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Mehrsprachigkeit in Europa: Plurilinguismo in Europa ... - EURAC

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Rossella Pugliese<br />

2. Historische <strong>Mehrsprachigkeit</strong> <strong>in</strong> Kalabrien: Grekanisch, Arbëresh,<br />

Okzitanisch<br />

Zunächst möchte ich e<strong>in</strong>en kurzen synthetischen, sprachgeographischen Überblick über die <strong>in</strong><br />

Kalabrien alte<strong>in</strong>gesessenen M<strong>in</strong>derheiten geben, <strong>in</strong>nerhalb derer sich das neue Element des<br />

mehrsprachigen Mosaiks situiert. Neben der Amtssprache Italienisch und dem kalabresischen<br />

Dialekt s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Kalabrien bekanntlich folgende alte<strong>in</strong>gesessene M<strong>in</strong>derheitensprachen<br />

vorzufi nden: Griechisch, auch Grekanisch genannt, Okzitanisch, im Fall Kalabriens das<br />

Guardiolo, und das Italo-Albanische, auch Arbëresh genannt. Diese Sprachm<strong>in</strong>derheiten werden<br />

nicht nur vom italienischen Staat, sondern auch durch die regionale Gesetzgebung Kalabriens<br />

– manchmal sogar auf prov<strong>in</strong>zieller Ebene wie im Fall des Guardiolo - geschützt und gefördert.<br />

2.1 Griechisch (Grekanisch)<br />

Das Griechische, das so genannte Grekanisch, ist e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> der Antike durch griechische Siedler<br />

nach Kalabrien importierte Sprache, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Sprach<strong>in</strong>seln Kalabriens im Gebiet der antiken<br />

Magna Grecia, heute noch gesprochen wird. Grekanisch gehört zur den <strong>in</strong>dogermanischen<br />

Sprachen und weist heute altgriechische, byzant<strong>in</strong>isch-griechische und italienische Elemente<br />

auf. Der grekanische Sprachraum (Bovesìa) umfasst <strong>in</strong> Kalabrien im Gebiet des Aspromonte<br />

hauptsächlich Ortschaften wie Bova Superiore, Roghudi, Chorìo di Roghudi, Gallicianò, die<br />

Ortschaft Melito Porto Salvo aber auch neue Siedlungen <strong>in</strong> Bova Mar<strong>in</strong>a, Condofuri Mar<strong>in</strong>a,<br />

sowie Reggio Calabria mit se<strong>in</strong>en Ortsteilen San Giorgio Extra, Rione Modena, Arangea und<br />

Sbarre. Über den Ursprung dieser griechischen Variante Kalabriens besteht auch heute noch<br />

Une<strong>in</strong>igkeit. Unsicher ist man sich, ob es sich hierbei um sprachliche Überreste der griechischen<br />

Kolonien aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. handelt, oder eher um das im 9. Jahrhundert <strong>in</strong> die<br />

Region gebrachte Griechisch byzant<strong>in</strong>ischer Siedler. 2 Bezüglich der Sprecheranzahl liegen ke<strong>in</strong>e<br />

genauen statistischen Daten vor.<br />

2.2. Okzitanisch (Guardiolo)<br />

Das Okzitanische, im Mittelalter bekannt als die Sprache der Troubadours (Provenzalisch oder<br />

langue d’oc), ist e<strong>in</strong>e romanische Sprache, die sich <strong>in</strong> ihrem Gebiet aus dem Late<strong>in</strong>ischen des<br />

römischen Reiches entwickelt hat. In ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet, dem Süden<br />

Frankreichs, e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>iger Gebiete, die heute zu Spanien und Italien gehören, wird<br />

die Sprache nicht mehr auf natürlichem Weg an die junge Generationen weitergegeben und ist<br />

deshalb e<strong>in</strong>e vom Aussterben bedrohte Sprache. Auch <strong>in</strong> Kalabrien befi ndet sich e<strong>in</strong>e okzitanische<br />

Sprach<strong>in</strong>sel <strong>in</strong> der das so genannte Guardiolo gesprochen wird: Guardia Piemontese, e<strong>in</strong>e Ortschaft<br />

<strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z Cosenza, woh<strong>in</strong> es im 14. Jahrhundert von waldensischen Siedlern gebracht wurde<br />

und seitdem dem Sprachkontakt mit den kalabresischen Mundarten der Nachbargeme<strong>in</strong>schaften<br />

ausgesetzt ist. In Guardia Piemontese funktioniert die Sprachvermittlung <strong>in</strong> den Familien noch,<br />

aber angesichts der reduzierten Zahl der Sprecher, ca. 400 Personen von 1500 E<strong>in</strong>wohnern 3 ,<br />

ist der Fortbestand der Sprache auch hier bedroht. Das Guardiolo ist durch staatliche und<br />

regionale Gesetze (Gesetz Nr. 482 vom 15. Dezember 1999, Gesetz Nr.15 vom 30. Oktober<br />

Verwendung von e<strong>in</strong>zelnen, zum Teil veränderten Lexemen aus dem Deutschen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ansonsten italienischsprachigen<br />

Text, als auch den Wechsel zwischen mehreren Sprachen bzw. Varietäten <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er sprachlichen Äuěerung.<br />

(Code-Switch<strong>in</strong>g).<br />

2 Vgl. Isola l<strong>in</strong>guistica greca - Wikipedia. Unter: http://it.wikipedia.org/wiki/Isola_l<strong>in</strong>guistica_greca<br />

(Stand: 25.09.06).<br />

3 Persönliche Mitteilung von Hans-Peter Kunert, Experte für das Guardiolo. Universität Kalabrien.<br />

454<br />

Multil<strong>in</strong>gualism.<strong>in</strong>db 454 4-12-2006 12:29:43

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