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Mehrsprachigkeit in Europa: Plurilinguismo in Europa ... - EURAC

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Erfahrungen der <strong>Mehrsprachigkeit</strong> im Kontext Kalabriens: Das “Germanese” aus Carfi zzi<br />

• Verwendung von Elementen aus dem kalabresischen Dialekt<br />

• Die von den Emigranten importierten Elemente aus dem Standarddeutsch „l<strong>in</strong>gua del pane“ 21<br />

( Ausgehend von der Verwendung e<strong>in</strong>zelner Wörter bis h<strong>in</strong> zu ganzen Zeilen oder Passagen)<br />

• Hybride deutsch-italienische, deutsch-arbëreshe Sprachelemente als Folge der<br />

Sprachenmischung<br />

4.1 Wörter aus der Fremde - Lexikalische und morphosyntaktische Transferenzen<br />

Im Folgendem möchte ich mich auf die letzten beiden Muster beziehen, also auf die aus der<br />

deutschen Standardsprache übernommenen Elemente, und auf die aus dem Kontakt zum<br />

Deutschen entstandenen, hybriden Sprachenmischungsphänomene (Földes 2002). Aus den<br />

verschiedenen Manifestationen, die ich auf der Grundlage des literarischen Textkorpus’ Abates<br />

erschlossen habe, sollen im Folgenden e<strong>in</strong>ige exemplarische Beispiele genannt werden. Dabei<br />

sollen <strong>in</strong>sbesondere Transferphänomene im S<strong>in</strong>ne Clynes 22 aus der deutschen Kontaktsprache auf<br />

das Italienische und/oder das Arbëresh hervorgehoben werden. Bei den Transferphänomenen<br />

aus dem Deutschen ist <strong>in</strong> Abates Texten erwartungsgemäß vor allem der Bereich der Lexik<br />

betroffen (Thomason et al. 1988: 77ff.), denn bekanntlich vollzieht sich die Anpassung<br />

der arbëreshen Auswanderer an die neue Umwelt auch sprachlich, was <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie zur<br />

Entlehnung von Wörtern für D<strong>in</strong>ge und E<strong>in</strong>richtungen führt, die <strong>in</strong> der mitgebrachten Sprache<br />

nicht benannt werden können, weil es sie dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>fach nicht gibt. Riehl (2004: 180) spricht <strong>in</strong><br />

diesem Zusammenhang von ‘Bedürfniswortschatz’, also von Wörtern die zusammen mit dem<br />

entsprechenden Sachverhalt übernommen werden (vgl. ebd.).<br />

Im Anschluss an von Polenz (1967: 15) möchte ich hier auch lieber von Lehnwörtern und<br />

nicht von Fremdwörtern sprechen. In Carfi zzi kann man nämlich von e<strong>in</strong>er mehrsprachigen<br />

Situation ausgehen, <strong>in</strong> der Deutsch sehr vielen Sprechern wohlbekannt und geläufi g ist.<br />

Costant<strong>in</strong>o bestätigt, dass die im Folgenden genannten Wörter aus Abates Texten auch <strong>in</strong> der<br />

realen Sprachgeme<strong>in</strong>schaft der Germanesi aus Carfi zzi durchaus üblich s<strong>in</strong>d 23 . Der Wunsch, die<br />

Erfahrung mit der deutschen Sprache hervorzuheben, drückt sich <strong>in</strong> Abates Texten dadurch aus,<br />

dass er <strong>in</strong>sbesondere Substantive als „Inhaltswörter“ (Riehl 2004: 29) verwendet. Auffallend<br />

ist die Übernahme von Substantiv-Komposita aus dem Bereich der Verwaltung, wie folgendes<br />

Beispiel beweist, <strong>in</strong> dem das deutsche Wort Krankensche<strong>in</strong> im Germanese zu Grancasciai wird:<br />

(1) “Allora gli propongo di venire con me <strong>in</strong> Germania per qualche settimana: il<br />

mio dentista e bravo e potrebbe fargli un bel lavoro quasi gratis, utilizzando<br />

il mio Grancasciai;” (Abate 1993: 118)<br />

Ebenso Krankenkasse, das im folgenden Beispiel zu Grancassa wird:<br />

(2) „Era conv<strong>in</strong>tissimo che fossi iscritto alla Grancassa“ (Abate 1993: 145)<br />

Bei der Übernahme des deutschen Lexems Krankensche<strong>in</strong> versucht Abate, die deutsche<br />

Lautung durch italienische graphische Mitteln wiederzugeben. Dadurch wird das deutsche<br />

Graphem im Wort Sche<strong>in</strong> zum italienischen Graphem , die beide dem alveolarpalatalen<br />

Frikativlaut [∫] entsprechen. Mit Hilfe des italienischen Artikels und des<br />

Personalpronomens wird das Wort problemlos <strong>in</strong>s System der italienischen Sprache <strong>in</strong>tegriert,<br />

21 Ebda.<br />

22 Clyne defi niert den Begriff Transferenz folgendermaßen: Transference is employed for the process of br<strong>in</strong>g<strong>in</strong>g over any<br />

items, features or rules form one language to another, and for the results of this process. Any <strong>in</strong>stance of transference<br />

is a transfer. (Clyne 1991: 160).<br />

23 Costant<strong>in</strong>o: Bil<strong>in</strong>gualismus aus dem Osten oder Tril<strong>in</strong>gualismus aus dem Norden? A.a.O., 80.<br />

Multil<strong>in</strong>gualism.<strong>in</strong>db 459 4-12-2006 12:29:47<br />

459

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