Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

der Tür stand, konnte er seinen Star quer durchs Land schicken,
was ihm sowohl Geld wie Publizität einbrachte. Das
Stück, das Ingrid und Kay Selznick vorschlugen, war ein 1920
entstandenes Drama von Eugene O'Neill, das sich als perfekte
Fortsetzung zu Ivy Petersen anzubieten schien. Die Rolle, die
Garbo in ihrem ersten Tonfilm 1930 spielte, war Ingrid auf den
Leib geschrieben, weshalb sich Selznick damit einverstanden
erklärte, sein Empire in den sogenannten Strohhut-Zyklus des
diesjährigen Sommertheaters einzubringen, und zwar durch
Vorstellungen unter John Housemans Regie in Santa Barbara,
San Francisco und Maplewood, New Jersey.
"Anna Christie" zeichnet den Weg der Titelfigur nach,
nachdem sie die Liebe in einer lieblosen Gesellschaft entdeckt
hatte. Chris Christopherson, ein ehemaliger Hochseekapitän,
der die See hassen lernte und sich nun auf einem Kohlekahn
niedergelassen hat, erfährt, dass seine Tochter Anna, die er
vor fünfzehn Jahren in Schweden verlassen hatte, ihn demnächst
von Minnesota aus besuchen werde. Nicht wissend,
dass sie sich nach einer Vergewaltigung der Prostitution zugewandt
hatte, wird Chris mit der Tatsache konfrontiert, dass sie
an seiner Vernachlässigung gelitten hat. Überzeugt davon,
dass sie keine Liebe erleben würde, verweigert sich Anna zunächst
auch der gegenseitigen Leidenschaft mit dem Matrosen
Mat Burke. Schliesslich versucht sie aber, mit ihm ein neues
und illusionsloses Leben zu beginnen – wie auch Chris, der
nach Jahren wieder seine erste Überseefahrt unternehmen will.
Die See entscheidet letztlich über das Schicksal aller.
O'Neill beschrieb Anna als eine grosse, zwanzigjährige
Blondine, "eine hübsche Vikinger-Tochter, jetzt aber gesundheitlich
heruntergekommen und äusserlich eindeutig dem ältesten
Gewerbe zuzuordnen". Aber Ingrid schaffte diesen verwüsteten
Auftritt nur halbwegs, denn kein blasses Makeup
konnte ihren Glanz von Fitness und die dominante Ausstrahlung
von gesundem Geist und Körper überdecken, die sie verströmte.
"Es war eine Freude, mit Ingrid zu arbeiten", erinnerte
sich Houseman. "Sie war eifrig, leidenschaftlich, immer gut
vorbereitet und sie gab mir alles, was ich von ihr verlangte,
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