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Informationen zu universitätsrechtlicher Theorie und Praxis 1 ... - ULV

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tationsverfahrens bestellt, so ist er in dieser Funktion unstreitig<br />

ein Beamter im Sinne der strafrechtlichen Vorschriften,<br />

weil er durch sein Gutachten das Vorliegen der Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

für die Verleihung des Doktorats bzw der Habilitation<br />

beurteilen soll <strong>und</strong> somit an einer Rechtshandlung<br />

für den B<strong>und</strong> maßgeblich beteiligt ist. Sein Gutachten bildet<br />

eine wesentliche – wenngleich nicht die einzige –<br />

Gr<strong>und</strong>lage für die hoheitliche Verleihung des Doktorats bzw<br />

der venia docendi durch die Universität. Das Gutachten<br />

wird somit in Vollziehung der Gesetze (hier vorwiegend<br />

im Rahmen des UG 2002; vgl §§ 82, 103 UG 2002) erstellt.<br />

Es erfolgt trotz des Auftrags durch die autonome Universität<br />

im Namen des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> daher funktional in Beamteneigenschaft<br />

des Gutachters, ohne dass es dabei auf seine<br />

dienstrechtliche Stellung als Beamter ankäme2 .<br />

3. Tathandlung: Befugnismissbrauch<br />

Die Tathandlung des Amtsmissbrauchs nach § 302 StGB<br />

besteht im Befugnismissbrauch. Darunter ist die objektiv<br />

nicht ordnungsgemäße Vollziehung der Gesetze <strong>zu</strong> verstehen.<br />

Das Gesetz wird dann nicht ordnungsgemäß vollzogen,<br />

wenn der Boden der Sachlichkeit verlassen wird<br />

<strong>und</strong> eine Rechtshandlung mit einem unvertretbaren<br />

Inhalt gesetzt wird. Bewegt sich die Rechtshandlung im<br />

Rahmen des (gerade noch) Vertretbaren oder wird ein<br />

bestehender Ermessensspielraum ausgefüllt, liegt kein Befugnismissbrauch<br />

vor3 . Für die Erstellung von universitären<br />

Gutachten im Rahmen von Dissertations- oder Habilitationsverfahren<br />

bedeutet dies, dass von einem Befugnismissbrauch<br />

etwa dann aus<strong>zu</strong>gehen ist, wenn ein Gutachten in<br />

unsachlicher Weise die erforderlichen Anforderungen an<br />

eine Dissertation oder Habilitationsschrift beurteilt, indem<br />

vorhandene Mängel <strong>und</strong> positive Ergebnisse der Arbeit<br />

nicht sorgsam gegeneinander abgewogen werden. Beleidigende<br />

oder herabsetzende Inhalte in solchen Gutachten<br />

sind dabei häufig ein Indiz für eine Unsachlichkeit.<br />

Ist <strong>zu</strong>m Beispiel im Gutachten mehrfach davon die Rede,<br />

dass die Ausführungen in der Dissertation von „fehlerhaftem<br />

Deutsch“ sind, von einer „häufig <strong>zu</strong> beobachtenden<br />

mangelhaften Beherrschung der deutschen Grammatik“<br />

zeugen oder „die Argumentation über Anfängerniveau<br />

nicht hinauskommt“, könnten auf Gr<strong>und</strong> dieser abwertenden<br />

Äußerungen auch die Schlussfolgerungen des Gutachtens<br />

mangelhaft sein.<br />

Ein weiteres Indiz für die Unsachlichkeit eines Gutachtens<br />

könnte die Heranziehung von Argumenten <strong>und</strong><br />

Gesichtspunkten sein, die außerhalb des Gutachtensauftrags<br />

liegen. Wurde <strong>zu</strong>m Beispiel das Thema einer Dissertation<br />

von der <strong>zu</strong>ständigen Stelle der Universität angenommen,<br />

so besteht die Aufgabe des Gutachters lediglich<br />

darin, <strong>zu</strong> beurteilen, in wie weit durch die Ausführungen<br />

in der Dissertation die Aufgabenstellung erfüllt worden ist.<br />

Ob das Thema als dissertationswürdig angenommen werden<br />

hätte dürfen, obliegt nicht der Beurteilung des Gutachters,<br />

denn über diese Frage wurde bereits durch die<br />

Annahme als Dissertationsthema entschieden.<br />

Ein <strong>zu</strong>sätzliches Indiz für die Unsachlichkeit von Gutachten<br />

