Informationen zu universitätsrechtlicher Theorie und Praxis 1 ... - ULV
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hat ihre Wurzeln im öffentlichen Dienstrecht, das jahrzehntelang<br />
das Dienstrecht der Universitäten geprägt hat<br />
<strong>und</strong> das in gewissen Relikten den Wechsel in das private<br />
Arbeitsrecht überdauert hat. Eindeutig ist vor allem der<br />
Wortlaut des § 109 UG, dessen Abs 1 nicht isoliert gelesen<br />
werden darf. Bei isolierter Betrachtung des § 109 Abs 1 UG<br />
könnte diese Bestimmung tatsächlich dahingehend ausgelegt<br />
werden, dass eine Befristung maximal sechs Jahre<br />
betragen darf, dass aber weitere Befristungen bei sachlicher<br />
Rechtfertigung möglich sind. Ein derartiges Verständnis<br />
schließt jedoch Abs 2 aus, wenn er klarstellt, dass eine<br />
mehrmalige unmittelbar aufeinander folgende Befristung<br />
„nur“ in den ausdrücklich erwähnten Fällen erlaubt ist. Ein<br />
Versehen des Gesetzgebers bzw eine verdeckte Lücke im<br />
Gesetz kann dem UG in diesem Zusammenhang nicht<br />
unterstellt werden. Dieses „nur“ in § 109 Abs 2 kann auch<br />
nicht mit einer gewissen Privilegierung der Universität<br />
beim Abschluss befristeter Dienstverhältnisse (s oben) entkräftet<br />
werden10 .<br />
Der gesamte Aufbau des § 109 UG weist darauf hin, dass<br />
gerade nicht parallel <strong>zu</strong>r Aneinanderreihung von Befristungen<br />
in den Fällen des Abs 2 weitere Aneinanderreihungen<br />
in sonstigen Fällen <strong>zu</strong>lässig sind: nach Abs 1 werden einmalige<br />
Befristungen zeitmäßig begrenzt, in Abs 2 erster<br />
Satz wird <strong>zu</strong>m Ausdruck gebracht, dass die mehrmalige<br />
aufeinander folgende Befristung nur unter den taxativ<br />
angeführten Vorausset<strong>zu</strong>ngen erlaubt ist <strong>und</strong> Abs 2 zweiter<br />
Satz beschränkt schließlich die genannten Befristungen in<br />
Hinblick auf ihre Gesamtdauer. Dieser systematische Aufbau<br />
lässt für eine weiterreichende Zulässigkeit von Kettenverträgen<br />
keinen Raum. Die sachliche Rechtfertigung für<br />
die Aneinanderreihung wird erschöpfend im Abs 2 normiert11<br />
.<br />
Dieses Ergebnis deckt sich auch mit den Materialien, wonach<br />
nur in „besonders begründeten Ausnahmefällen die<br />
Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverhältnissen<br />
<strong>zu</strong>r vollrechtsfähigen Universität bis <strong>zu</strong> einer bestimmten<br />
Gesamtdauer <strong>zu</strong>lässig sein“ soll12 <strong>und</strong> diese begründeten<br />
Ausnahmefälle ausnahmslos in § 109 Abs 2 UG aufgezählt<br />
sind.<br />
Zu einer Klarstellung hat letztlich die Entstehungsgeschichte<br />
des Universitätsrechts-Änderungsgesetzes 2009 geführt.<br />
Die Regierungsvorlage sah noch eine gewisse Erweiterung<br />
<strong>zu</strong>m Abschluss von Kettendienstverträgen vor. § 109 Abs<br />
2 UG sollte in der Neufassung lauten: „Eine mehrmalige<br />
unmittelbar aufeinander folgende Befristung ist nur bei<br />
besonderer sachlicher Rechtfertigung <strong>zu</strong>lässig, insbesondere<br />
bei Arbeitnehmerinnen <strong>und</strong> Arbeitnehmern, die im<br />
