Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

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29.01.2013 Aufrufe

NACH ZWEISTÜNDIGER DISKUSSION war Ingrid gewonnen. Am 20. Juni trat sie in den Selznick-Studios an für Makeup- und Garderobe-Tests, und die ersten Szenen wurden am 10. Juli, Ingrids siebentem Hochzeitstag, geschossen. Zur Feier des Tages liess Hitchcock nach des Tages Arbeit einen riesigen Geburtstagskuchen für Schauspieler und Crew auffahren. Zweifellos war Ingrid bei den Gedanken an die bevorstehende Arbeit eher ums Festen zumute, als bei den Gedanken an ihre Ehe. "Ich erinnere mich, wir hatten einige Meinungsverschiedenheiten während der Dreharbeiten", erinnerte sich Ingrid Jahre später. 242 Ich sagte: "Ich glaube nicht, dass ich euch dieses Mass an Emotionen liefern kann". Hitchcock sass da und sagte: "Ingrid - tu als ob!" Also: das war der nützlichste Rat, den ich in meinem ganzen Leben bekommen habe, denn in all den kommenden Jahren gaben mir Regisseure immer wieder Anweisungen, die ich als unmöglich durchführbar empfand, und sonstwie extrem schwierige Aufgaben, und immer wenn ich Atem holte um mit ihnen zu diskutieren, hörte ich die Stimme zu mir durchdringen, die sagte: "Ingrid - tu als ob!". Das ersparte mir viele Unannehmlichkeiten und Zeitverluste. Mit "Spellbound" begannen Ingrid Bergman und Alfred Hitchcock eine historische Zusammenarbeit, die drei Filme hervorbrachte und eine lebenslange Freundschaft bis zu Hitchcocks Tod 1980 zur Folge hatte. Aber wie lohnend sie für beide gewesen sein mag, war diese Beziehung eine der problematischsten im Leben beider, denn Hitchcock verliebte sich sehr schnell und hoffnungslos in seine erste Dame. Aber er konnte in ihr keine Gegenliebe entzünden: sie bewunderte sein Genie und empfand eine enorme Zuneigung für ihn als ihren Mentor, als Vater-Figur und Freund, doch hier endeten ihre Gefühle. So wurde ihre Zusammenarbeit – während eines Zeitraums von vier Jahren – für beide sehr erfreulich, für Hitchcock allerdings

auch zu einer schmerzlichen Plage. Während den Diskussionen in der Vorproduktion von "Spellbound" war er zunächst einfach fasziniert von Ingrid; aber als die Aufnahmen begannen war Hitch liebeskrank – daher die ausserordentliche Subtilität seiner Regie an ihr und die weit grössere Genialität ihres nächsten Films, "Notorious". So wie Ingrid in einer Scheinwelt leben musste, um glaubhafte Gefühle für ihre Figuren zu finden, so verdankten Hitchcocks Meisterwerke ihre Kraft seinem unerreichten Genie als "visueller" Geschichtenerzähler, der mit dem Rohmaterial seiner eigenen Fantasie arbeitete. Sein langes kreatives Leben brachte er im Käfig des gequälten abgeblitzten Liebhabers zu: Seine frustrierte Leidenschaft für einige seiner Hauptdarstellerinnen verursachte ihm grossen Kummer. Aber es war gerade dieses Leiden, das der Welt grösste künstlerische Leistungen verschaffte, die im Ofen ungestillter menschlicher Leidenschaft entstanden sind. In dieser Beziehung hinterliess er uns ein profundes geistiges Testament in einer Reihe von bemerkenswert offenherzigen, selbstverräterischen Filmen. "Irgend etwas muss Hitchcock dieses Jahr belastet haben", sinnierte Gregory Peck, dessen Leistung als verletzlicher Patient dem Film einen grossen Teil seiner Kraft verlieh, "aber es war nicht herauszufinden, woran er litt". Er konnte nicht wissen, dass es des Regisseurs akute, unerwiderte Leidenschaft für Ingrid war. Hitchcock, der diesen Sommer 45 wurde, war seit 1926 mit Alma Reville, seiner engsten Mitarbeiterin, verheiratet. Von ihrer Meinung, Zustimmung und Führung vollkommen abhängig, hätte er eine Scheidung niemals in Erwägung gezogen. Sein Gefühlsleben war wirr und kompliziert, seine Verdrängungen tiefgreifend und sein Geist zermartert. Aber irgendwie hat er seine privaten Ängste und Gefühle in Liebesgeschichten eingebracht, die weltweit Millionen Menschen berührten, und das noch lange nach seinem Tod. So gesehen liegt auch die Annahme nahe, dass, hätte er seine Leidenschaften ausleben können, er womöglich unfähig gewesen wäre, damit umzuge- 243

