Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

der Überraschung war das wichtigste Element, auf welches er
in dieser Geschichte setzte.
Ingrid übernahm die ihr zugedachte Aufgabe nicht
kampflos, denn bei der Lektüre der Rolle von Beatrix Emery
wurde sie mit jeder Seite von wachsender Langeweile und Verzweiflung
gepackt. Einmal hatte die Rolle keine Tiefe. In Henry
Jekyll verliebt und ahnungslos über die dunkeln Absichten hinter
dessen Experimenten, verblasste die Verlobte im Vergleich
zu Ivy, dem Cockney-Flittchen, das den Doktor anmacht, ihm
zum Opfer fällt und schliesslich von dessen zweitem Ego umgebracht
wird.
Die Charaktere, die Ingrid in ihrer bisherigen Karriere in
Amerika gespielt hat, hatten nichts gemein mit den vielschichtigen
Figuren, deren Darstellung sie in Schweden so genoss. In
ihrer eigenen Sprache spielte sie komische, dramatische, tragische
und romantische Rollen; im Vergleich dazu gewährte ihr
Selznick wenig Spielraum. Obschon sie jede Rolle zu ihrer eigenen
machte und den Kern eines jeden Charakters treffen
konnte, war ihr amerikanisches Repertoire von lähmender Eintönigkeit.
In "Intermezzo", "Adam Had Four Sons" und "Rage
in Heaven" war sie eine bewunderungswürdige, selbstaufopfernde
Gouvernante oder Kameradin. Jetzt sehnte sie
sich danach, einmal jemand anderen zu portraitieren – und
wäre es eine gefallene Frau, wie sie sich Bosley Crowther gegenüber
äusserte
Selznick und Fleming wischten diese Idee vom Tisch,
der Produzent, weil er ihren Filmruf nicht auf's Spiel setzen
wollte, und der Regisseur, weil er ihre Fähigkeit anzweifelte,
eine Barmaid zu spielen, die einem bösen Ende entgegengeht.
Übrigens, erzählten sie Ingrid, die Rolle, die sie so sehr begehrte,
werde von Metros Pullover-Mädchen vom Dienst, Lana
Turner, gespielt, die eben einundzwanzig geworden sei und
nun als Sexy-Star aufgebaut werde.
Aber Ingrid hielt Fleming weiterhin unter sanftem
Druck, bis er sich schliesslich bereit erklärte, sie für Ivy zu testen.
Am 20. Februar sah er sich genötigt, Selznick zu erklären,
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