Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman Ingrid - tu als ob - Ingrid Bergman

ingrid.bergman.ch
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29.01.2013 Aufrufe

Sie lernte auch den amerikanischen Cocktail kennen, und im Handumdrehen entwickelte sie einen sicheren Geschmack für Gin Martinis, Rhum Drinks und Whisky Sours - für buchstäblich das ganze Angebot. "Als ich nach Amerika kam und all die Namen sah - Stingers, Daiquiries - begann ich einfach bei "A" und arbeitete mich das Alphabet runter." Glücklicherweise hatte Ingrid eine starke Konstitution und hielt den Drinks stand. Ihr Leben lang genoss sie ihre Drinks unbeschwert, konnte für eine Diät jederzeit verzichten und war nie so etwas wie eine Alkoholikerin. Disziplin und Stolz hätten es ihr nicht erlaubt, sich von irgendeiner Lust bestimmen zu lassen. Was die Verbesserung ihrer Englischkenntnisse anbetraf, so war Ingrid viel zu quirlig, als dass sie sich in Ruhe hätte mit einer Zeitung hinsetzen oder eine solche gar konzentriert hätte lesen können. Da stimmte auch Kay zu, dass wohl das Theater das Richtige wäre. Nach einer Woche hatte sie "Abe Lincoln in Illinois", "The Little Foxes", "The Philadelphia Story" und "No Time for Comedy" gesehen - war aber dem Verständnis der amerikanischen Umgangssprache um nichts näher gekommen. Solange Kay langsam und klar sprach und sich auf elementare Satzkonstruktionen beschränkte, war alles gut. Aufgeschmissen war Ingrid aber, wie es sich um dramatische Dialoge, Dialekt oder etwas Komplizierteres als einen einfachen Satz handelte. Kay sah, dass hier schnell etwas geschehen musste, weil die Dreharbeiten zu "Intermezzo" im Mai beginnen sollten. In seiner Antwort auf ihr diesbezügliches Telegramm schrieb Selznick, er werde einen Sprachcoach in Hollywood für sie bereithalten. Die Ankunft dort erfolgte am frühen Samstag Nachmittag des 6. Mai. Kay begleitete Ingrid im Zug von New York nach Pasadena, wo ein Wagen mit Fahrer sie erwartete, um die beiden Damen zum Selznick Mansion am Summit Drive in Beverly Hills zu bringen. Mit einem Swimming Pool, einem riesigen gediegenen Esszimmer, verschiedenen Salons, einer Bibliothek und einem Filmvorführraum war das Selznick-Anwesen etwas Unvorstellbares für eine schwedische Schauspielerin, die 106

mit einer anspruchslosen Wohnung durchaus zufrieden war. Ingrid hatte solchen Luxus in amerikanischen Filmen und Magazinen gesehen, war aber viel zu sensibel, um ihr Staunen professionell zu überspielen. Sie wurde sofort Davids Frau Irene (Tochter des MGM- Moguls Louis B. Mayer) vorgestellt, die eben das Kentucky Derby hörte. Ihr Mann sei in Culver City mit Dreharbeiten zu "Vom Winde verweht" beschäftigt. Erstaunt darüber, Ingrid hier mit ein paar kleinen Gepäckstücken und ohne den bei Filmstars üblichen Überseekoffer zu sehen, führte Irene sie zum Gästetrakt der Selznick-Residenz, wo sie nun für's erste wohnen sollte. Ingrid staunte gleich weiter über die verschwenderisch ausgestattete Dreizimmer-Suite mit Bad und Salon, die ihr als Gästezimmer zugewiesen wurde. Am Abend lud Irene Selznick Ingrid ein, sie mit ein paar Freunden zum "Beachcomber" zu begleiten, einem Restaurant in Hollywood mit Südpazifik-Athmosphäre. Mit von der Partie an diesem Abend waren auch Miriam Hopkins, Richard Barthelmess und Grace Moore - neben Ingrid, die in dieser Gesellschaft, verwirrt von der "Maschinengewehr-Konversation", buchstäblich sprachlos war. Aber nach einem der tödlichen Beachcomber-Daiquiries (serviert in einer Keramik-Kokosnuss mit einem kleinen rosa Sonnenschirmchen geschmückt) machte sie eine scherzhafte Bemerkung über ihre Grösse, womit das Eis gebrochen war und (wie Irene sich erinnerte) ihr alle verfallen waren. Trotzdem Ingrids Englisch beschränkt war, hatte sie eine bemerkenswerte Kommunikationsfähigkeit: was immer sie fühlte wurde irgendwie schnell durch einen feinen aber direkten Begriff, einen Blick und ein paar sparsame Gesten herübergebracht - ein Mix von Qualitäten übrigens, der ihre Gefühle auf der Leinwand so intensiv zum Ausdruck brachte. "Ihre Unaffektiertheit war grandios", fand Irene (die von den Stars ihres Gatten nicht schnell beeindruckt war). "Einfach und direkt, hatte sie ein frisches Auftreten. In der Tat war sie mit keiner mir bisher begegneten Schauspielerin zu vergleichen. 107

