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Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

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Die Natürlichkeit und Feinheit, mit der <strong>Ingrid</strong> Constance<br />

portraitierte, die Art, wie sie den Kopf drehte, ihre Hände faltete<br />

und ein Schluchzen unterdrückte war buchstäblich wie ein<br />

Handbuch für ausdrucksvolles, erstklassiges Filmschauspiel.<br />

Von allem, was Hitchcock ihr beibrachte, war die Bedeu<strong>tu</strong>ng<br />

von Nahaufnahmen ihres Blicks vielleicht die wertvollste Lektion:<br />

ihr wechselnder Blick nach unten, oder nach rechts, nach<br />

links liess ihre Nachdenklichkeit, ihre Beklemmung oder einen<br />

Moment intensivster Konzentration erkennen.<br />

Ein schönes Beispiel dafür haben wir in der Szene, wo<br />

<strong>Ingrid</strong> mit einem Buch von Dr. Edwardes in Pecks Zimmer erscheint.<br />

Lesend in seinen Fauteuil hingelümmelt, sieht er plötzlich<br />

<strong>Ingrid</strong> vor sich stehen. Sie gesteht ihm, dass sie nicht zu<br />

ihm kam, um das Buch zu diskutieren, sondern über das zu<br />

reden, was heute mit ihnen geschehen sei. Ihre anschliessende<br />

Umarmung und ihr Kuss sind voll von überwältigenden Gefühlen,<br />

wirken aber dennoch <strong>als</strong> etwas verhaltene, von Verunsicherung<br />

gezeichnete Gesten – ein Effekt, der für spätere Aufführungen<br />

auf Selznicks Insistieren hin durch eine symbolische<br />

Szene überlagert und dadurch etwas reduziert wurde. Die Szene<br />

zeigt während des Kusses einen Flur, in dem sich hintereinander<br />

eine Reihe von Türen öffnen.<br />

Noch berührender ist Constances Abschied von ihrem<br />

ehemaligen Lehrer, Dr. Alex Brulov. Wie <strong>Ingrid</strong>, völlig in ihrer<br />

Rolle aufgehend, schluchzend über ihrem misslungenen Ret<strong>tu</strong>ngsversuch<br />

für ihren Liebsten zusammenbricht, wird sie von<br />

Brulov getröstet: "Es ist sehr schwer, jemanden zu lieben und<br />

zu verlieren", sagt er (kurz bevor das Finale den Tag rettet).<br />

"Aber du wirst bald vergessen und die Fäden deines Lebens<br />

dort wieder in die Hand nehmen, wo sie dir vor kurzem entglitten<br />

sind. Und du wirst hart arbeiten. In harter Arbeit findest du<br />

so viel Glück – vielleicht mehr <strong>als</strong> irgendwo sonst." Alfred<br />

Hitchcock präsentierte sich hier – wie so oft – selbst. Es liegt<br />

enorm viel Zärtlichkeit in dieser Szene, die zur perfekten Metapher<br />

für das delikate Verhältnis zwischen <strong>Ingrid</strong> und ihrem<br />

Regisseur wurde.<br />

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