Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

ingrid.bergman.ch
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29.01.2013 Aufrufe

sen, hat ihr bereits einige Sorgen eingetragen: "Sie wagte nicht einmal, ohne seine Zustimmung ein Kleid zu kaufen", sagte Michel Bernheim, ein französischer Filproduzent und Freund der Lindströms. "Ich persönlich hätte Dr. Lindström nachhause geschickt", sagte Selznick zu seinem PR-Chef Whitney Bolton, der sich darüber beklagte, dass Lindström zu jedem Aspekt von Selznicks Management von Ingrid Kritik anzubringen hatte. Selznick hatte einen persönlichen Grund für die Ablehnung von Petters Managementstil, weil dieser während seines Juni- Besuchs in Hollywood mit Selznick ziemlich undiplomatisch umgesprungen war. "David war scheinbar nicht sehr gut auf mich zu sprechen", schrieb Petter an Davids Frau Irene, "vielleicht hat er mir die Bemerkung übelgenommen, seine Frau und sein Schwiegervater seien seine wertvollsten Aktiven." Mit solcher Offenheit konnte Petter keine Verbündeten gewinnen. VORDERHAND SOLLTE INGRID von dieser Entwicklung der Dinge nichts erfahren, was vor allem Selznick so wollte; er wusste, dass sie jetzt in der Sierra Nevada oben mit viel Arbeit hart gefordert wurde. Das Leben von Anfang August bis Ende September war dort oben in mancherlei Hinsicht recht rauh, in anderer Beziehung aber auch enorm angenehm. Wie schon so oft, machte Ingrid im ersten Fall aus der Not eine Tugend, während sie den zweiten Fall glücklich auszukosten wusste. Erstens herrschten dort Lebensbedingungen, die nur von wenigen Stars klaglos hingenommen worden wären. Nahe beim Stanislaus River wurde ihr und Ruth eine kleine Ferienhütte zugewiesen, die Paramount von einer kalifornischen Familie gemietet hatte. Im malerischen Bach hinter der Veranda schwammen Forellen, und wenn sie Zeit dazu fanden, angelten sich Ingrid und Ruth eine für Gary Cooper oder Sam Wood. Das war aber kein Hollywood-Bungalow: es gab da nur wenig Wasser und weder Elektrizität, noch Heizung oder Tele- 194

fon. Der Produktions-Direktor fürchtete sich vor dem Zorn der Hauptdarstellerin, war dann aber überrascht zu sehen, wie sie das rustikale Leben genoss. Ihre Garderobe für die Rolle erforderte wenig mehr als ein Herrenhemd, eine alte Hose und ein Paar Espadrilles, worin sie sich auch in der Freizeit am wohlsten fühlte. Es war eine neue Erfahrung, ein einfacheres Leben, das sie mit Humor führte ohne irgendwelche Wünsche zu haben. "Ich bin gerne draussen an der Sonne", schrieb sie am 23. August an Irene Selznick, "und mit dem Klettern und Reiten fühle ich mich so viel besser, als beim Herumsitzen in einem bequemen Garderobestuhl." Dann kamen die Anstrengungen der Dreharbeiten. Der gesamte Film war von William Cameron Menzies entworfen, der für das Aussehen jeder Szene in "Gone With the Wind", "Our Town", "Kings Row" und "Pride of the Yankees" verantwortlich war, und er wählte alles, was am ehesten dem zerklüfteten spanischen Terrain gleichsah. Dies bedeutete meistens, dass sich Darsteller und Mannschaft etwa 15 Meilen weiter in die Berge hinauf begeben mussten, zwischen blanke Granitklötze auf achttausend bis neuntausend Fuss über Meer. Am frostigen Morgen kam die Gesellschaft dort an, arbeitete während des heissen Tages durch, um sich dann abends mit warmem Kaffee gegen die Kälte zu wappnen, bevor sie in Wagen verfrachtet wieder in die Stadt zurückfuhren. Ingrid liebte jede Minute dieses Lebens. Allerdings nicht, weil sie wusste, dass sie an einem Meisterwerk arbeitete. Dem naivsten Crew-Mitglied war sehr bald klar, dass "Wem die Stunde schlägt" mit seinen endlosen Dialogen und seinen ebenso endlosen Nahaufnahmen auf dem besten Weg war, zu einem vernichtend langweiligen und emotionell flachen Film zu werden, der mit Leben und Liebe (vom wichtigen politischen Aspekt nicht zu reden) in der Hemingway-Novelle nichts mehr gemein hatte. Es war das Jahr 1942, und Hollywood-Produktionen hatten in erster Linie politisch korrekt zu sein: der spanische Faschismus wurde nicht verurteilt, Franco und seine Streitkräfte nicht erwähnt, über die Guerillas nur sehr wenig Hintergrundinformation geboten, und 195

sen, hat ihr bereits einige Sorgen eingetragen: "Sie wagte<br />

nicht einmal, ohne seine Zustimmung ein Kleid zu kaufen",<br />

sagte Michel Bernheim, ein französischer Filproduzent und<br />

Freund der Lindströms.<br />

"Ich persönlich hätte Dr. Lindström nachhause geschickt",<br />

sagte Selznick zu seinem PR-Chef Whitney Bolton,<br />

der sich darüber beklagte, dass Lindström zu jedem Aspekt<br />

von Selznicks Management von <strong>Ingrid</strong> Kritik anzubringen hatte.<br />

Selznick hatte einen persönlichen Grund für die Ablehnung<br />

von Petters Managementstil, weil dieser während seines Juni-<br />

Besuchs in Hollywood mit Selznick ziemlich undiplomatisch<br />

umgesprungen war. "David war scheinbar nicht sehr gut auf<br />

mich zu sprechen", schrieb Petter an Davids Frau Irene, "vielleicht<br />

hat er mir die Bemerkung übelgenommen, seine Frau<br />

und sein Schwiegervater seien seine wertvollsten Aktiven." Mit<br />

solcher Offenheit konnte Petter keine Verbündeten gewinnen.<br />

VORDERHAND SOLLTE INGRID von dieser Entwicklung<br />

der Dinge nichts erfahren, was vor allem Selznick so wollte; er<br />

wusste, dass sie jetzt in der Sierra Nevada <strong>ob</strong>en mit viel Arbeit<br />

hart gefordert wurde.<br />

Das Leben von Anfang August bis Ende September war<br />

dort <strong>ob</strong>en in mancherlei Hinsicht recht rauh, in anderer Beziehung<br />

aber auch enorm angenehm. Wie schon so oft, machte<br />

<strong>Ingrid</strong> im ersten Fall aus der Not eine Tugend, während sie<br />

den zweiten Fall glücklich auszukosten wusste.<br />

Erstens herrschten dort Lebensbedingungen, die nur<br />

von wenigen Stars klaglos hingenommen worden wären. Nahe<br />

beim Stanislaus River wurde ihr und Ruth eine kleine Ferienhütte<br />

zugewiesen, die Paramount von einer kalifornischen Familie<br />

gemietet hatte. Im malerischen Bach hinter der Veranda<br />

schwammen Forellen, und wenn sie Zeit dazu fanden, angelten<br />

sich <strong>Ingrid</strong> und Ruth eine für Gary Cooper oder Sam<br />

Wood. Das war aber kein Hollywood-Bungalow: es gab da nur<br />

wenig Wasser und weder Elektrizität, noch Heizung oder Tele-<br />

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