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Informationen zu universitätsrechtlicher Theorie und Praxis 1 ... - ULV

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UNILEX 1–2/2010 54<br />

dernen Gesellschaft gesetzt wurden, flankiert vom Recht,<br />

das im Verb<strong>und</strong> mit Verwaltung einen erwartungsstabilen<br />

Rahmen schafft.<br />

So gesehen setzt ein betriebswirtschaftlich orientiertes<br />

universitäres Management durch, was aufgr<strong>und</strong> der verfügbaren<br />

Kenntnisse als sachrational vernünftig <strong>zu</strong>r Erreichung<br />

der gesetzten Ziele betrachtet wird. Das macht<br />

nachvollziehbar, warum Kennziffern, Drittmittel, Effizienz,<br />

Durchlaufzeiten für Studierende etc. im universitären Betrieb<br />

einen derart hohen Stellenwert haben. Was sich<br />

dieser Bilanzierung widersetzt, hat keinen Platz. Standardisierungen<br />

sollen nach dieser Logik die unkontrollierte<br />

Eigendynamik verdrängen. Generell hat man den Eindruck,<br />

dass die Diskussion über das Qualitätsmanagement<br />

genau diesen Richtlinien rationaler Steuerung folgt, wenngleich<br />

moderne sozialwissenschaftliche <strong>Theorie</strong>n zeigen,<br />

dass die <strong>Praxis</strong> modernen Lebens so nicht funktionieren<br />

kann.<br />

Schon ein oberflächlicher Blick in die organisationstheoretischen<br />

Ansätze von Weber (1980) über Simon (1981)<br />

bis hin <strong>zu</strong> Weick (1985), Ortmann (2004), Luhmann (2000)<br />

macht klar, dass die Vorstellung einer rational planbaren<br />

Steuerung einer rationalen Wunschvorstellung entspringt.<br />

Organisationen sind eigendynamische <strong>und</strong> heterogene<br />

Gebilde, in denen Akteure widersprüchliche Interessen verfolgen,<br />

wo sich Regeln von deren Handhabung unterscheiden<br />

(Ortmann 2003), in denen bei Entscheidungsanlässen<br />

unterschiedlichste Aspekte auftauchen, die sich angesammelt<br />

haben <strong>und</strong> nun unversehens reaktiviert werden (Cohen,<br />

March, Olsen 1990), deren Strukturen intransparent<br />

sind (Dörner 1991), in denen also die Geschehnisse permanent<br />

die sorgfältig verlegten Kanäle verlassen <strong>und</strong> sich<br />

eigene Wege bahnen. Aber all das heißt nicht, nicht aktiv<br />

werden <strong>zu</strong> können – aber man sollte die Selbstorganisationsfähigkeit<br />

der Universität <strong>und</strong> ihrer Subeinheiten nicht<br />

unterschätzen. Führen <strong>und</strong> Steuern heißt dann nicht, der<br />

Organisation die rationale Vernunft auf<strong>zu</strong>zwingen, sondern<br />

einen Rahmen <strong>zu</strong> schaffen, in dem diese ihre eigene Entwicklung<br />

vorantreiben können.<br />

Aber neben der Orientierung an rationaler Steuerung gibt<br />

es auch extern induzierte Beweggründe für den Umgang<br />

mit Evaluierungen. Neoinstitutionalistische <strong>Theorie</strong>ansätze<br />

führen nur all<strong>zu</strong> deutlich vor Augen, dass für die vorfindbaren<br />

Maßnahmen <strong>zu</strong>r Qualitätssicherung oder Qualitäts-<br />

entwicklung keineswegs die Effizienz der Maßnahmen im<br />

Lehrbetrieb von Universitäten so entscheidend sind, sondern<br />

die Institutionalisierung des Glaubens, dass das Qualitätsmanagement<br />

an Universitäten einer rationalen Ordnung<br />

folgt, selbst wenn die betroffenen Akteure nicht<br />

daran glauben (vgl. Meyer, Rowan 1991). So gesehen ist<br />

es nicht entscheidend, ob die Lehrenden oder Studierenden<br />

die Maßnahmen für sinnvoll halten, sondern ob sich<br />

die Beteiligten in einem organisationalen Feld wechselseitig<br />

im Glauben an die Rationalität bestärken – <strong>und</strong> für<br />

letzteres spricht die Literatur <strong>zu</strong>m Qualitätsmanagement<br />

an Universitäten wohl eine beredte Sprache26 .<br />

Powell <strong>und</strong> DiMaggio (1991) erklären in diesem Zusammenhang<br />

die fortschreitende Isomorphie eines organisationalen<br />

Feldes, wie eben dem universitären Bereich, durch<br />

drei Komponenten27 :<br />

� Zwang: Ausgeübt durch andere Organisationen oder<br />

durch die rechtlichen Rahmenbedingungen für universitäres<br />

Handeln (auch in der Folge der Bologna-Reform).<br />

Ein entscheidender Schritt waren rechtliche Rahmenbedingungen<br />

(etwa das UG 2002). Aber auch der verstärkte<br />

Druck auf Akkreditierung schafft einen Zwang,<br />

sich an den Akkreditierungsrichtlinien <strong>zu</strong> orientieren –<br />

oder im Zweifelsfall eben nicht akkreditiert <strong>zu</strong> werden.<br />

� Mimese: Zunehmend orientieren sich Universitäten an<br />

führenden „Konkurrenten“. Damit demonstriert man,<br />

dass man sich an den Besten orientiert, wird damit<br />

vielleicht selbst <strong>zu</strong>m Vorbild für andere oder schafft <strong>zu</strong>mindest<br />

den Anschluss in den Universitätsrankings.<br />

Solche Vorbilder müssen nicht notwendig aus dem universitären<br />

Bereich kommen: Ein an Wirtschaftsorganisationen<br />

ausgerichtetes „professionelles“ Universitätsmanagement<br />

gehört auch da<strong>zu</strong>. Dies macht plausibel,<br />

warum immer mehr Managementtechniken <strong>und</strong> Beratung<br />

Ein<strong>zu</strong>g in die Universitäten halten.<br />

� Normativer Druck: Professionalisierung des Qualitätsmanagements<br />

bedeutet, die im organisationalen Feld<br />

verfügbaren Richtlinien <strong>zu</strong> beachten. Da<strong>zu</strong> gibt es inzwischen<br />

eine Vielfalt an Angeboten28 , unterschiedlichste<br />

Einrichtungen auf EU-Ebene sowie Kongresse <strong>zu</strong>m<br />

Thema Qualitätsentwicklung an Universitäten. Gerade<br />

hier sind die in allen Ländern aus dem Boden schießenden<br />

Einrichtungen für Qualitätssicherung <strong>und</strong> -förderung<br />

eine wichtige Quelle.<br />

26 Etwa die Publikationen des Zentrums für Hochschulentwicklung (CHE), oder die Dokumente der European University Association<br />

(EUA).<br />

27 Dieser Isomorphieprozess macht auch die <strong>zu</strong>nehmende Vereinheitlichung universitärer Evaluierungen verständlich.<br />

28 Da<strong>zu</strong> passt, dass Universitätsmanagement <strong>zu</strong>nehmend als eigenes Fach angeboten wird: beispielsweise an der Donau-Universität<br />

Krems der MSc „Hochschul- <strong>und</strong> Wissenschaftsmanagement“; das MBA-Programm „Hochschul- <strong>und</strong> Wissenschaftsmanagement“ an<br />

der Fachhochschule Osnabrück; das Weiterbildungsstudium „Wissenschaftsmanagement“ an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften.

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