Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

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29.01.2013 Aufrufe

nur mit den höflichsten Andeutungen wurde die problematische, leidenschaftliche Affäre zwischen dem Friedenskämpfer Robert Jordan und dem ungebildeten Bauernmädchen Maria beleuchtet. (Fünfzig Jahre später wurden einige Schnitte für den Heimvideomarkt überarbeitet: Der Film wurde so weniger langfädig ohne die Liebesgeschichte zu beeinträchtigen, aus weniger wurde etwas mehr.) Aber es waren nicht nur die Motion Picture Code's- Zensoren, die die Geschichte verdünnten: Sam Wood ging jedes Gefühl für das Tempo ab, und er interessierte sich für keinen der Darsteller ausser für seinen Freund Gary Cooper. Der Film ist aber deshalb von besonderem Interesse, weil es Ingrid offensichtlich gelungen ist, den sonst hölzernen Cooper, der von ihrer Nähe scheinbar mehr beeindruckt war, als normalerweise von anderen weiblichen Co-Stars, zu einer lebendigeren Darstellung zu bringen. Da und dort deuten spontane Fröhlichkeit und Lacher seine Sympathie zu ihr an und ein Aufblühen in den Liebesszenen, wie man es bei Cooper sonst nicht kennt. Betrachtet man seine Filme Jahrzehnte später, wird sofort klar, dass seine Popularität genau in seiner Distanziertheit und und seinem fein ziselierten Spiel begründet ist – Qualitäten, die oft mit Talent verwechselt werden. Aber Gary Cooper war immer Gary Cooper, gross im Sattel aber klein im Bereich seiner schauspielerischen Fähigkeiten. Wood hatte wirklich Glück in diesen seltenen Momenten, wo "Wem die Stunde schlägt" Feuer fing; aber für sie und die Talente von Bill Menzies, Katina Paxinou und ein Team von erfahrenen Schauspielern in Nebenrollen mochte der Film überhaupt keine Bedeutung haben. Paxinou alleine unter acht Nominationen für den Film, erhielt den Oscar als beste Nebenrolle des Jahres. Ingrid war auch nominiert als beste Schauspielerin des Jahres. Aber am Ende erwies sich "Wem die Stunde schlägt" als dicker Technicolor-Ferienprospekt für die kalifornischen Berge, ein absurd aufgeblasener Gähner, der selbst den hyperaktiven, pillenschluckenden Selznick hätte narkotisieren können. 196

Die Produktion wurde unbeabsichtigt verbrämt im Geiste von Disneys "Piraten der Karibik". Indem Menzies Woods Anweisungen unbesehen folgte, verherrlichte er den Film in der Weise, dass jede Szene zu einem Gemälde wurde, das zu schön war, um zur rohen Geschichte zu passen. Beispielsweise in den Winterszenen ist der Film so attraktiv wie ein Paket Hallmark-Weihnachtskarten; nur der alte St. Niklaus fehlt, der auf dem Schlitten um den Berg kurvt. Auch Victor Youngs romantischer Ablauf stimmt nicht immer – sein Hauptmotiv wird eindeutig zu oft wiederholt und jede Szene mit Handlung wird von aufdringlicher Musik untermalt. In einer Szene, in der ein Republikaner Pablo angreift, unterstreicht Young jeden Schlag, den der Mann dem Verräter verpasst, mit einem explosiven Akkord. In solchen Momenten nähert sich der Film gefährlich der Satire. In der Schlussanalyse erschien der Krieg nirgendwo so attraktiv, wie in Paramounts Spanien. Selbst in einer der beiden Hauptrollen konnte die sonst einfallsreiche Ingrid Bergman keine Gelegenheiten finden, ihr Talent einzusetzen. Obschon sie in ihren Memoiren auf die erfreuliche Zusammenarbeit mit Cooper Bezug nimmt, vertraute sie Jahre später Freunden an, dass die Monate der Arbeit an diesem Film für sie zu den frustrierendsten und enttäuschendsten Erlebnissen ihrer Karriere zählten: "Ich hasste jeden Moment davon", sagte sie tonlos, denn sie wusste von Anfang an, dass ihr das Script nichts geben würde, woran sie hätte arbeiten können – selbst ihre beiden dramatischen Monologe ergaben keinen Kontext, der beim Publikum ein logisches Einfühlungsvermögen generiert hätte. Ingrids beste Leistungen entstanden in der Zusammenarbeit mit erstklassigen Darstellern und inspirierten Regisseuren, die eine Atmosphäre schufen, in der sie ihr Talent entfalten konnte. Cooper, die perfekte Verkörperung des Charakters von Jordan, bot ihr nichts, woran sie hätte arbeiten können, ausser seinem Charme, und für "Wem die Stunde schlägt" war das bei weitem zu wenig. Letztlich spielte Cooper Cooper (wie nur Cooper es kann), und durch seine Unfähigkeit, seine Diktion anzupassen, wirkte sein überspannter, repetitiver 197