NACH ZWEISTÜNDIGER DISKUSSION war <strong>Ingrid</strong> gewonnen.<br />

Am 20. Juni trat sie in den Selznick-S<strong>tu</strong>dios an für<br />

Makeup- und Garder<strong>ob</strong>e-Tests, und die ersten Szenen wurden<br />

am 10. Juli, <strong>Ingrid</strong>s siebentem Hochzeitstag, geschossen. Zur<br />

Feier des Tages liess Hitchcock nach des Tages Arbeit einen<br />

riesigen Geburtstagskuchen für Schauspieler und Crew auffahren.<br />

Zweifellos war <strong>Ingrid</strong> bei den Gedanken an die bevorstehende<br />

Arbeit eher ums Festen zumute, <strong>als</strong> bei den Gedanken<br />

an ihre Ehe.<br />

"Ich erinnere mich, wir hatten einige Meinungsverschiedenheiten<br />

während der Dreharbeiten", erinnerte sich <strong>Ingrid</strong><br />

Jahre später.<br />

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Ich sagte: "Ich glaube nicht, dass ich euch dieses Mass<br />

an Emotionen liefern kann". Hitchcock sass da und<br />

sagte: "<strong>Ingrid</strong> - <strong>tu</strong> <strong>als</strong> <strong>ob</strong>!" Also: das war der nützlichste<br />

Rat, den ich in meinem ganzen Leben bekommen<br />

habe, denn in all den kommenden Jahren gaben mir<br />

Regisseure immer wieder Anweisungen, die ich <strong>als</strong><br />

unmöglich durchführbar empfand, und sonstwie extrem<br />

schwierige Aufgaben, und immer wenn ich Atem<br />

holte um mit ihnen zu diskutieren, hörte ich die Stimme<br />

zu mir durchdringen, die sagte: "<strong>Ingrid</strong> - <strong>tu</strong> <strong>als</strong><br />

<strong>ob</strong>!". Das ersparte mir viele Unannehmlichkeiten und<br />

Zeitverluste.<br />

Mit "Spellbound" begannen <strong>Ingrid</strong> <strong>Bergman</strong> und Alfred<br />

Hitchcock eine historische Zusammenarbeit, die drei Filme hervorbrachte<br />

und eine lebenslange Freundschaft bis zu Hitchcocks<br />

Tod 1980 zur Folge hatte. Aber wie lohnend sie für beide<br />

gewesen sein mag, war diese Beziehung eine der pr<strong>ob</strong>lematischsten<br />

im Leben beider, denn Hitchcock verliebte sich sehr<br />

schnell und hoffnungslos in seine erste Dame. Aber er konnte<br />

in ihr keine Gegenliebe entzünden: sie bewunderte sein Genie<br />

und empfand eine enorme Zuneigung für ihn <strong>als</strong> ihren Mentor,<br />

<strong>als</strong> Vater-Figur und Freund, doch hier endeten ihre Gefühle. So<br />

wurde ihre Zusammenarbeit – während eines Zeitraums von<br />

vier Jahren – für beide sehr erfreulich, für Hitchcock allerdings

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