Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

ingrid.bergman.ch
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29.01.2013 Aufrufe

Pensylvania Avenue 1600 vorführen wollte. Vor jedem Kino im Land bildeten sich lange Menschenschlangen, und es war wohl unausweichlich, dass diese unwiderstehliche Geschichte um Liebe und Verzicht - obschon sie von falschen Tatsachen, logischen Fehlern und solchen bei der Zeichnung der Charaktere durchsetzt war – für acht Academy Awards nominiert wurde (keiner davon für Ingrid). Er gewann dann deren drei (bester Film, beste Regie und bestes Script des Jahres 1942), und wurde noch mehr als ein halbes Jahrhundert danach zu den populärsten Filmen aller Zeiten gezählt – nicht wegen seiner historischen Aktualität, sondern weil er auch heute noch erstklassige Unterhaltung bietet. Aber Ingrid Bergman selbst konnte nie verstehen, warum. Wenn sie für ihre Leistung Komplimente erhielt, schmunzelte sie geduldig und meinte lachend: "Na ja, es war eine sehr seltsame Erfahrung. Ich möchte sagen, wir wussten nie, wie's weitergehen würde..." EINES TAGES ENDE JULI bemerkte Paul Henreid Ingrid in einer Drehpause in stiller Niedergeschlagenheit. Nun, erklärte sie, sie sehe überhaupt keine Perspektive für sich. Selznick gab ihr zu wenig zu tun, ein Leben ohne Arbeit war ihr unerträglich, und einer massiven Kampagne zum Trotz hatte sie die Rolle der Maria an Vera Zorina verloren. Und wie sie davon sprachen, hatten die Dreharbeiten zu "Wem die Stunde schlägt" in Nordkalifornien begonnen. Sie war ehrlich (und zu Recht) der Meinung, die Rolle wäre mit ihr besser besetzt gewesen. "Sie dachte dabei sicher nicht an ihre eigene Schönheit", sagte Henreid nach Jahren, "sie war nur vom Wunsch beseelt, in ihrem Beruf die bestmögliche Arbeit einzubringen." Während Ingrid Paul Henreid ihr unglückliches Herz ausschüttete, konnte sie nicht wissen, dass die Glocken hunderte von Meilen weg vor Ort die Katastrophe über einer Produktion einläuteten, die wie "Casablanca" von Problemen er- 190

schüttert wurde, am Ende aber weit weniger populär und erfolgreich war. Vorab gab es Probleme mit Regisseur Sam Wood, selbst unter besten Bedingungen kein sehr einfühlsamer Regisseur, ein Techniker, dem die Aufstellung der Pferde wichtiger war, als die Arbeit mit den Schauspielern. Aber Wood hatte eben mit Gary Cooper in "Pride of the Yankees" gearbeitet und war Coopers Kumpan, womit ein Ersatz hier ausser Frage stand. Ausserdem schätzten weder Cooper noch Wood Vera Zorina besonders, die zwar eine exquisite Schönheit, aber für die Rolle der Maria und die harte Arbeit in den kalifornischen Bergen zu zerbrechlich war. Gemeinsam informierten Cooper und Wood den Pruduktionsleiter, B.G. de Sylva, dass sie im Einvernehmen mit Hemingway und Selznick beschlossen hätten: Ingrid Bergman sei die Richtige für diese Rolle. Zorina müsse gehen. Daraus ergab sich allerdings ein delikates Dilemma, denn Wood hatte Zorina – entgegen seiner echten Meinung – bereits erklärt, ja, ihr Test sei grossartig verlaufen und dass die eine Szene, die er mit ihr gefilmt habe, zeige, dass sie eine zauberhafte Schauspielerin sei. Diese Ausflüchte, die zweifellos schmeicheln und ermutigen sollten, fielen nun mit lautem Getöse auf den Urheber zurück, denn die arme Frau hatte sie für bare Münze genommen. Von Beruf Ballerina und gegenwärtig die Frau von Choreograph George Balanchine, stand sie bei Paramount unter Vertrag, ohne über eine nennenswerte schauspielerische Erfahrung zu verfügen. Als Wood sie ins Visier nahm, graute ihr vor dem Gedanken, in einer derart grossen Produktion wie "Wem die Stunde schlägt" aufzutreten. Woods Lobhudelei erfüllte sie mit falschen Hoffnungen – womit der Paukenschlag der Entlassung umso stärker dröhnte. Und wie es so geht, soll Zorina dafür Kerzen gespendet haben, in einem Film nicht in Erscheinung treten zu müssen, der in seiner endgültigen Fassung zu den allerlangweiligsten Unterhaltungsflops in Hollywoods Geschichte zählt. 191

schüttert wurde, am Ende aber weit weniger populär und erfolgreich<br />

war.<br />

Vorab gab es Pr<strong>ob</strong>leme mit Regisseur Sam Wood,<br />

selbst unter besten Bedingungen kein sehr einfühlsamer Regisseur,<br />

ein Techniker, dem die Aufstellung der Pferde wichtiger<br />

war, <strong>als</strong> die Arbeit mit den Schauspielern. Aber Wood hatte<br />

eben mit Gary Cooper in "Pride of the Yankees" gearbeitet<br />

und war Coopers Kumpan, womit ein Ersatz hier ausser Frage<br />

stand. Ausserdem schätzten weder Cooper noch Wood Vera<br />

Zorina besonders, die zwar eine exquisite Schönheit, aber für<br />

die Rolle der Maria und die harte Arbeit in den kalifornischen<br />

Bergen zu zerbrechlich war. Gemeinsam informierten Cooper<br />

und Wood den Pruduktionsleiter, B.G. de Sylva, dass sie im<br />

Einvernehmen mit Hemingway und Selznick beschlossen hätten:<br />

<strong>Ingrid</strong> <strong>Bergman</strong> sei die Richtige für diese Rolle. Zorina<br />

müsse gehen.<br />

Daraus ergab sich allerdings ein delikates Dilemma,<br />

denn Wood hatte Zorina – entgegen seiner echten Meinung –<br />

bereits erklärt, ja, ihr Test sei grossartig verlaufen und dass<br />

die eine Szene, die er mit ihr gefilmt habe, zeige, dass sie eine<br />

zauberhafte Schauspielerin sei. Diese Ausflüchte, die zweifellos<br />

schmeicheln und ermutigen sollten, fielen nun mit lautem<br />

Getöse auf den Urheber zurück, denn die arme Frau hatte sie<br />

für bare Münze genommen. Von Beruf Ballerina und gegenwärtig<br />

die Frau von Choreograph George Balanchine, stand sie<br />

bei Paramount unter Vertrag, ohne über eine nennenswerte<br />

schauspielerische Erfahrung zu verfügen. Als Wood sie ins Visier<br />

nahm, graute ihr vor dem Gedanken, in einer derart grossen<br />

Produktion wie "Wem die S<strong>tu</strong>nde schlägt" aufzutreten.<br />

Woods L<strong>ob</strong>hudelei erfüllte sie mit f<strong>als</strong>chen Hoffnungen – womit<br />

der Paukenschlag der Entlassung umso stärker dröhnte.<br />

Und wie es so geht, soll Zorina dafür Kerzen gespendet haben,<br />

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seiner endgültigen Fassung zu den allerlangweiligsten Unterhal<strong>tu</strong>ngsflops<br />

in Hollywoods Geschichte zählt.<br />

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