Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

sende Wohlstand der Mittelschicht. Damals waren viele Mütter
nicht mehr erwerbstätig und konnten sich zuhause abschinden
- wo die Stunden länger und das Einkommen kleiner waren.
Mag sein, dass die Gestalt des omnipotenten, allwissenden
Mamis weitgehend die Erfindung der Autoren von "Fun with
Dick and Jane" - mit etwas Schützenhilfe durch Dr. Benjamin
Spock war. Vor allem verbreitete aber das Fernsehen die
Stimmung der Zeit: Mami war die wichtigste Person im Leben
eines Kindes, und solange sie sich nach den Regeln (welche
immer das waren) verhielt, konnte nichts danebengehen. So
war jedenfalls das Heim der Braven, und wie Dr. Lindström
hatte nie-mand einen Fehler zu machen.
Letztlich ist im Zusammenhang mit Ingrids Verantwortungsgefühl
für ihre Familie immer im Auge zu behalten, dass
sie für ihr eigenes Leben, das ihres Ehemannes und das ihrer
Tochter selbst aufkam. Petters Einnahmen beschränkten sich
auf das kleinste Stipendium für einen Studenten, das nicht
einmal ansatzweise ausgereicht hätte, eine Familie zu erhalten;
ihren Lebensstil und Komfort verdankten sie alle ausschliesslich
Ingrids Einkommen. So ist nicht einfach einzusehen,
warum sie als eine vernachlässigende Mutter betrachtet
wurde, nur weil sie Filmstar und nicht ein hohes Tier in der
Wirtschaft oder Ärztin war.
SELZNICK ERWARTETE Ingrids und Petters Teilnahme
an der Verleihung der Academy Awards, die am 2 März im
Graumans Chinese Theatre in Hollywood stattfand, umsomehr
als sie für ihre Leistung in "For whom the Bell Tolls" nominiert
war. Jean Arthur, Joan Fontaine, Greer Garson und Jennifer
Jones waren ebenfalls im Rennen. Als Jones gewann, eilte Ingrid
zu ihr, um ihr zu gratulieren. "Tut mir leid, Ingrid", sagte
sie, "du hättest Anrecht auf den Titel gehabt." Aber Ingrid war
anderer Meinung: "Nein, Jennifer, deine Bernadette war besser
als meine Maria." Sie hatte Recht und wusste es auch.
Diesen Monat beendete Petter sein Chirurgie-Praktikum
im Stanford und begann ein dreimonatiges Praktikum als As-
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