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Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

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nur nicht das Gefühl, dass Anna krank, kaputt und zerstört<br />

war. Man hatte den Eindruck, dass die Unterwäsche unter ihrem<br />

schmutzigen Rock gestärkt, sauber und wohlduftend sei."<br />

"Ich sehe Anna Christensen so, wie ich selbst bin, ein<br />

starkes, gesundes Schwedenmädchen", erzählte <strong>Ingrid</strong> diesen<br />

Sommer einem Reporter, so <strong>als</strong> <strong>ob</strong> sie eine Bemerkung Housemans<br />

während der Pr<strong>ob</strong>en beantworten würde. "Sie muss<br />

nicht verloren oder trostlos wirken – krank, ja, und bitter – sie<br />

ist ein Landmädchen, das sich in die Stadt verirrt hat. Ich denke,<br />

dass in der berühmten Szene, <strong>als</strong> sie auf das Kruzifix<br />

schwört, (<strong>als</strong> Prosti<strong>tu</strong>ierte) nie einen andern Mann zu lieben<br />

und rechtschaffen leben zu wollen, man ihr das glauben muss.<br />

Zu glauben, sie gehe zurück zu ihrem alten Leben, wäre sinnlos."<br />

Das war sicher eine Interpretation, die im Text zu lesen<br />

war (und die den Besuchern des Sommertheaters zweifellos<br />

gefiel), die dem Stück aber auch etwas von seinem Biss nahm.<br />

Ihr Einstand am 30 Juli am L<strong>ob</strong>ero Theater, Santa Barbara,<br />

wo "Anna Christie" bis zum 2. August lief, liess mit aller<br />

Deutlichkeit das Pr<strong>ob</strong>lem erkennen, <strong>Ingrid</strong> <strong>Bergman</strong> <strong>als</strong> heruntergekommene<br />

Hure glaubhaft zu machen. Wie sie sich abgekämpft<br />

in "Johnny the Priest's Bar" in einen Sessel fallen lässt,<br />

spricht sie die unsterblichen Worte: "Gib mir einen Whysky und<br />

Ginger Ale, und sei nicht mickerig, Baby!" Worauf das Publikum<br />

– darunter Lana Turner, Tony Martin, George Raft, Samuel<br />

Goldwyn, Alfred Hitchcock, Olivia de Havilland neben einer<br />

unzählbaren Menge – in Gelächter ausbrach. "Sie erwarteten,<br />

mich sagen zu hören: 'Gib mir ein Glas Milch'", sagte <strong>Ingrid</strong><br />

Jahre später lachend, "aber gut, wir haben das überlebt."<br />

Das Theaterpublikum der drei Städte erlebte diesen August<br />

und September ein tief beeindruckendes Portrait. <strong>Ingrid</strong>s<br />

natürliche Rastlosigkeit und ihr hochgezüchtetes Temperament<br />

fanden ihren Niederschlag in Annas Gr<strong>ob</strong>heit, und im Kern der<br />

Rolle projizierte sie eine gewisse Ruhe, gegen deren Ursache<br />

sie ständig ankämpfte. Auch darin waren sich Anna und <strong>Ingrid</strong>,<br />

wie sie nachdrücklich feststellte, sehr ähnlich: beide versuchten,<br />

den hohen Ansprüchen gerecht zu werden, die andere –<br />

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