ForschungsReport 2000-2 - BMELV-Forschung
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Editorial<br />
Guten Tag!<br />
Sicherheit ist nicht<br />
selbstverständlich<br />
2<br />
Jemand, der wie ich in die gesetzlich<br />
geregelte Untersuchung der Qualität<br />
landwirtschaftlicher Ernteprodukte<br />
– in diesem Falle von Brotgetreide<br />
– eingebunden ist, macht<br />
alljährlich wiederkehrend eine bemerkenswerte<br />
Erfahrung: Fakten<br />
wie Erntemengen, Erträge oder<br />
Verarbeitungsqualität (Welche Brotqualität<br />
dürfen wir in diesem Jahr<br />
erwarten?) werden von der Öffentlichkeit<br />
eher beiläufig zur Kenntnis<br />
genommen und tauchen auch in<br />
den Medien meist nur mit kleineren<br />
Berichten auf. Zu sehr ist man daran<br />
gewöhnt, dass Überfluss am Markt<br />
vorhanden sein wird und dass eine<br />
qualifizierte Land- und Verarbeitungswirtschaft<br />
das hohe Niveau<br />
unserer Nahrungsmittel schon bereitstellen<br />
wird.<br />
Waches Interesse gilt jedoch regelmäßig<br />
der Frage, wie sich denn die<br />
diesjährige Schadstoffsituation<br />
darstelle.<br />
Sind unsere Lebensmittel<br />
auch<br />
sicher und gesund?<br />
Hier wird<br />
eine gegebenenfalls<br />
Schlagzeilen<br />
versprechende Antwort erwartet.<br />
Und leider scheinen immer wieder<br />
auftretende Lebensmittelskandale<br />
das latente Misstrauen zu bestätigen.<br />
Kriminelle Energie im Zusammenhang<br />
mit Lebensmitteln wird<br />
eine permanente Herausforderung<br />
der Lebensmittelüberwachung<br />
bleiben, ebenso wie auch die<br />
anthropogen bedingten Einträge<br />
unerwünschter Stoffe, die in die<br />
Nahrungskette gelangen können.<br />
Neben diesen vom Menschen gemachten<br />
Problemen beansprucht<br />
aber auch die Natur nach wie vor<br />
unsere investigative Intelligenz. Ein<br />
Beispiel, ebenfalls aus dem Getreidebereich:<br />
1771 entdeckte Johann<br />
Daniel Taube, dass die seit dem 9.<br />
Jahrhundert in Europa belegte und<br />
als ‘Antoniusfeuer’ bezeichnete<br />
Erkrankung mit schweren Vergiftungserscheinungen,<br />
die bis in die<br />
Neuzeit hinein immer wieder epidemiehaft<br />
auftrat, auf Stoffwechselprodukte<br />
eines bestimmten Pilzes<br />
zurückzuführen ist: Claviceps purpurea.<br />
Er befällt Getreide, vor allem<br />
Roggen, und seine Fruchtkörper<br />
(Sklerotien) sind als Mutterkorn<br />
bekannt. Bis heute ist es der Wissenschaft<br />
nicht gelungen, diesen<br />
Pilz, der bei bestimmten<br />
Witterungsbedingungen gehäuft<br />
auftreten kann, aus dem Getreidebau<br />
zu eliminieren. Wohl aber ist<br />
die moderne Müllereitechnologie in<br />
der Lage, Gifte enthaltende Sklerotien<br />
aus unserem Getreide weitgehend<br />
heraus zu reinigen. Einzelfälle<br />
von Mutterkornvergiftungen werden<br />
aber – man mag es kaum glauben<br />
– auch heute noch aktenkundig.<br />
Dieses Beispiel lehrt, dass wir gut<br />
daran tun, in den Bemühungen<br />
nicht nachzulassen, unsere sicheren<br />
Lebens- und Futtermittel nach allen<br />
Regeln menschlicher Erkenntnis<br />
noch sicherer zu machen.<br />
Dieser Herausforderung fühlt sich<br />
auch die Ressortforschung des Bundesministeriums<br />
für Ernährung,<br />
Landwirtschaft und Forsten verpflichtet<br />
– verfügt doch gerade sie<br />
wie kaum eine andere Einrichtung<br />
über das geballte Fachwissen entlang<br />
der gesamten Lebensmittelproduktionskette<br />
von der Züchtung<br />
über die landwirtschaftliche Produktion<br />
bis hin zum verzehrfertigen<br />
Gericht und dessen ernährungsphysiologischer<br />
Beurteilung. Intention<br />
des vorliegenden Heftes ist es, Ihnen,<br />
meine verehrten Leserinnen<br />
und Leser, Einblick in laufende Arbeiten<br />
zum Thema zu geben. Die<br />
Autoren und mich würde es freuen,<br />
Ihr Interesse zu finden.<br />
Ihr<br />
Dr. Meinolf G. Lindhauer<br />
Präsident des Senats der<br />
Bundesforschungsanstalten<br />
FORSCHUNGSREPORT 2/<strong>2000</strong>