ForschungsReport 2000-2 - BMELV-Forschung
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Züchtungsforschung<br />
Die Nassfäule der Kartoffel<br />
Eine Krankheit, ihr Erreger und<br />
die Abwehrreaktionen der Pflanze<br />
Christina Wegener (Groß Lüsewitz)<br />
Die Kartoffel ist für ihren hohen ernährungsphysiologischen Wert<br />
bekannt. Sie enthält alle essentiellen Aminosäuren, Mineral- und<br />
Ballaststoffe sowie wertvolle Vitamine. Es wäre daher vorteilhaft,<br />
wenn sie in der Ernährung weiter an Bedeutung gewinnt. Daraus<br />
erwächst natürlich für die Produzenten die Verpflichtung, den Markt<br />
mit qualitativ hochwertigen, gesunden Kartoffeln zu versorgen. Dies<br />
ist nicht immer ganz einfach, denn ihre wertvolle inhaltsstoffliche Zusammensetzung<br />
macht die Kartoffel auch zu einem guten Nährboden<br />
für Mikroorganismen, wie Bakterien und/oder Pilze, die im Falle einer<br />
Infektion unterschiedliche Krankheitssymptome verursachen und damit<br />
die Qualität mindern. In der Züchtung wie auch in der Züchtungsforschung<br />
wird deshalb sehr intensiv daran gearbeitet, das Gewebe der<br />
Kartoffeln resistenter gegenüber solchen Krankheiten zu machen.<br />
Große wirtschaftliche Bedeutung hat<br />
nach wie vor die von dem Bakterium Erwinia<br />
carotovora (Ec) verursachte Stängelund<br />
Knollennassfäule der Kartoffel. Die in<br />
der Welt durch Nassfäulen entstehenden<br />
Verluste werden auf 50 bis 100 Millionen<br />
Dollar jährlich geschätzt. Besonders<br />
schwerwiegend sind solche Schäden in<br />
den Entwicklungsländern, wo der Kartoffelanbau<br />
forciert wird, um den Hunger zu<br />
bekämpfen. Die bakterielle Nassfäule der<br />
Kartoffeln ist Gegenstand der <strong>Forschung</strong><br />
am Institut für Stressphysiologie und Rohstoffqualität<br />
der Bundesanstalt für Züchtungsforschung<br />
an Kulturpflanzen (BAZ).<br />
Im Folgenden soll näher auf diese Krankheit<br />
eingegangen werden.<br />
40<br />
Zur Geschichte<br />
Anfangs eher als eine botanische Kuriosität<br />
von Liebhabern wegen ihrer schönen<br />
Blüten gesammelt (1651 sind Kartoffeln<br />
erstmalig im Berliner Lustgarten gepflanzt<br />
worden), ist die Kartoffel (Solanum<br />
tuberosum L.) inzwischen seit mehr<br />
als 100 Jahren eine unserer wichtigsten<br />
Nutzpflanzen.<br />
Das Gen-Zentrum der Kartoffel liegt in<br />
Südamerika. Sie wurde bereits seit langer<br />
Zeit von den Inkas für Nahrungszwecke<br />
angebaut. Nach Europa kam die Kartoffel<br />
erst um 1550 mit Entdeckungsreisenden<br />
und breitete sich von Spanien und England<br />
ausgehend auf dem gesamten eu-<br />
Abb. 2: Die Knollennassfäule kann auch<br />
auf die Stängel übergehen. Der Stängelgrund<br />
verfärbt sich dunkel – daher der<br />
Name Schwarzbeinigkeit<br />
Abb. 1:<br />
Erwinia-<br />
Nassfäule<br />
der Kartoffel<br />
ropäischen Festland aus. In Italien war der<br />
Kartoffelanbau schon gegen Ende des 16.<br />
Jahrhunderts bekannt. In Deutschland<br />
wurde sie erst im 18. Jahrhundert in<br />
größerem Maße für Speisezwecke angebaut.<br />
Vor allem mit der Entwicklung der<br />
Kartoffelbrennerei wurde ihr Anbau stark<br />
forciert.<br />
Mit der zunehmenden Verbreitung in<br />
Europa kamen natürlich auch die Kartoffelkrankheiten.<br />
Das massive Auftreten<br />
der durch den Pilz Phytophthora infestans<br />
verursachten Krautfäule in den Jahren<br />
1844-1855 war in vielen Ländern der<br />
Auslöser für den Beginn einer bewussten<br />
Kartoffelzüchtung. Denn die damals angebauten<br />
Sorten besaßen keine Resistenz<br />
gegenüber diesem Erreger, so daß die so<br />
genannte „Kartoffelpest” enorme Ausfälle<br />
verursachen konnte. In Irland, wo die<br />
Kartoffel die Hauptnahrung der ärmeren<br />
Menschen war, kam es zu einer Hungersnot,<br />
in deren Folge Millionen von Iren<br />
starben oder zum Auswandern gezwungen<br />
wurden.<br />
Die Knollennassfäule der Kartoffel<br />
wurde 1879 erstmalig von Reinke und<br />
Berthold in Deutschland beschrieben.<br />
Später erkannte man deren engen Zusammenhang<br />
mit der Schwarzbeinigkeit<br />
der Stängel. Erst um die Jahrhundertwen-<br />
FORSCHUNGSREPORT 2/<strong>2000</strong>