Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

angenehmer Ausstrahlung, ein zwar etwas unordentliches aber
dennoch attraktives Individuum, das ein berühmter Maler oder
Opernstar werden wollte und immer noch hoffte, dieses Ziel
irgendwie zu erreichen.
Nach zehn Jahren kehrte Justus nach Stockholm zurück
und eröffnete ein Geschäft als Kunsthändler. Dieses brachte
aber kaum das Nötigste zum Leben ein, weshalb Justus bald
darüber nachsann, sich als Impresario zu betätigen. Ein guter
Rat kam dann aber von Justus' Cousin, dem bekannten
Stimmbildner Karl Nygren. Nachdem er privaten Mal- und Gesangunterricht
genossen hatte, erhielt Justus von Nygren die
Gelegenheit, von Oktober 1903 bis März 1906 als Chorleiter
einen Chor auf Amerika-Tournée zu begleiten, der schwedischamerikanische
Gemeinden in Minnesota, Wisconsin, Illinois und
Maine besuchte. Von diesem Abenteuer kam er zwar begeistert
aber praktisch mittellos zurück, sodass er gelegentlich sogar
auf die Gastfreundschaft seines Bruders und seiner Schwägerin
Otto und Hulda Bergman (die mit einer Anzahl Kinder in ihrer
bereits überbelegten Stockholmer-Wohnung lebten) angewiesen
war, oder auch auf die Hilfe seiner ledigen Schwester, der
frommen und gebrechlichen Ellen Bergman, die an einem angeborenen
Herzfehler litt, zurückgreifen musste.
Justus hätte sein Leben als kämpfender Ästhet wohl
noch fortsetzen können. Gegen Ende 1906 im Alter von 35
Jahren wuchs in ihm aber der Wunsch heran, ein hübsches,
rundliches deutsches Mädchen namens Frieda Adler zu heiraten.
Vor sechs Jahren hatte er sie kennengelernt als sie mit
ihren Eltern aus Kiel die Ferien in Schweden verbrachte. Frieda
war im September 1884 in Kiel geboren und kam mit 16 erstmals
nach Stockholm, wo sie bei einem Nachmittagsspaziergang
im Park den Sketchkünstler Justus Bergman sah. Dieser
war ihrer sanften Art, ihren faszinierenden und verführerischen
dunkeln Augen und ihrem auffällig gesunden Menschenverstand
auf der Stelle verfallen. In diesem Frühjahr 1900 blühte
diese Romanze mit dem Flieder. Justus sprach schon deutsch
und brachte Frieda nun elementare Schwedischkenntnisse bei.
Aber Friedas Eltern waren hartnäckig und liessen nicht zu, dass
21