kann letztlich auch der Umstand sein, dass der für<br />

die Dissertations- bzw Habilitationsbegutachtung zwingend<br />

<strong>zu</strong> bestellende Zweitgutachter4 <strong>zu</strong> einem völlig<br />

anderen Ergebnis gelangt, also <strong>zu</strong>m Beispiel der eine Gutachter<br />

die Arbeit mit „sehr gut“ bewertet, der andere mit<br />

„nicht genügend“. Um einen Ausweg aus einer solchen<br />

Situation <strong>zu</strong> finden, besteht jedenfalls die (in manchen<br />

Sat<strong>zu</strong>ngsvorschriften auch explizit vorgesehene) Möglichkeit,<br />

dass sich das letztlich <strong>zu</strong>r Entscheidung berufene Organ<br />

durch die Einholung eines weiteren Gutachtens Klarheit<br />

über die Qualität der Dissertation oder Habilitation<br />

verschafft. Da für die nachträglich bestellten Gutachter die<br />

selben Vorausset<strong>zu</strong>ngen gelten wie für die ursprünglich<br />

bestellten, können sie durch Untermauerung eines bereits<br />

abgegebenen unsachlichen Gutachten einen eigenen<br />

Amtsmissbrauch begehen, ohne dass auf die strafrechtlich<br />

differenzierten Regelungen über die Beteiligung an strafbaren<br />

Handlungen (vgl §§ 12 ff StGB) abgestellt werden<br />

müsste.<br />

Für den Befugnismissbrauch ist es nicht erforderlich,<br />

dass die Rechtshandlung unmittelbar vom Beamten selbst<br />

gesetzt wird. Es reicht aus, dass der Beamte durch die unvertretbare<br />

Bearbeitung eines Falles einen Hoheitsakt<br />

seiner Behörde herbeiführt oder verhindert5 . Die Gutachten<br />

im Rahmen eines Habilitationsverfahrens sind<br />

Gr<strong>und</strong>lage für die Entscheidung der Habilitationskommission<br />

(vgl § 103 Abs 8 UG 2002), bei Dissertationsverfahren<br />

richtet sich die Bedeutung der Gutachten für die Beurteilung<br />

einer Dissertation nach den jeweiligen Studienvorschriften<br />

(vgl § 82 Abs 1 UG 2002). Dass der Gutachter<br />

selbst keine Entscheidung <strong>zu</strong> fällen hat, sondern für die<br />

2 Siehe für diese Ansicht im Bereich von Prüfungen zB OGH 12 Os 61/95 = ÖJZ (EvBl) 1995/160 (Amtsmissbrauch durch Mitglieder<br />

von Prüfungskommissionen im Rahmen von so genannten „Externistenprüfungen“ als Vorausset<strong>zu</strong>ngen für die Zulassung <strong>zu</strong> einem<br />

Studium).<br />

3 2 2 Vgl Christian Bertel, in: Wiener Kommentar <strong>zu</strong>m StGB (2010) § 302 Rz 26 <strong>und</strong> 48; Kienapfel/Schmoller, Strafrecht BT III (2009) § 302<br />

Rz 36.<br />

4 Vgl § 103 Abs 5 UG 2002.<br />

5 2 Bertel, in: Wiener Kommentar <strong>zu</strong>m StGB (2010) § 302 Rz 33.<br />

27<br />

UNILEX 1–2/2010

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