mit einer anspruchslosen Wohnung durchaus zufrieden war.<br />

<strong>Ingrid</strong> hatte solchen Luxus in amerikanischen Filmen und Magazinen<br />

gesehen, war aber viel zu sensibel, um ihr Staunen<br />

professionell zu überspielen.<br />

Sie wurde sofort Davids Frau Irene (Tochter des MGM-<br />

Moguls Louis B. Mayer) vorgestellt, die eben das Ken<strong>tu</strong>cky<br />

Derby hörte. Ihr Mann sei in Culver City mit Dreharbeiten zu<br />

"Vom Winde verweht" beschäftigt. Erstaunt darüber, <strong>Ingrid</strong><br />

hier mit ein paar kleinen Gepäckstücken und ohne den bei<br />

Filmstars üblichen Überseekoffer zu sehen, führte Irene sie<br />

zum Gästetrakt der Selznick-Residenz, wo sie nun für's erste<br />

wohnen sollte. <strong>Ingrid</strong> staunte gleich weiter über die verschwenderisch<br />

ausgestattete Dreizimmer-Suite mit Bad und<br />

Salon, die ihr <strong>als</strong> Gästezimmer zugewiesen wurde.<br />

Am Abend lud Irene Selznick <strong>Ingrid</strong> ein, sie mit ein paar<br />

Freunden zum "Beachcomber" zu begleiten, einem Restaurant<br />

in Hollywood mit Südpazifik-Athmosphäre. Mit von der Partie<br />

an diesem Abend waren auch Miriam Hopkins, Richard Barthelmess<br />

und Grace Moore - neben <strong>Ingrid</strong>, die in dieser Gesellschaft,<br />

verwirrt von der "Maschinengewehr-Konversation",<br />

buchstäblich sprachlos war. Aber nach einem der tödlichen<br />

Beachcomber-Daiquiries (serviert in einer Keramik-Kokosnuss<br />

mit einem kleinen rosa Sonnenschirmchen geschmückt) machte<br />

sie eine scherzhafte Bemerkung über ihre Grösse, womit das<br />

Eis gebrochen war und (wie Irene sich erinnerte) ihr alle verfallen<br />

waren.<br />

Trotzdem <strong>Ingrid</strong>s Englisch beschränkt war, hatte sie eine<br />

bemerkenswerte Kommunikationsfähigkeit: was immer sie<br />

fühlte wurde irgendwie schnell durch einen feinen aber direkten<br />

Begriff, einen Blick und ein paar sparsame Gesten herübergebracht<br />

- ein Mix von Qualitäten übrigens, der ihre Gefühle<br />

auf der Leinwand so intensiv zum Ausdruck brachte. "Ihre<br />

Unaffektiertheit war grandios", fand Irene (die von den<br />

Stars ihres Gatten nicht schnell beeindruckt war). "Einfach und<br />

direkt, hatte sie ein frisches Auftreten. In der Tat war sie mit<br />

keiner mir bisher begegneten Schauspielerin zu vergleichen.<br />

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