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Mehrsprachigkeit in Europa: Plurilinguismo in Europa ... - EURAC

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Staat – Nation - Sprache<br />

Diglossie vorstellen. Sie besteht dar<strong>in</strong>, dass der e<strong>in</strong>zelne Sprecher mehrere Sprachen so<br />

beherrscht, dass er die damit konventionell verbundenen kommunikativen Aufgaben bewältigen<br />

kann. Als erstrebenswertes Modell für <strong>Europa</strong> wird gelegentlich e<strong>in</strong>e Dreisprachigkeit<br />

dargestellt, die <strong>in</strong> der Kenntnis der “eigenen“ Sprache, der des Nachbarstaates und des<br />

Englischen (für die <strong>in</strong>ternationale Kommunikation <strong>in</strong> Wissenschaft, Wirtschaft und Politik)<br />

besteht. E<strong>in</strong>e gut entwickelte Dreisprachigkeit sollte e<strong>in</strong>e „Verengung auf Englisch als<br />

L<strong>in</strong>gua franca - wie dies <strong>in</strong> anderen Teilen der Welt bereits geschehen ist-“ (Kelz 2002: 12)<br />

verh<strong>in</strong>dern. Würde sich nämlich das Englische tatsächlich als alle<strong>in</strong>ige „Hauptsprache für alle<br />

... sprachgeme<strong>in</strong>schaftsübergreifenden Kommunikationsbedürfnisse“ etablieren, so hätte dies<br />

unausweichlich zur Folge, dass alle anderen europäischen Nationalsprachen „zu regionalen<br />

Sprachen für <strong>in</strong>terne Kommunikationsbedürfnisse degradiert“ würden. (Lüdi 2002: 175) E<strong>in</strong><br />

wesentliches Merkmal der <strong>Mehrsprachigkeit</strong> wird wohl auch weiterh<strong>in</strong> dar<strong>in</strong> bestehen, dass für<br />

das Individuum jeweils e<strong>in</strong>e die so genannte „starke Sprache“ darstellt, <strong>in</strong> der er/sie wiederum<br />

über e<strong>in</strong> differenziertes Register von Varianten und Varietäten verfügt. Diese <strong>Mehrsprachigkeit</strong><br />

„darf aber nicht mit jenen ‚mythischen’ perfekten Sprachkenntnissen <strong>in</strong> zwei oder mehreren<br />

Sprachen <strong>in</strong> Wort und Schrift verwechselt werden, welche während langer Zeit die Vorstellungen<br />

von den ‚Bil<strong>in</strong>gues’ geprägt haben. Mehrsprachig ist, wer über e<strong>in</strong> Repertoire verfügt, das ihn<br />

dazu befähigt, die schriftlichen und/oder mündlichen kommunikativen Bedürfnisse im Alltag <strong>in</strong><br />

wechselnden Situationen abwechslungsweise <strong>in</strong> mehreren Sprachen zu befriedigen“ (Lüdi 2002:<br />

174) und wer <strong>in</strong> der Lage ist, auch emotional unbefangen die jeweils situativ angemessene<br />

Sprache oder Varietät zu realisieren. E<strong>in</strong>e solche Form von Diglossie ersche<strong>in</strong>t nur uns Europäern<br />

e<strong>in</strong> schwer erreichbares – manchen sogar e<strong>in</strong> unrealistisches – Ziel. In anderen Kont<strong>in</strong>enten ist<br />

sie ganz normaler Alltag. „Weit mehr als die Hälfte der Menschheit ist mehrsprachig oder lebt<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er mehrsprachigen Umgebung.“ (Lüdi 2002: 173)<br />

Zuversichtlich stimmt die Beobachtung, dass <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> die Fremdsprachenkenntnisse bei<br />

der jüngeren Generation deutlich zugenommen haben. So beherrschen z. B. von den 15 bis<br />

24 jährigen 62% zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e Fremdsprache, von den 40- bis 54-Jährigen h<strong>in</strong>gegen nur 39%<br />

(Kelz 2002: 8). E<strong>in</strong>e genauere Analyse dieser Statistiken zeigt allerd<strong>in</strong>gs, dass die Entwicklung<br />

eher <strong>in</strong> die Richtung e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> mehrfacher H<strong>in</strong>sicht partiellen <strong>Mehrsprachigkeit</strong> geht: Die<br />

Fremdsprachenkenntnisse nehmen lediglich bei Jugendlichen mit höherem Bildungsniveau<br />

(Matura oder akademische Bildung) zu. Die Zunahme bezieht sich außerdem fast ausschließlich<br />

auf das Englische, während „für alle übrigen Fremdsprachen teilweise sogar Rückgänge<br />

zu beobachten s<strong>in</strong>d.“ (Kelz 2002: 9) Im anglophonen Raum ist der Anteil der Personen mit<br />

Fremdsprachenkenntnissen ger<strong>in</strong>ger als <strong>in</strong> den meisten anderen EU-Ländern 15 , und die<br />

Jugendlichen englischer Muttersprache zeigen nach wie vor auffallend ger<strong>in</strong>ge Bereitschaft<br />

e<strong>in</strong>e weitere Sprache zu erlernen.<br />

Die Kenntnis mehrerer Sprachen bietet die Möglichkeit sich zu verständigen. Sie ist damit<br />

zwar e<strong>in</strong>e wichtige Voraussetzung, um mit Fremdem ohne Angst, unbefangen umgehen zu<br />

können, aber sie alle<strong>in</strong> reicht nicht aus, um sich auch zu verstehen. Dazu muss die Kenntnis<br />

mehrerer Sprachen begleitet se<strong>in</strong> von der Fähigkeit, das Fremde/das Andere als solches zu<br />

akzeptieren und zu respektieren. E<strong>in</strong>e solche Haltung können wir aber nur entwickeln, wenn<br />

15 Vgl. das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen der Kommission der Europäischen Geme<strong>in</strong> schaft unter www.<br />

europa.eu.<strong>in</strong>t/education/languages.<br />

Multil<strong>in</strong>gualism.<strong>in</strong>db 57 4-12-2006 12:25:15<br />

57

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