Während sie auf Tour war, wurde er von<br />

Regisseur Leo McCarey angesprochen, der dieses Jahr mit der<br />

herzerwärmenden religiösen Komödie "Going My Way" einen<br />

grossen Schlager in der Hinterhand hatte. McCarey wünschte<br />

sich <strong>Ingrid</strong> für die Rolle der eifrigen, sensibeln, erdverbundenen<br />

Nonne aus der Serie "The Bells of St-Mary’s", w<strong>ob</strong>ei Bing<br />

Crosby wieder den Part des eifrigen, sensibeln, erdverbundenen<br />

Vaters O'Malley spielen würde. Unsinn, sagte Selznick,<br />

Serien sind nie populär. Der direkteste Weg zum Herzen eines<br />

Produzenten, mutmasste McCarey, führt wohl über seinen beharrlichsten<br />

Star. So schaltete er während <strong>Ingrid</strong>s Anwesenheit<br />

in Minnessota in den dortigen Zei<strong>tu</strong>ngen eine Anzeige: "Wartet<br />

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sie hat!"<br />

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