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Mehrsprachigkeit in Europa: Plurilinguismo in Europa ... - EURAC

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Leonhard Voltmer<br />

In der Literatur wird die <strong>Mehrsprachigkeit</strong> e<strong>in</strong>er Gesellschaft als ökonomischer Nachteil<br />

dargestellt: Das Wirtschaften unter der Bed<strong>in</strong>gung der <strong>Mehrsprachigkeit</strong> verursache zusätzliche<br />

Kosten17 und stehe der gesamtgesellschaftlichen Arbeitsteilung und der Ausdifferenzierung des<br />

Systems entgegen. Nach obigem Modell ist jede weitere gelernte Sprache ke<strong>in</strong> Nachteil an<br />

sich, sondern nur e<strong>in</strong> relativer Nachteil, da gegenüber e<strong>in</strong>em Konkurrenten, der e<strong>in</strong>e stärker<br />

verbreitete Sprache beherrscht, e<strong>in</strong> Wettbewerbsnachteil besteht. Insofern ist jede weitere<br />

Sprache natürlich von Nutzen, aber eben nicht <strong>in</strong> gleicher Höhe.<br />

Zur Veranschaulichung genügt e<strong>in</strong>e Untersuchung der Kommunikationseffi zienz:<br />

Würde e<strong>in</strong> EU-Bürger 20 Fremdsprachen lernen, aber nicht Englisch, dann hätte er se<strong>in</strong>e<br />

Kommunikationseffi zienz <strong>in</strong> der EU weniger gesteigert als jemand, der nur die englische Sprache<br />

dazulernt. 18<br />

Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass zwar die wirklich wirksamen Faktoren für<br />

die <strong>in</strong>dividuellen Sprachenlernentscheidungen theoretisch schwer zu identifi zieren s<strong>in</strong>d<br />

(s.o.), dass man jedoch vom Ergebnis auf die wirksamen Faktoren rückschließen kann.<br />

Ganz pauschal und mit entsprechender Vorsicht bezüglich vieler Ausnahmen gesagt, lässt<br />

die Entwicklung der Sprecherzahlen <strong>in</strong> der Vergangenheit kaum e<strong>in</strong>en großen E<strong>in</strong>fl uss von<br />

Sprachenaußenpolitiken erkennen. Sprachenlernentscheidungen ließen sich eventuell aber<br />

dann bee<strong>in</strong>fl ussen, wenn man den <strong>in</strong>dividuellen Nutzen <strong>in</strong> den Vordergrund stellte. Nicht jeder<br />

Sprecher wird gleich den Weltmarkt im Auge haben, so dass z.B. Regionalsprachen als die<br />

<strong>in</strong>dividuell kommunikationseffi zienteren propagiert werden könnten. 19 Man kann <strong>in</strong>dividuelle<br />

Entscheidungen daher durchaus mit rationalen Argumenten bee<strong>in</strong>fl ussen, nur müssen sie<br />

anderer Natur se<strong>in</strong>, als sie dies heute s<strong>in</strong>d. 20 Me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach müsste die „“<strong>in</strong>dividuelle<br />

Kommunikationseffi zienz”“ <strong>in</strong>s Zentrum gestellt werden.<br />

III. Zusammenfassung der Ergebnisse<br />

Sprachenaußenpolitik ist <strong>in</strong> ihren Mitteln stark e<strong>in</strong>geschränkt. Im Versuch, direkt auf das<br />

Entscheidungsverhalten E<strong>in</strong>zelner e<strong>in</strong>zuwirken verfällt sie allzu oft <strong>in</strong> „gutes Zureden“, das<br />

im Verhältnis zu anderen Kräften kaum wirksam wird. Wirksamer wäre die Bee<strong>in</strong>fl ussung der<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen. Der Wert e<strong>in</strong>er Sprache ist nicht re<strong>in</strong> imag<strong>in</strong>ativ und durch Prestigewerbung<br />

zu erhöhen, sondern kann mit objektiven Kriterien gemessen werden. Das Ziel der<br />

Sprachenaußenpolitik sollte daher die objektive Steigerung <strong>in</strong>sbesondere des Kommunikations-<br />

und ökonomischen Werts e<strong>in</strong>er Sprache se<strong>in</strong>.<br />

Nachfrage und Angebot: Steigen beide, dann bleibt der Preis theoretisch gleich, aber der Nutzen für jeden Sprecher<br />

erhöht sich.<br />

17 Rötzer (1997) belegt dies durch e<strong>in</strong>en Zusammenhang zwischen dem Pro-Kopf-E<strong>in</strong>kommen und der Homogenität der<br />

Sprachsituation, sowie mit dem geschichtlichen Argument, dass größere politische und wirtschaftliche Vernetzung stets<br />

mit e<strong>in</strong>er Standardisierung der Verkehrsbeziehungen (Geld, Techniken, Maße und Gewichte, Sprache) e<strong>in</strong>herg<strong>in</strong>g.<br />

18 Das Beispiel von Voltmer (2006) h<strong>in</strong>kt <strong>in</strong>sofern, als der 21-sprachige sich <strong>in</strong> der Muttersprache verständigen kann,<br />

während der andere nur e<strong>in</strong>e Brückensprache erlernt hat, so dass nicht dieselbe Qualität der Verständigung erreicht<br />

wird.<br />

19 Voltmer (2006).<br />

20 Vergl. die guten Gründe, Deutsch zu lernen <strong>in</strong> Fußn. 2.<br />

486<br />

Multil<strong>in</strong>gualism.<strong>in</strong>db 486 4-12-2006 12:30:04

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