Rahmen von Drittmittelprojekten oder Forschungsprojekten<br />
beschäftigt werden, bei ausschließlich in der Lehre<br />
verwendetem Personal sowie bei Ersatzkräften <strong>zu</strong>lässig. Die<br />
Gesamtdauer solcher unmittelbar aufeinanderfolgender<br />
Arbeitsverhältnisse einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers<br />
darf zehn Jahre, im Fall der Teilzeitbeschäftigung<br />
zwölf Jahre nicht überschreiten.“ 13 . Mit dieser Formulierung<br />
wurde <strong>zu</strong>m Ausdruck gebracht, dass das UG in<br />
der bisherigen Fassung selbst bei einer besonderen sachlichen<br />
Rechtfertigung, die nicht explizit in § 109 Abs 2<br />
enthalten ist, die Aneinanderreihung von Befristungen<br />
nicht <strong>zu</strong>gelassen hat. Anderenfalls wäre eine Novellierung<br />
in diesem Sinn nicht erforderlich gewesen. Nach Befassung<br />
des Wissenschaftsausschusses wurde die beabsichtigte Gesetzesänderung<br />
wiederum <strong>zu</strong>rückgenommen. Der letztlich<br />
am 9.7.2009 im Nationalrat verabschiedete Text des Universitätsrechts-Änderungsgesetzes<br />
2009 beließ § 109 Abs<br />
2 erster Satz UG unverändert. Damit stellt der Gesetzgeber<br />
klar, dass eine „beliebige“ sachliche Rechtfertigung für<br />
die Zulässigkeit von Kettendienstverträgen iSd § 109 Abs 2<br />
1. Satz nicht genügt.<br />
Sonstige Gründe (Erprobung des/der ArbeitnehmerIn, Erreichen<br />
besonderer Qualifikationskriterien wie Doktorat<br />
oder Habilitation, überwiegendes Eigeninteresse des/der<br />
ArbeitnehmerIn) vermögen damit eine Aneinanderreihung<br />
befristeter Verträge nicht <strong>zu</strong> rechtfertigen. Insbesondere<br />
<strong>zu</strong>r Qualifikationsprüfung hat es die Universität in der<br />
Hand, durch die Länge der Erstbefristung sicher<strong>zu</strong>stellen,<br />
dass eine entsprechende Beurteilung des/der ArbeitnehmerIn<br />
erfolgen kann. Ein gewisser Spielraum <strong>zu</strong>m Abschluss<br />
weiterer Befristungen ergibt sich aber aus dem Hinweis in<br />
Abs 2 des § 109, dass nur die mehrmalige „unmittelbare“<br />
aufeinander folgende Befristung beschränkt möglich ist<br />
(vgl 6.1.).<br />
10 So nämlich Kiesel-Szontagh, Kettenarbeitsverträge im Bereich des wissenschaftlichen Universitätspersonals <strong>zu</strong>lässig?, ecolex 2007,<br />
365, der<strong>zu</strong>folge dem § 109 Abs 2 „offenk<strong>und</strong>ig nur solche (wiederholte) Befristungen unterliegen, denen eine Gleichartigkeit von<br />
Tätigkeiten <strong>und</strong> Funktionen innewohnt“.<br />
11 Im Ergebnis ebenso Michaela Windisch-Graetz, Die Beschäftigtengruppen nach dem UG 2002 – Probleme der Personalüberleitung,<br />
<strong>und</strong> Gert-Peter Reissner, Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen der Gestaltung von Arbeitsverträgen an Universitäten – Befristungen, Konkurrenzklauseln<br />
<strong>und</strong> Ausbildungskostenklauseln, beide in Reissner/Tinhofer (Hrsg) in Das neue Universitätsarbeitsrecht (2007), 12 bzw<br />
48; Jürgen Dumpelnik, Universitätsarbeitsrecht (2008), 83.<br />
12 1134 Beil StenProt NR XXI.GP, 100.<br />
13 225 Beil StenProt NR XXIV.GP, 60 (im Zusammenhang mit der „Textgegenüberstellung“).<br />
7<br />
UNILEX 1–2/2010