Die Produktion wurde unbeabsichtigt verbrämt im Geiste<br />

von Disneys "Piraten der Karibik". Indem Menzies Woods<br />

Anweisungen unbesehen folgte, verherrlichte er den Film in<br />

der Weise, dass jede Szene zu einem Gemälde wurde, das zu<br />

schön war, um zur rohen Geschichte zu passen. Beispielsweise<br />

in den Winterszenen ist der Film so attraktiv wie ein Paket<br />

Hallmark-Weihnachtskarten; nur der alte St. Niklaus fehlt, der<br />

auf dem Schlitten um den Berg kurvt. Auch Victor Youngs romantischer<br />

Ablauf stimmt nicht immer – sein Hauptmotiv wird<br />

eindeutig zu oft wiederholt und jede Szene mit Handlung wird<br />

von aufdringlicher Musik untermalt. In einer Szene, in der ein<br />

Republikaner Pablo angreift, unterstreicht Young jeden Schlag,<br />

den der Mann dem Verräter verpasst, mit einem explosiven<br />

Akkord. In solchen Momenten nähert sich der Film gefährlich<br />

der Satire. In der Schlussanalyse erschien der Krieg nirgendwo<br />

so attraktiv, wie in Paramounts Spanien.<br />

Selbst in einer der beiden Hauptrollen konnte die sonst<br />

einfallsreiche <strong>Ingrid</strong> <strong>Bergman</strong> keine Gelegenheiten finden, ihr<br />

Talent einzusetzen. Obschon sie in ihren Memoiren auf die<br />

erfreuliche Zusammenarbeit mit Cooper Bezug nimmt, vertraute<br />

sie Jahre später Freunden an, dass die Monate der Arbeit<br />

an diesem Film für sie zu den frustrierendsten und<br />

enttäuschendsten Erlebnissen ihrer Karriere zählten: "Ich<br />

hasste jeden Moment davon", sagte sie tonlos, denn sie wusste<br />

von Anfang an, dass ihr das Script nichts geben würde, woran<br />

sie hätte arbeiten können – selbst ihre beiden dramatischen<br />

Monologe ergaben keinen Kontext, der beim Publikum<br />

ein logisches Einfühlungsvermögen generiert hätte.<br />

<strong>Ingrid</strong>s beste Leis<strong>tu</strong>ngen entstanden in der Zusammenarbeit<br />

mit erstklassigen Darstellern und inspirierten Regisseuren,<br />

die eine Atmosphäre schufen, in der sie ihr Talent entfalten<br />

konnte. Cooper, die perfekte Verkörperung des Charakters<br />

von Jordan, bot ihr nichts, woran sie hätte arbeiten können,<br />

ausser seinem Charme, und für "Wem die S<strong>tu</strong>nde schlägt"<br />

war das bei weitem zu wenig. Letztlich spielte Cooper Cooper<br />

(wie nur Cooper es kann), und durch seine Unfähigkeit, seine<br />

Diktion anzupassen, wirkte sein überspannter, repetitiver<br />

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