Meilenstein für die Museumsarchitektur und unerreichtes Paradebeispiel für die erfolgreiche Aufwertung einer Region: Frank Gehrys Guggenheim Musuem (oben). Schwindelerregende Blickachsen liefert die von Zaha Hadid für das chinesische Guangzhou entworfene Oper. Strukturen und Räume mäandern wie der Lauf eines Flusses (Mitte). Zwischen unberührter Natur und einer typisch britischen Industrielandschaft ist David Chipperfields Erweiterung der Kunstgalerie Wakefield platziert. Das Ensemble aus zehn unterschiedlich großen, trapezförmigen Kuben war in 2012 für den Sterling-Preis nominiert (unten). Iwan Baan Iwan Baan Klaus Englert den Mies-van-der-Rohe-Preis gewann, sowie das kühne Ausstellungskonzept, ausschließlich Kunst der jüngsten Vergangenheit zu sammeln, wurden gelobt, solange die üppigen Gelder aus Stadt- und Regionalkassen flossen. Doch das Museum, das eine Grundfläche von 18.000 Quadratmetern besitzt, schlitterte in den folgenden Jahren in die Krise, da die Raumkapazitäten infolge der drastischen Sparmaßnahmen nicht mehr sinnvoll bespielt werden konnten. Auch im westfälischen Herford, wo Frank O. Gehry 2005 das MARTa im Stil eines „Klein Guggenheim“ errichtete, wollte man vom internationalen Bilbao-Effekt zehren. Kurator Jan Hoet sah damals bereits die „größte Kleinstadt Deutschlands“ entstehen, weil sie es geschafft habe, „Visionen“ zu entwickeln. Doch Hoets Visionen zerschellten an der harschen Realität der westfälischen Kleinstadt, weshalb er den Direktorenposten nach bereits drei Jahren desillusioniert verließ. Bald wurde klar, dass Herford niemals zum kleinen Bruder von Bilbao werden könne, da dem MARTa die Strahlkraft des Guggenheim Museums fehlt: Es ist eine sich selbst feiernde Architektur, die der Kunst, für die sie gebaut wurde, wenig lässt. Borja-Villels Kritik am ausschließlichen Marktwert der musealen Label trifft also auch auf das MARTa zu, denn die spektakuläre Hülle belässt im Innern lediglich schwer zu bespielende Kunsträume. Seit ein paar Jahren gehen spanische Architekten im Museumsbau glücklicherweise andere Wege. Für diese Richtung stehen die Madrider Nieto Sobejano, die 2008 die Moritzburg in Halle ausbauten und dabei mit hoher Materialsensibilität einen Ausgleich von Alt und Neu schufen. Das gilt ebenso für Francisco Mangado, der 2010 in der baskischen Hauptstadt Vitoria, inmitten der Wirtschaftskrise, ein „Anti-Guggenheim“ errichtete – das „Archäologische Museum von Álava“, zwischen bestehenden Wohnbauten und einem Adelspalast aus dem 16. Jahrhundert. Mangado stellte sich der Aufgabe, den herrschaftlichen Palacio (in dem ein Spielkarten-Museum untergebracht ist) zu renovieren und mit dem Neubau des Archäologischen Museums zu einem homogenen Ensemble zu vereinen. In der Tat gelang es ihm überzeugend, das Renaissancegebäude um einen eigenständigen Anbau zu ergänzen, der seine formale und materiale Modernität deutlich hervorkehrt, und sich dabei organisch ins Altstadtgefüge einpasst. Die Golden Zeit spektakulärer Kulturbauten ist – zumindest in Spanien – vorbei. Derweil haben Nieto Sobejano und Francisco Mangado erfolgreich das Vokabular der Museumsarchitektur nach dem Boom neu buchstabiert. Dr. Klaus Englert arbeitet seit Langem als freier Kulturkorrespondent und Architekturkritiker für die Süddeutsche Zeitung, die Neue Zürcher Zeitung und die Frankfurter Allgemeine Zeitung. 2010 ist im Stuttgarter Verlag Edition Axel Menges sein reich bebildertes Buch New Museums in Spain erschienen. Das 2010 nach einem Entwurf von Shigeru Ban eröffnete Centre Pompidou in Metz hat bereits mehrere Kosenamen erhalten: Als Rochen, Auster oder Muschel wurde das Museum bezeichnet, das mit der weltberühmten Marke Centre Pompidou Touristen in den Nordosten Frankreichs locken soll (rechts). puls 01 | 2013
Roland Halbe